Matthias Reinz und Patrick Kosiol trafen im KKZ aufeinander

Schlagabtausch ums Bürgermeisteramt

Donnerstag
18.04.2024, 14:30 Uhr
Autor:
osch
veröffentlicht unter:
Was das Fernsehen auf Bundes- und Landesebene kann, das können die Thüringer Wirtschaftsverbände im Regionalen auch: ein Duell der Kandidaten. Gestern Abend in Bad Langensalza waren Bürgermeister Reinz und Herausforderer Kosiol die Protagonisten …

Anspannung vor dem Duell: Bürgermeister Matthias Reinz (l.) und Herausforderer Patrick Kosiol (Foto: oas) Anspannung vor dem Duell: Bürgermeister Matthias Reinz (l.) und Herausforderer Patrick Kosiol (Foto: oas)

Den Fragen von regionalen Wirtschaftsverbänden und -vereinigungen stellten sich gestern Abend die beiden Kandidaten für die anstehende Bürgermeisterwahl in Bad Langensalza. In der straff organisierten Podiumsrunde hatten der amtierende Bürgermeister Matthias Reinz und sein Herausforderer Patrick Kosiol jeweils neunzig Sekunden Zeit, um die gestellten Fragen zu beantworten.

Viel Einigkeit herrschte bei den Themenfeldern Infrastruktur (muss verbessert werden), Radwegekonzept (wichtig und umsetzbar), Energie (die „Erneuerbaren“ müssen ausgebaut werden), Krankenhaus (muss erhalten bleiben) und Fachkräfte (werden benötigt). Lediglich die Ansätze zur Erreichung dieser Ziele wichen voneinander ab. In punkto Digitalisierung verweist Reinz auf das eben gestartete „Digitale Rathaus“, dem IT-Experten Kosiol reicht das nicht aus und er merkt an, es müsse auch die Menschen geben, die eine Digitalisierung steuern.

Das größte Problem in der Stadtpolitik stellt derzeit die Deckungslücke im Haushalt dar und spätestens ab diesem Punkt unterschieden sich die Ansichten der Kandidaten gründlich. Während der Bürgermeister schon in Gesprächen mit der Thüringer Aufbaubank ist, um dann im Herbst mit dem neu gewählten Stadtrat ein Haushaltssicherungskonzept auf den Weg zu bringen, wartet Kosiol noch auf die abschließenden Zahlen der Verwaltung. Woraufhin er gern einen Kassensturz machen würde, um zu sehen, welche Projekte noch sinnvoll sind weiter betrieben zu werden. Denn nur solche mit einer hohen Landes- oder Bundesförderung seien überhaupt umsetzbar angesichts der „prekären Haushaltslage der Stadt“. Der Amtsinhaber verwies darauf, dass drei schwierige Jahre vor der Stadt stünden und „der Gürtel enger geschnallt werden“ müsse. Matthias Reinz beteuerte, dass es im Tourismus natürlich weitergehen wird, das Thema Kur aber in seiner Komplexität überdacht werden müsse. Langensalza solle eine „feine, saubere Stadt bleiben und die ansässigen Gastronomie- und Beherbergungsbetriebe sollten keine Einschränkungen erleiden."

Patrick Kosiol ist der gegensätzlichen Meinung wie der Bürgermeister, dass der Kurbetrieb keine freiwillige Aufgabe der Stadt sei, sondern Pflichtaufgabe für eine Kurstadt. Er will den Gesundheitstourismus weiter ausbauen. Nach neuen Ideen für den Tourismus befragt bringt Kosiol sein Wahlkampfversprechen eines Naherholungsgebietes vor den Toren der Stadt ins Spiel, in dem viele Besucher sich erholen und vergnügen sollen, wo Gastronomie und Freizeitangebote und vielleicht auch ein Badesee vorgehalten werden. Er als Bürgermeister würde ein solches Vorhaben privater Unternehmer unterstützen, wenn die es in Angriff nähmen.

Bürgermeister Reinz entwickelte keine Zukunftsvision eines neuen Großprojekts, sondern erklärte, dass der Erhalt der vielen bisher geschaffenen touristischen Attraktionen von Baumkronenpfad über die Gärten und Anlagen bis hin zur Therme die große Aufgabe der nächsten Zeit sei. Hier müsse zukünftig auch das Land deutlich mehr in die Verantwortung genommen werden, konstatierte er und räumte ein, in der Vergangenheit sei das nicht immer gelungen.

Auch Patrick Kosiol schätzte die Therme als „defizitäres Unternehmen“ ein, meint aber, die Stadt müsse sich das leisten, um weiter Touristen anzulocken. Für neue Wirtschaftsansiedlung wolle er werben gehen, schließlich gehe es „um die schönste Stadt der Welt“. Aktiv will er bei der IHK und anderen Verbänden für den Standort werben und möglichst große Industriebetriebe nach Bad Langensalza holen. Bürgermeister Reinz berichtete von Landflächen, die jetzt von der Stadt erworben wurden, wo die schon ansässigen Unternehmen des Gewerbegebietes sich erweitern könnten und dies auch wollten. Die Vermarktung neuer Flächen und Ansiedlung neuer Industriefirmen sieht er bei der Landesentwicklungsgesellschaft Thüringen verortet, wo mit Fachwissen und Professionalität an solche Ideen herangegangen werde. Es nütze auch wenig, wenn ein großer Investor ein Werk baut und es keine Fachkräfte in der Region gibt, die dort arbeiten können. Kandidat Kosiol hofft auf Unternehmen der Zulieferbranche der Autoindustrie oder vielleicht auch der Medizintechnik, korrespondierend mit dem Klinikum.

Für die Innenstadtbelebung schwebt ihm ein Leerstandskataster vor, in dem sich potentielle Mieter der Flächen informieren können. Das sieht Reinz aus Datenschutzgründen eher skeptisch und verweist auf die Arbeit der City-Managerin, die auch im nächsten Jahr noch ihre geförderte Arbeit fortsetze werde und einige Erfolge vorweisen könne. Die Eigentümer der leer stehenden Ladenflächen müssen an den Tisch geholt werden und Workshops mit Bürgern helfen ebenfalls dabei, die Situation zu verbessern.

Interessant und aufschlussreich war die abschließende Frage des Moderators Eric Marr, wo die Kandidaten die Stadt in zehn Jahren sehen würden. Der Amtsinhaber will Bad Langensalza bis dahin wieder auf einem gesunden finanziellen Fundament sehen und räumt „wenig Platz für Träumereien“ ein. Es müsse darum gehen, in der nächsten Zeit die Bürger so wenig wie möglich zusätzlich zu belasten.

Wer hält am Ende das Zepter der Stadt Bad Langensalza in der Hand, so wie hier das Mikrofon? (Foto: oas) Wer hält am Ende das Zepter der Stadt Bad Langensalza in der Hand, so wie hier das Mikrofon? (Foto: oas)

Für Patrick Kosiol soll Bad Langensalza in zehn bis zwanzig Jahren „ein Sehnsuchtsort für Menschen sein, die sich hier ansiedeln wollen“. Man solle dann sagen können: „Seit 2024 herrscht hier wieder ein Klima des Miteinanders.“

Am 26. Mai stehen zwei völlig unterschiedliche denkende Männer auf den Wahlzetteln der Kurstädter. Der eine ist ein Pragmatiker, Realist und eher verhalten optimistisch, der andere ist ein Idealist und hoffnungsvoller Visionär. Während Matthias Reinz den hohen Standard der städtischen Investitionen und ihrer Präsentation erhalten möchte, will Patrick Kosiol weiter Neues erschaffen, um mehr Menschen in die Stadt zu locken. Der Amtsinhaber will den eingeschlagenen Weg weitergehen und in Zusammenarbeit mit den Bürgern, der Wirtschaft und Institutionen an einer kontinuierlichen Entwicklung arbeiten, der Herausforderer möchte mit einem studentischen Gründerzentrum, mit Unternehmer-Stammtischen, einem Leerstandskataster und einem Naherholungsgebiet neue Ansätze schaffen.

Wie realistisch und umsetzbar die Vorstellungen von Reinz und Kosiol sind; ob der eine zu wenig Initiative zeigt oder der andere zu hoch gestochene Zukunftspläne hegt, das müssen die Wählerinnen und Wähler an der Urne beurteilen und die Weichen stellen für die nächsten sechs Jahre.
Olaf Schulze