30 Jahre “unter Strom”:

Am Anfang war der Leichenwagen

Freitag
12.04.2024, 15:37 Uhr
Autor:
red
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Wer drei Jahrzehnte als Handwerker unterwegs ist, der kann schon so einige Episoden zum Besten geben. Auch ein Meister des Elektrofaches kann auf ein solches Betriebsjubiläum zurückblicken und: Er kann so manche Geschichte erzählen. Zum Beispiel die des Leichenwagens…

Torsten Römer (Foto: nnz) Torsten Römer (Foto: nnz)
Die Geschichte beginnt zwar exakt am 1.1.1994, dem Tag der Gründung von “Römer Elektro”, doch sie hat wie so viele, die das Leben zu schreiben gewillt ist, einen Vorspann, einen Epilog.

Der startet im September 1993. Torsten Römer sitzt in geselliger Runde mit seinem damaligen Chef Horst Holzhäuser. Dann bleibt dem damals 27jährigen Elektrikergeselle fast das Stück Geburtstagstorte im Halse stecken. “Horst sagte in der Runde, dass er nun ja 65 sei und mit dem Arbeiten aufhöre. Am Jahresende sei Schluss. Ich hätte ja einen Meisterbrief und könne mich schließlich selbständig machen”, erzählt Torsten Römer.

Gesagt ist alles schnell, zum Tun bedurfte es jedoch der Überwindung einiger Hürden. Zum Beispiel das Beschaffen des nötigen Startkapitals. Die Kreissparkasse gab ihm keinen Kredit. Am Markt in Nordhausen tummelten sich schon zu viele Meister des Elektrofaches, so die Banker am Nordhäuser Kornmarkt.

Na gut, dachten sich Torsten und Kati Römer, kauften Werkzeuge und ein Transportmittel. Doch für ein fahrbares Werksmobil reichte es vorn und hinten nicht. Also wurde am Golf II ein Anhänger angespannt und los ging es zu den ersten Kunden. Zu denen gehörte ein Bestattungsgeschäft mit langjähriger Nordhäuser Tradition. Beim Gespräch mit dem damaligen Senior des Geschäfts stellte sich heraus, dass er noch über einen schwarzen B 1000 verfügte. Bei dem müsse nur der Anlasser gewechselt werden. Diesmal war nicht nur das “Gesagte” leicht, sondern auch das “Getane”.

Und so fuhren Torsten Römer und sein erster Mitarbeiter Wolfgang Genge durch die Südharzer Lande. Mitunter kam es schon zu Missverständnissen, wenn die Elektriker mit einem Bestatter-Fahrzeug auftauchten. In Leimbach zum Beispiel wurde schon mal schnell getuschelt, wer denn wohl in der Straße das Zeitliche gesegnet habe? Aber: die Zeit des schwarzen B 1000 war endlich und es wurde ein T4 angeschafft. Mitte 1994 kam ein zweiter Mitarbeiter hinzu und am Ende der 1990er Jahre hatte Torsten Römer Verantwortung für acht Mitarbeiter übernommen.

Torsten Römer in etwas jüngeren Jahren. Das Foto entstand bei Arbeiten in der damaligen Verkehrspolizeiinspektion in der Riemann-Straße (Foto: privat) Torsten Römer in etwas jüngeren Jahren. Das Foto entstand bei Arbeiten in der damaligen Verkehrspolizeiinspektion in der Riemann-Straße (Foto: privat)
Das alles, diese Entwicklung wäre ohne zufriedene Kunden, vor allem aber ohne die Unterstützung der Familie nicht möglich gewesen. Die musste das eine oder andere Mal mit ran. Kati Römer erinnert sich: “Da war mal ein Auftrag der SWG mit dem Einbau von 65 Unterverteilungen. Deren Vorbereitung und Bestückung hatte die Familie am Küchentisch in der Veilchengasse über eine Woche lang realisiert. Geht nicht, gibts nicht - auch mit diesem Sprichwort hat sich Torsten Römer in der Region und darüber hinaus einen Namen gemacht. Aufträge gab es zum Beispiel in Frankfurt am Main, in Celle, in Bayern, bei BASF in Stade oder in einem Steinbruch in Norwegen. In Stade und in Norwegen war “Elektro Römer” für den “Fluss” des nötigen Baustroms verantwortlich.

Bleibt da auch noch Zeit für Familie und Hobby? “Blieb und bleibt”, schmunzelt der 57jährige und erinnert sich an die Formel-1-Rennen, die er mit Freunden besuchte und für die diese Truppe mehrere Tage selbst “on Tour” war.

Doch sein intensivstes Hobby ist die Fliegerei. Zu der kam er durch einen Freund und Karten für die Störtebecker-Festspiele. Was da genau am letzten Julitag des Jahres 2015 ablief, ist sehr kompliziert darzustellen, das Interesse an der Fliegerei war geweckt. “Die Theorie war relativ schnell erledigt, die Praxis jedoch hat schon gedauert und meine Prüfung habe ich im Jahr 2018 bestanden”, gibt er zu Protokoll. Seitdem ist er in seiner Freizeit viel mit seinem Ultraleichtflugzeug unterwegs. Brenzlige Situationen gab es auch, letztlich aber hatte er die alle gemeistert und vor allem Erfahrungen gesammelt.

Das Team: Vorn Wladimir Franzusov (links) und Alexander Hesse (Foto: nnz) Das Team: Vorn Wladimir Franzusov (links) und Alexander Hesse (Foto: nnz)
Seit einigen Jahren sind sie zu dritt bei den Kunden unterwegs: An der Seite von Torsten Römer sind das seit 1996 Alexander Hesse und seit Anfang 20216 Wladimir Franzusov. Torsten Römer liebt die Beständigkeit und eine fast 30 Jahre lange “Meister-Geselle-Beziehung” ist aktuell auch nicht alltäglich. Das Arbeitsklima im Trio muss also stimmen und ist die Voraussetzung dafür, dass Torsten Römer auch nach 30 Jahren noch nicht ans Aufhören denkt. So es die Gesundheit denn zulässt. Auch deshalb ist er präventiv seit einem Jahr mit dem Fahrrad unterwegs. Frische Luft und Bewegung sind für Körper, Geist und Seele wichtig, wie er inzwischen weiß. Auch wenn das nicht ganz so schön wie Fliegen ist.
Peter Stefan Greiner