Hilfe für Bedürftige von Sollstedt aus

Eine Tafel für Tiere

Dienstag
12.03.2024, 13:30 Uhr
Autor:
red
veröffentlicht unter:
In schweren Zeiten haben die Tafeln in Deutschland Zulauf. Wenn es im Portemonnaie eng wird, betrifft das aber häufig nicht nur den Menschen, sondern auch tierische Familienmitglieder. Ehe der Gang zum Tierheim ansteht, kann man sich in Nordthüringen auch an die „Tiertafel“ in Sollstedt wenden…

v.l.: Florian Heydecke, Marko Sewert und Nicole Stange setzen sich in Sollstedt für Tierwohl und Bedürftige ein (Foto: agl) v.l.: Florian Heydecke, Marko Sewert und Nicole Stange setzen sich in Sollstedt für Tierwohl und Bedürftige ein (Foto: agl)


Donnerstag Mittag, Sollstedt. Vor dem kleinen Paketshop am Marktplatz wird gerade Ware angeliefert, Spenden für die „Tiertafel“. Was genau man heute bekommen hat weiß Marko Sewert noch nicht, nur das es mit Sicherheit gebraucht wird. 91 „Mitglieder“ zählt die gemeinnützige Unternehmung zwei Jahre nach ihrer Gründung, im Moment versorgt man regelmäßig 213 Tiere aus dem ganzen Nordthüringer Raum. Die Idee der „Tiertafel“ hat Sewert in Berlin kennen und schätzen gelernt, der Bedarf in den sozial schwachen Teilen der Gesellschaft sei damals schon groß gewesen, die Kurve in der letzten Zeit nur noch steiler nach oben gegangen. „Für viele Menschen sind ihre Tiere das, was ihnen noch vom Leben bleibt. Wenn die alte Dame ihren Mann zu Grabe getragen ist der Familienhund oft der letzte Anker. Wenn es im Geldbeutel dann eng wird, gehen die Gedanken irgendwann Richtung Tierheim. Wir wollen möglichst vermeiden, dass es soweit kommt.“, erzählt Sewert.

Mit der Hilfe für die Haustiere hebt man auch die Lebensqualität der Menschen, so sehen er und seine beiden Kollegen die Sache. An jedem dritten Samstag im Monat ist Ausgabe, vor dem Shop steht mancher schon Stunden vorher an, berichtet das Trio. Willkommen ist jeder, der nachweisen kann, auch tatsächlich bedürftig zu sein, etwa durch die Vorlage eines Rentenbescheides oder ähnliches. Futter darf man für maximal drei Tiere mitnehmen, vier Kilo für Katzen und 5,5 Kilo je Hund. Das macht das Gros des Bedarfs aus, mitunter hat man aber auch etwas für Vögel und Nager in den Regalen. Neu angeschaffte Tiere fallen aus dem Raster, man tut einiges, damit die Spenden bei den richtigen Leuten ankommen und Missbrauch von vornherein ausgeschlossen wird.

Die Bezieher reichen vom Kyffhäuserkreis bis nach Heiligenstadt und Mühlhausen, neben Einzelpersonen unterstützt man auch einen Gnadenhof und ein Tierheim. Für die Bewohner von Seniorenheimen, in denen Haustiere erlaubt sind, besteht außerdem die Möglichkeit, sich das Futter zuschicken zu lassen, organisiert wird das über die Pflegedienste.

Fällig wird dann nur das Porto. Sewert selbst ist gesundheitlich angeschlagen, verdient seinen Lebensunterhalt vor allem vom Rechner aus. Über den Versandhandel und den kleinen Paketshop hat er auch seine beiden festen Kollegen, Florian Heydecke und Nicole Stange, kennen gelernt. „Die beiden sind meine Arme und Beine, ich bin der Kopf“, scherzt Sewert. Da man ohnehin tagtäglich mit Paketen zu tun hat, lag die Idee mit dem Versand nahe.

Finanziert wird die „Tiertafel“ über Spenden. Die umfassen nicht nur Futterspenden, die man direkt aus dem Großhandel bezieht, sondern auch Sachspenden aus der Bevölkerung. Abnehmer findet man im Netz, bei Ebay und Co., auch das spielt die Erfahrung aus dem „E-Commerce“ mit. Den Erlös nutzt man, um Futter zuzukaufen. Willkommen sei grundsätzlich erst einmal alles, was noch funktionsfähig sei, vor allem Elektrogeräte gingen in der Regel aber gut.

Zudem organisiert man auch ab und an Veranstaltungen, zum Beispiel einen kleinen Weihnachtsmarkt mit Tombola auf dem Marktplatz direkt vor der Haustür. „Sollstedt macht uns alle Türen auf, wir haben in der Gemeinde nur Hilfsbereitschaft erfahren“, lobt Sewert, es sei schön wenn sich Kleinigkeiten auch auf dem kurzen Dienstweg lösen ließen.

Wer selber Spenden will oder sich vielleicht zu den Bedürftigen zählt, der findet weitere Informationen zur „Tiertafel“ und ihrem Angebot im Netz. Außerdem kann man sich auch telefonisch bei Marko Sewert unter 0157/76185077 melden. Gerade bei Sachspenden wird dringend um vorherige telefonische Absprache gebeten.
Angelo Glashagel