"ABgefahren" in der Jazzmangel

...und da waren noch zwei Becken

Sonntag
10.03.2024, 09:09 Uhr
Autor:
psg
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Ab und zu begibt sich der Nordhäuser Jazzclub auf den schwierigen Pfad des Experiments. Das gilt für das inhaltliche Angebot ebenso wie für die nicht zu vernachlässigende Nebensächlichkeit des Wirtschaftens. Doch genau im Herstellen einer notwenigen Balance erwächst das, was die Mangel-Angebote ausmachen...

Da waren noch die zwei "vergessenen" Becken (Foto: nnz) Da waren noch die zwei "vergessenen" Becken (Foto: nnz)
Wie soll man das beschreiben, was gestern in der JAZZMangel angeboten wurde? Im Ankündigungstext war zu lesen: "Im Allgemeinen kombiniert es sowohl freie Improvisation als auch komplexen Jazz und Klassik Avantgarde mit Popmusik." Es - das ist das Projekt "Tyron" des Bassisten Kellen Mills, der seit fast vier Jahren aus einem "MusikerPool" aktuelle Bands zusammenstellt und dann von Berlin aus durch die Lande tourt.

Schon einmal, vor zwei Jahren, war die Truppe in Nordhausen zu Gast, "Läuterung" nannten sie sich und genau mit dem damaligen Auftritt begann die Geschichte zweier Schlagzeugteile, die gestern ihr emotionales Ende nahm. Und die geht so:

Der damals schon zur Band gehörende Drummer Quentin Cholet sah nach dem Betreten der JAZZMangel in Nordhausen zwei Becken, die als Zierde an einen Pfosten genagelt waren. Cholet wusste sofort: "die beiden Becken hatte ich vor zwei Jahren im Nordhäuser Club vergessen" und er versprach, die nun wieder ans Schlagwerk geschraubten Teile bei einer Zugabe zu benutzen. Gesagt, getan, gespielt.

Auch wenn das hier so aussieht wie "Pause", das gehörte zur Performance der musikalischen Experimentierer. (Foto: nnz) Auch wenn das hier so aussieht wie "Pause", das gehörte zur Performance der musikalischen Experimentierer. (Foto: nnz)
Erik Leuthäuser (Gesang), Jasper Stadhouders (Gitarre), Peter Van Huffel (Saxophon), Rieko Okuda (Klavier), Kellen Mills (Bass) und Quentin Cholet (Drums) holten aus ihren Instrumenten das Mögliche heraus. Mal wurden die gequält, mal gestreichelt. Nicht immer war es eine Ohrenfreude, wohl aber eine Freude zu sehen, mit welcher Hingabe da Musik "gemacht" wurde. Zum Beispiel erinnerte den Autor dieser Zeilen das Gitarrenspiel von Jasper Stadhouders an das von Steve Howe (YES) im Live-Mittschnitt von "yours is no disgrace".

Es war gestern Abend ein musikalisches Schmankerl für Menschen, die nicht das Alltägliche in der Musik suchen. Und genau deshalb ist es gut, dass die Musik in der Nordhäuser Altstadt auch mal "in die Mangel" genommen wird.

Am kommenden Samstag gehen die Jazzer in Ermangelung des notwendigen Platzes in das Jugendclubhaus. Dort heißt es ab 20 Uhr: "Into the Blues". Layla Zoe ist eine kanadische Blues- und Bluesrock-Singer-Songwriterin. Seit 2006 hat sie eine Reihe von Alben veröffentlicht, sowohl Studio- als auch Live-Aufnahmen, und ist in ganz Nordamerika und den meisten Teilen Westeuropas aufgetreten. Zoe wurde von Frank Zappa, Tom Waits, Neil Young, Muddy Waters und Janis Joplin beeinflusst. So richtig also nach dem Geschmack der Nordhäuser Jazz-Brigade um Holger Gonska und des ganz sicher zahlreichen Publikums, das mit einer rechtzeitigen Kartenreservierung auf der "sicheren Seite" wäre.

In Gänze wird es dann ein echt musikalisches Wochenende werden. Nicht nur die Freunde von Soul und/oder Blues sind am Abfeiern. Auch die von klassischem Hardrock. In Neustadt haut am Freitagabend Deep-Purple-Drummer Ian Paice auf Becken und Trommeln. Über Kultur im Südharz muss sich der Interessierte nicht beklagen. Man muss sie nur finden...
Peter-Stefan Greiner