Jahresbericht des Diakonie Suchthilfezentrums

Ja, ja der Alkohol

Montag
04.03.2024, 12:42 Uhr
Autor:
red
veröffentlicht unter:
Alkoholmissbrauch bleibt das Hauptproblem - das Suchthilfezentrum der Nordhäuser Diakonie hat im vergangenen Jahr 683 Menschen und deren Angehörigen beigestanden ihre Sucht unter Kontrolle zu bekommen…



Die Statistik wird wie in den vergangenen Jahren von Alkohol-Abhängigkeit als Hauptproblemfeld angeführt. 328 der 683 Klienten wurden mit dieser Diagnose betreut, gefolgt von Stimulantien wie Amphetaminen mit 122 Fällen. Bereits an dritter Stelle folgt die Betreuung von Angehörigen mit 112 Personen.

An vierter Stelle kommt das große Thema dieser Tage: Cannabis. 72 Personen befanden sich 2023 in der Betreuung des Suchthilfezentrums, 59 davon waren Neuzugänge. Die Legalisierung in Deutschland betrachtet man skeptisch, konstatiert aber auch, dass Cannabis-Konsum unter Jugendlichen „fast schon Normalität“ geworden sei. Unter den Neuzugängen läuft der Alkohol aber weiter allen anderen Problemfeldern den Rang ab, 262 neue Klienten kamen im vergangenen Jahr in den Schackenhof. Pathologisches Spielen und Exzessive Mediennutzung fanden ebenfalls ihren Niederschlag, allerdings weiter auf vergleichsweise geringem Niveau mit je neun und vier Fällen.

Ebbt die große Meth-Welle endlich ab?
So leicht wie sich die Dinge in der Statistik voneinander trennen lassen, ist es im Alltag nicht, viele Klienten haben mit Mischkonsum zu kämpfen, die Hauptdiagnose ist nur eines von vielen Problemen. Prominent vertreten waren in den letzten Jahren immer wieder Amphetamine und Methamphetamine, wobei letztere klar dominieren. Seit 2008 stiegen die registrierten Fälle rasant an. Zählte man zunächst nur knapp über 30 Fälle, lag man 2019 bei 322 Klienten, die mit Stimulantiensucht zu kämpfen hatten. Über die Corona-Pandemie sank die Zahl ab, in 2022 lag man bei 131 Fällen, ein Anstieg in 2023 fiel moderat aus, 149 Klienten waren es im letzten Jahr.

Durch alle Schichten
Drogenkonsum und -sucht kommt in den besten Familien vor und lässt sich gesellschaftlich nicht an einer bestimmten Schicht festmachen, das zeigen die Zahlen der Suchthilfe Jahr um Jahr. Rund zwei Drittel der Klienten waren in 2023 männlich, ein Drittel weiblich und fast die Hälfte der Betroffenen lebte in einer Partnerbeziehung. Mit 243 Klienten waren in verschiedensten Positionen berufstätig, 205 bezogen Arbeitslosengeld II. Rund 16 Prozent der Klienten waren bereits Rentner.

Weiter in Behandlung
Sich völlig von der Sucht zu lösen, ist in der Suchtkrankenhilfe immer ein Fernziel, viele Betroffene haben ein Leben lang zu kämpfen. Auch im Schackenhof will man Abhängigkeitskranken „eine möglichst suchtmittelfreie und sinnerfüllte Lebensweise“ ermöglichen und ihnen die Werkzeuge an die Hand zu geben, die sie für eine soziale, familiäre und berufliche Integration benötigen. Dazu gehört neben der grundlegenden Beratung auch die ambulante Hilfe. Im betreuten Wohnen wurden im vergangenen Jahr insgemsat 23 Menschen begleitet.
Für die meisten geht es aber an anderer Stelle weiter. Im Idealfall steht nach dem Suchthilfezentrum die Aufnahme einer regulären Behandlung an, was in 2023 in 301 Fällen geschehen ist. Insgesamt 169 Personen befinden sich weiter in Beratung, in 162 Fällen wurde die durch die Klienten vorzeitig abgebrochen. Für 36 Personen stand der Wechsel in eine stationäre Einrichtung an.

Schreckgespenst Rückfall
In der Suchtkrankenhilfe weiß man, dass Rückfälligkeit zum Krankheitsbild der Suchtabhängigkeit gehört. Aber im Gegensatz zu anderen Erkrankungen steht hier das Empfinden von Schuld und Scham im Vordergrund und die sind schlechte Wegbereiter der Gesundung. Das „Schreckgespenst Rückfall“ soll beim nächsten „Öffentlichkeitstag“ des Suchthilfezentrums Ende Mai im Vordergrund stehen.

Prof. Dr. Johannes Lindenmeyer hat intensiv zum Thema geforscht, Bücher verfasst und Interventionsstrategien entwickelt. Er gehört zu den renommiertesten Fachleuten auf diesem Gebiet in Deutschland und wird zum diesjährigen das Hauptreferat zu halten.

Eröffnet wird der Tag mit einem Theaterstück, für das man sich ebenfalls Gäste eingeladen hat. Der Therapiehof Sottershausen bietet jungen Suchtkranken eine stationäre Entwöhnungstherapie. Teil des therapeutischen Konzeptes ist die Theaterpädagogik. Jedes Jahr schreibt und inszeniert eine Theatergruppe ein Theaterstück zum Thema Suchtabhängigkeit. In der Regel zeichnet das Theaterstück Episoden der Lebensgeschichte der Protagonisten nach.

Der Öffentlichkeitstag wird am 29. Mai um 09.00 Uhr in der Herzschlagkirche in Nordhausen eröffnet.