Antrag auf Sonderstadtrat hätte nicht abgelehnt werden dürfen

Kommunalaufsicht urteilt salomonisch

Dienstag
27.02.2024, 19:58 Uhr
Autor
red
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Im Streit der Bad Langensalzaer Stadtratsfraktionen BLU/WIR und SPD/Grüne mit Bürgermeister Matthias Reinz wegen der Einberufung eines Sonderstadtrats hat nun die Kommunalaufsicht in Mühlhausen ein Urteil gesprochen…

Bürgermeister Reinz hatte am 12. Februar den Antrag der Fraktionen auf eine Sondersitzung zur Haushaltslage der Stadt am 19. Februar mit der Begründung abgelehnt, er könne zu diesem Zeitpunkt noch keine verlässlichen Haushaltszahlen 2023 präsentieren, über die es zu diskutieren lohnt und hätte außerdem mit einer Vergabesperre schon im November auf die neue Situation (es fehlen 1,7 Millionen Euro wegen ausbleibender Gewerbesteuern) reagiert. Das wollten die Antragsteller so nicht hinnehmen und riefen die Kommunalaufsicht in Mühlhausen zur Hilfe an.

„Da dem Bürgermeister in den Fällen des § 35 Abs. 1 S. 4 sowie § 35 Abs. 4 S. 2 der Thüringer Kommunalordnung (ThürKO) nur ein formelles Prüfungsrecht und kein materielles Prüfungsrecht zusteht, hätte folglich dem Antrag auf Einberufung einer Sondersitzung unverzüglich, d.h. ohne schuldhaftes Zögern, gefolgt werden müssen. Die im Schreiben vom 12. Februar dargestellten Ausführungen betreffen nach unserer Einschätzung das sogenannte „materielle Prüfungsrecht“, da sie bereits inhaltlich auf die einzelnen Punkte (insbes. zur Frage der Jahresrechnung) eingehen, und tragen damit nicht die Ablehnung des Antrags. Vielmehr wären diese „Fragen“ in einer Sitzung gegebenenfalls im Rahmen eines Nichtbefassungsantrags zu erörtern und durch Beschluss zu entscheiden gewesen“, befand die Schiedsstelle im Landratsamt.
Insofern gibt die Behörde den klageführenden Stadträten Recht, fügt aber hinzu: „Trotz der rechtswidrigen Ablehnung des Antrags vom 06.02.2024 durch den Bürgermeister wird von der Einleitung förmlicher rechtsaufsichtlicher Maßnahmen nach den §§ 120 ff ThürKO aus Gründen der Verhältnismäßigkeit abgesehen. Die Einladung zur Stadtratssitzung hätte in letzter Konsequenz durch die Rechtsaufsichtsbehörde im Wege einer Ersatzvornahme nach § 121 ThürKO erfolgen können, die ihrerseits jedoch ein gestuftes Verfahren voraussetzt (vorherige Aufforderung nach § 120 ThürKO). Zudem ist die Rechtsaufsichtsbehörde auch im Wege der Ersatzvornahme selbst an die Ladungsfristen der ThürKO und Geschäftsordnung der Stadt Bad Langensalza gebunden. Somit hätte ein zwangsweise angeordneter Sitzungstermin nur wenige Tage vor dem voraussichtlich nächsten „regulären“ Sitzungstermin, laut Ratsinformationssystem der Stadt Bad Langensalza am 21.03.2024, gelegen. Dieser durch rechtsaufsichtliche Maßnahmen bewirkte äußerst geringe „Zeitgewinn“ gegenüber der Behandlung der Beratungsgegenstände in der folgenden „regulären“ Sitzung rechtfertigt im vorliegenden Einzelfall zum jetzigen Zeitpunkt keinen Eingriff in die kommunale Selbstverwaltungsgarantie mehr.“

Das heißt mit anderen Worten, weil ohnehin für den 21. März eine Stadtratssitzung angesetzt ist, sieht die Behörde für sich keinen Handlungsbedarf und betrachtet die Angelegenheit als erledigt. Somit wird es nun wie geplant am 21. März zur nächsten Stadtratssitzung in Bad Langensalza kommen und das erste Wahlkampfscharmützel zwischen Herausforderer Patrick Kosiol und Amtsinhaber Matthias Reinz endet unentschieden.