Wohnungsbaugenossenschaft zieht Bilanz für 2023

Wir werden uns auf das Wesentliche konzentrieren

Dienstag
20.02.2024, 16:34 Uhr
Autor:
red
veröffentlicht unter:
Mit beinahe 7.000 Mitgliedern ist die Wohnungsbaugenossenschaft Südharz der größte Vermieter der Region. Für das Jahr 2023 kann man eine gute Bilanz ziehen, trotz mancher Herausforderungen. Dem neuen Jahr wird man aber dennoch mit vorsichtigem Schritten begegnen, berichtete die WBG heute…

Die Bilanz ist gut, der Ausblick schwierig: Sven Dörmann und Steffen Loup von der WBG Südharz (Foto: agl) Die Bilanz ist gut, der Ausblick schwierig: Sven Dörmann und Steffen Loup von der WBG Südharz (Foto: agl)


Insgesamt 6975 Mitglieder, knapp 200 mehr als noch 2021, die Auslastung bei 97 Prozent, die Zufriedenheit der Mieter hoch, das Standing in der Branche deutschlandweit exzellent und mehrfach ausgezeichnet - die WBG Südharz kann für die zurückliegenden Monate in vielen Bereichen eine positive Bilanz ziehen.
Zwar bleibt die Zahl der studentischen Mieter auch nach der Pandemie hinter der Vergangenheit zurück, viele Hilfesuchenden aus der Ukraine sind aber im vergangenen Jahr bei der Genossenschaft untergekommen, so konnten die Verluste zum Teil ausgeglichen werden, erklärten heute die beiden Vorstandsspitzen Sven Dörmann und Steffen Loup.

Probleme gibt es mit den Zugezogenen kaum, knapp 60 Beschwerden habe man in letzten Jahr in Bezug auf die ukrainischen Mieter gezählt, etwas über 10 Prozent Anteil an der Gesamtzahl der aufgegebenen Beschwerden. Gute Nachrichten auch bei den Tätigkeiten der Tochtergesellschaften, die hauseigenen Angebote der WBG zu Energie, Wärme und Breitbandversorgung werden gut angenommen. Der Ausbau der Fernwärmeversorgung erreicht inzwischen 80 Prozent des Bestandes und geht zügig voran und auch bei der Versorgung mit Glasfaser ist man dank umfangreicher Förderung weiter als man ursprünglich geplant hatte. Fast 6.000 Haushalte sind bereits an die schnellere Netzanbindung angeschlossen und ab dem 01.07. wird für die WBG Mieter die Gebühr für das TV-Signal wegfallen.



Nach der Übernahme von rund 270 Wohnungen der Bleicheröder Genossenschaft vor zwei Jahren hat man rund 4,2 Millionen Euro in der Kalistadt investiert und ist damit den Vorgaben der Stadt zur Sanierung des Bestandes nachgekommen. Dazu gehört aber auch weiterhin der Rückbau von leergezogenen Altbauten. Drei weitere Häuser hat man aktuell im Blick: in der Straße der Einheit in Wipperdorf wurde ein Gebäude bereits abgerissen, in Bleicherode rückt man als nächstes in der Käthe-Kollwitz-Straße und der Löwentorstraße an. An letzterem Standort soll der alte Zustand aus den 1920er Jahren weitestgehend wieder hergestellt und der Weg vom „AWG Viertel“ in die Innenstadt frei gemacht werden, so denn die entsprechenden Fördermittel kommen, berichtet Steffen Loup. Angebaut wird in Nordhausen zwischen Weberstraße und Taschenberg, hier sollen neue Balkone die Wohnqualität erhöhen.

Gute Nachrichten also wohin man blickt, keine Spur der großen Wohnungsbaukrise im Südharz? Nicht ganz. Baupreissteigerungen, hohes Zinsniveau, der Mangel an Fachkräften und die demographische Entwicklung bereiten auch der WBG Sorgen. „Das Baugeschehen ist gerade außergewöhnlich kompliziert. Die Baustoffpreise und der Mangel an Handwerkern sind problematisch und da reden wir noch nicht einmal vom Neubau sondern allein von der laufenden Instandhaltung.“, erläutert Sven Dörmann. Rund neun Millionen Euro beträgt das Budget der WBG allein für die fortlaufende Realisierung der „zweiten Sanierungswelle“ nach den 90er Jahren. Darin enthalten sind fünf Millionen, die man allein für die Wohnungseinrichtung ausgiebt, 561 mal mussten die Handwerker in 2023 anrücken, um das Interieur bezugsfertig zu machen. Über 2.300 Genossenschaftsmitglieder haben die 70 Jahre überschritten, auch hier muss man hinsehen und mit der Zeit gehen, etwa durch den Umbau von 36 Bädern im vergangenen Jahr. Das Problem: gerade für kleinere Arbeiten und Alltagsreparaturen sind kaum noch Fachkräfte frei verfügbar.

Spüren tut man das auch bei den beliebten Nachbarschaftsfesten. Bis zu zehn dieser Veranstaltungen hatte man den Mietern jedes Jahr angeboten, inzwischen fehlt es aber schlicht an Gastronomen, die derlei Events unterstützen können und wollen, die Krux sei auch hier letztlich der Personalmangel. Ganz aufgeben will man das soziale Engagement aber nicht und hat sich im vergangenen Jahr einfach an die üblichen Stadtfeste wie das Rolandsfest in Nordhausen oder den Bergmannstag in Bleicherode„herangehangen“. So will man es auch in diesem Jahr wieder halten. Die Förderung für Sport und Vereinsleben werde ebenfalls fortgeführt, heißt es aus dem Vorstand der WBG, als größter Vermieter des Landkreises habe man ein vitales Interesse daran, dass die Region Wohn- und Lebenswert bleibe.

Zu kämpfen hat man auch mit dem historisch hohen Zinsniveau und den dauerhaft hohen Baupreisen. Langfristig sei die Refinanzierung der Genossenschaft sicher planbar, sagt Dörmann, aber man wird mit vorsichtigeren Schritten in die Zukunft gehen. Zum ersten Mal in 30 Jahren WBG-Geschichte wird man in 2024 keine Darlehen aufnehmen und Projekte vor allem aus Eigenmitteln stemmen. Zudem wolle man über die kommenden zehn Jahre Darlehen in Höhe von rund 50 Millionen Euro tilgen. Statt wie in 2023 um die drei Millionen Euro in neue Bauvorhaben zu investieren, wird man sich in diesem Jahr bei rund 1,3 Millionen Euro bewegen. Komplexe Bauvorhaben, wie man sie in der Vergangenheit etwa in der Stolberger Straße durchgeführt hat, seien im Moment „nicht seriös planbar“ und selbst mit Fördermitteln „nicht darstellbar“, erklärt Dörmann.

Ideen und konkrete Vorstellungen hat man aber durchaus. So könnte man sich einen Neubau von sieben Wohnungen à 75 bis 90 Quadratmeter an der freien Ecke Riemannstraße - Schröterstraße vorstellen, wenn es der Markt denn hergibt. Ganz verwerfen will man das Projekt für 2024 noch nicht, man werde mit längeren Laufzeiten für die Bauunternehmen experimentieren und sehen, ob sich praktikable Rahmenbedingungen schaffen lassen. „Die Krise im Wohnungsbau wie man sie in den Ballungsgebieten beobachten kann, zeigt sich in unserer Region eher nicht. Uns fehlt nicht die Quantität, sondern die Qualität. Der Bedarf liegt eher bei großen Wohnungen über 80 Quadratmetern, nicht in der Masse“, erklärt Sven Dörmann.

Punktueller Bedarf also, der im Moment sehr teuer ist. Teurer wird es auch für die Mieter, im April steht nach fast sieben Jahren die nächste Vergleichsmietenanpassung an, die aber moderat ausfallen werde, so Loup. Post von der WBG werden auch die Mieter bekommen, die über eine Gas-Etagenheizung versorgt werden, das sind knapp 1000 Wohnungen im Bestand der Genossenschaft. Gegenüber dem Vermieter besteht in Verbindung mit der seit Anfang 2023 erhobenen CO2 Umlage ein Rückerstattungsanspruch, der aber individuell gestellt werden muss. Ein entsprechendes Formular soll den betroffenen Mietparteien in den kommenden zwei Wochen zugestellt werden.

Ziel der WBG Südharz ist und bleibe es, sozialverträgliche Mietpreise anbieten zu können. Für das laufende Jahr bedeute das aber auch, das man sich auf das Wesentliche konzentrieren müsse. Es sind keine leichten Zeiten, sagt Steffen Loup, aber die hat es in den letzten 123 Jahren seit Gründung der Genossenschaft immer wieder gegeben.
Angelo Glashagel