Nordhausen und seine künstlerischen Werke (11)

Die Stifterfiguren im Dom zu Nordhausen

Sonntag
18.02.2024, 13:49 Uhr
Autor:
red
veröffentlicht unter:
Mit Heidelore Kneffel begeben wir uns heute in eines der imposantesten Gebäude in Nordhausen, in den Dom Zum Heiligen Kreuz in der Altstadt. Er ist fast immer geöffnet, man kann also eintreten, ihn durchschreiten, seine Blicke schweifen lassen und dabei seinen Gedanken Raum geben...

Als Begleiter gebe ich eine relativ kleine Figur aus der Höhe des Bauwerkes hinzu, einen Schauenden, einen Nachdenkenden.

Der "Denkende" im Rippengewölbe (Foto: Heidelore Kneffel) Der "Denkende" im Rippengewölbe (Foto: Heidelore Kneffel)


Das Ziel ist der frühgotische Chorraum im Osten, in dem sich Kunstwerke befinden, die zu den kostbarsten gehören, die die Stadt am Südharzrand zu bieten hat: das mittelalterliche hölzerne Chorgestühl (um 1370 - 1400) und die sechs Stifterfiguren, aus Sandstein gehauen (um 1270), mit leuchtenden Wachsfarben bemalt. Man sieht sie an der Nord- und Südwand hoch über den Köpfen.

Wir haben die Möglichkeit, uns eine Sepiazeichnung anzusehen, die verkündet, dass sie den „Dom zu Nordhausen, den 8. Dezember 1843“ zeigt. Kunde davon habe ich aus dem „Nordhäuser Journal Nr. 02, März 2013. Verantwortlich zeichnet Markus Veit, Südharzer Fachwerkzentrum e. V. Auf der Seite 26 sehen wir das Bild und erfahren, dass unter dem Bauinspektor Friedrich August Voß ab 1843 die Sanierung und Vollendung des Nordhäuser Domes stattfand. Schäden hatte es an ihm durch die Zeiten zu viele gegeben.

Johann Wolfgang Voss, Sepaizeichnung des Dominneren 1843  (Foto: Heidelore Kneffel) Johann Wolfgang Voss, Sepaizeichnung des Dominneren 1843 (Foto: Heidelore Kneffel)


Man blickt vom hohen Chor mit dem Chorgestühl und den darüber befindlichen Stifterfiguren - hier fünf von ihnen - herab in den Hauptraum des Domes. Das künstlerische Werk, das also dieses Mal im Mittelpunkt steht, sind die 6 Stifterfiguren, die bereits seit ca. 1270 dort angebracht wurden. Man überdenke, welche Zeitverläufe sich seit damals in und über Nordhausen begaben. Drei Sandsteinfiguren sind weiblich, drei männlich. Sie stehen sich an der Nord- und Südseite des Chores gegenüber. Es handelt sich um das Geschlecht der Liudolfinger/Ottonen. Die drei Frauen der Nordwand sind die Königin Mathilde (ca. 895 -986), die Kaiserin Adelheid, (931 – 999), die zweite Frau Kaiser Otto I., die Kaiserin Theophanu (ca. 960 – 991) aus Byzanz. Die drei Männer, die den weiblichen Personen an der Südwand gegenüber stehen, sind König Heinrich I., Kaiser Otto I. und Kaiser Otto II. Letzterer vermachte 962 seiner Großmutter Mathilde, die auf dem Terrain der ca. 910 erbauten Burg mit Königshof 961 ein Damenstift gegründet hatte, das Mark-, Zoll- und Münzrecht. Um 1200 besaß Nordhausen ein Stadtsiegel, auf dem das Königspaar zu sehen ist.

Das Stadtsiegel um 1200 (Foto: Heidelore Kneffel) Das Stadtsiegel um 1200 (Foto: Heidelore Kneffel)


Wenden wir uns der Stifterin Königin Mathilde zu, die für Nordhausen von besonderer Bedeutung ist. Der Steinmetz/Bildhauer konnte den Figuren keine Individualität geben, sondern schuf solche, die dem Typ nach Herrscherfiguren des Mittelalters darstellen. Sein Name ist nicht bekannt, damals stand das Werk zu Ehren Gottes im Mittelpunkt, nicht der Erfinder des Kunstwerkes. Er war, davon Zeugen die Sandsteinfiguren, ein talentvoller Handwerker und besaß künstlerische Vorstellungskraft.

Die Halbfigur der Königin Mathilde im Dom (Foto: Heidelore Kneffel) Die Halbfigur der Königin Mathilde im Dom (Foto: Heidelore Kneffel)


Die schmale goldene Königskrone hält ein weichfließendes Tuch auf ihrem Kopf, das rundliche Gesicht zeigt ein leichtes Lächeln, ein Grübchen ziert das Kinn. Die Gewandschließe ist prunkvoll, unterstrichen von einer goldenen Kette. Über ihrem roten Kleid trägt sie einen grünen Umhang, der, von ihrer linken Hand gerafft, in wundervoll gotische Falten bis zu den Füßen hinabschwingt. In gleicher Hand hält sie die von ihr gestiftete Kapelle, Hinweis auf den späteren Dom. Die rechte Hand trägt eine Rote Blüte und den Kerzendorn. Ihre Haltung zeigt hoheitsvolle Ruhe. Die Füße stehen nebeneinander auf einem goldenen Blütenkranz. Die Konsole darunter stellt einen Mann dar, der auf einem Löwen reitet, sein Gesicht wurde zerkratzt.

Kaiser Otto I. mit Gewannschließe eines Adlers (Foto: Heidelore Kneffel) Kaiser Otto I. mit Gewannschließe eines Adlers (Foto: Heidelore Kneffel)


Kaiser Otto II (Foto: Heidelore Kneffel) Kaiser Otto II (Foto: Heidelore Kneffel)


Kaiserin Theophanu aus Byzanz (Foto: Heidelore Kneffel) Kaiserin Theophanu aus Byzanz (Foto: Heidelore Kneffel)


Die Frauen zeigen einen rundgesichtigen Typ, die Männer tragen keinen Bart. Das Lächeln in gewisser Erstarrung ist typisch für die frühgotische Zeit. Die Verschiedenheit der Lebensalter ist angedeutet. Die Haare der männlichen Figuren sind zur vollen Locke geformt, die der Frauen fast gänzlich bedeckt. Die Konsolen, auf denen die Figuren stehen, sind mit stilisierten Blumen oder Laubwerk umwunden, nach unten folgt figürlicher Schmuck, nicht immer vollständig erhalten. Über jeder Figur zeigt sich ein üppiger gotische Baldachin. Die Gesamtfarbigkeit der Figurengruppe lässt auf ein beeindruckendes Farbgefühl schließen und findet sich in dieser Geschlossenheit nicht oft.
Wer sich Chorgestühl und Stifterfigurengruppe aus der Nähe betrachten möchte, sollte sich im Sekretariat des Domes anmelden oder telefonisch.
Heidelore Kneffel