IHK Erfurt

Auswertung Konjunkturumfrage im Kyffhäuserkreis

Dienstag
13.02.2024, 12:06 Uhr
Autor:
emw
veröffentlicht unter:
Die Stimmung in der regionalen Wirtschaft hellt sich leicht auf. Mit 100 von 200 möglichen Punkten liegt der Klimaindikator, der sowohl die Einschätzung der aktuellen Geschäftslage als auch die Erwartungen und Pläne für die kommenden Monate berücksichtigt, aber weiter unter dem langjährigen Durchschnitt von 111 Punkten...

Marcel Kübler, Gesellschafter-Geschäftsführer der Brand- und Arbeitsschutz Harry Schielke GmbH,  Vorstandsmitglied im Nordthüringer Unternehmerverband und Mitglied der IHK-Vollversammlung  (Foto: Regionalbüros Nordthüringen) Marcel Kübler, Gesellschafter-Geschäftsführer der Brand- und Arbeitsschutz Harry Schielke GmbH, Vorstandsmitglied im Nordthüringer Unternehmerverband und Mitglied der IHK-Vollversammlung (Foto: Regionalbüros Nordthüringen)

Die Beurteilung der aktuellen Situation ist branchenübergreifend etwas schlechter als noch im Herbst 2023. So schätzen 35 Prozent der Befragte, nach zuletzt 33 Prozent, die momentane Geschäftslage gut ein. 29 Prozent, nach zuletzt 17 Prozent votieren aber mit „schlecht“.



Bei den Aussagen zu den Erwartungen und Plänen für die nächsten Monate haben sich die skeptischen Stimmen im Vergleich zur vorhergehenden Umfrage zwar reduziert, dennoch bleibt der Blick in die Zukunft noch verhalten. Während 19 Prozent der Firmenchefs mit einer günstigeren Geschäftsentwicklung rechnen, äußern sich 25 Prozent pessimistisch. Im Herbst 2023 lag dieses Verhältnis bei 17 zu 41 Prozent.

Die überwiegende Mehrzahl der Unternehmer (75 Prozent) will den aktuellen Mitarbeiterbestand beibehalten. Für sechs Prozent der Befragten steht die Einstellung von weiterem Personal auf der Tagesordnung. Allerdings ziehen auch 19 Prozent einen Stellenabbau in Betracht.

Als wesentliche Risikofaktoren definieren die Unternehmer nach wie vor die hohen Energiepreise. Deutlich kritischer als in den vergangenen Umfragen werden inzwischen die wirtschaftspolitischen Rahmenbedingungen eingeschätzt. Zwei von drei Unternehmen sehen darin eine Gefahr für die wirtschaftliche Entwicklung.

„Bei uns läuft es weiterhin gut, allerdings ist die Brandschutzbranche auch nicht repräsentativ für das Gros der deutschen Wirtschaft.“ gibt Marcel Kübler, Gesellschafter-Geschäftsführer der Brand- und Arbeitsschutz Harry Schielke GmbH, Vorstandsmitglied im Nordthüringer Unternehmerverband und Mitglied der IHK-Vollversammlung, zu verstehen. „Bei einigen unserer Kunden ist die Stimmung historisch schlecht und dies wird mittlerweile auch durch Zahlen belegt. Insbesondere Firmen im Bausektor und einzelne Automotive-Betriebe haben mit der schwachen Konjunktur zu kämpfen.“

Dass trotz des seit Jahren bestehenden Arbeits- und Fachkräftemangels sowie der demografischen Situation, die jährlich mehr Menschen in die Renten als in die Ausbildung bringt, mehr Betriebe im Kyffhäuserkreis planen Stellen abzubauen statt neue Beschäftigte einzustellen sei besorgniserregend. Und dies gilt laut der neuesten IHK-Konjunkturumfrage nicht nur für Kreise im Norden, sondern für nahezu alle Regionen des Freistaates.

„Betrachtet man die Konjunkturprognose des Instituts der deutschen Wirtschaft oder den Ifo-Geschäftsklimaindex bilden Thüringen oder die anderen ostdeutschen Bundesländer auch keine Ausreißer zur gesamtdeutschen Lage“, ist Kübler wichtig zu erwähnen.

Deutschlands hausgemachte Probleme

Die Probleme sind dabei nicht nur auf Transformationsprozesse in einzelnen Branchen zurückzuführen, die schwache Konjunktur begründet sich auch in den schlechten Rahmenbedingungen im internationalen Vergleich. Der Wirtschaftsstandort Deutschland ist als Höchststeuerland, mit hohen Lohnnebenkosten, seiner überbordenden Bürokratie, den massiv gestiegenen Kosten für Energie und Wärme sowie der auf Verschleiß fahrenden Infrastruktur einfach nicht mehr wettbewerbsfähig, beschreibt der Unternehmer aus dem Kyffhäuserkreis seine Bedenken.
Wenn man den entscheidenden Garanten für Wohlstand und Sicherheit und somit die Zukunft Deutschlands als starke Volkswirtschaft nicht verspielen will, muss man der abwandernden Industrie und dem sukzessiven Sterben kleiner und mittelständischer Betriebe mit geeigneten Maßnahmen begegnen. Der Trend zu mehr Firmenpleiten in Deutschland ist erschreckend. Die Zahl der beantragten Regelinsolvenzen liegt laut Statistischem Bundesamt, seit Juni 2023 in zweistelligen Prozentzahlen über dem Wert des Vorjahresmonats.

Ausgewogene Entscheidungen statt Ökologiefixierung

„Einzelne Gründungen oder Wachstumsbranchen, auf die man im politischen Berlin setzt, können dies nicht abfedern. Wenn selbst Vertreter der Wirtschaftsweisen mahnen, die Mär von der grünen Transformation als Treiber für ein neues Wirtschaftswunder zu beenden, spricht dies eine klare Sprache. Laut deren Einschätzungen hat Deutschland in diesem Jahrzehnt nur noch ein Wirtschaftswachstum von 0,4 Prozent zu erwarten. Das entspreche einem Drittel des Wachstums während der 2010er-Jahre“, rechnet Kübler vor.

„Wir können uns nicht alle gegenseitig Solaranlagen auf das Dach schrauben. In einer stabilen Volkswirtschaft muss auch noch ab- und angebaut sowie produziert werden dürfen. Diese Sektoren generieren dann auch weitere Nachfrage für den tertiären Dienstleistungssektor.“

„Wenn Deutschland gewisse Branchen nicht mehr dominiert, tun es andere Länder, häufig zu weit schlechteren ökologischen Standards“ mahnt Kübler eine stärkere Balance zwischen Ökonomie und Ökologie an.

Arbeitgeber und Arbeitnehmer entlasten

Analog dessen, was der Bundesrat von der Bundesregierung anlässlich der Coronakrise gefordert hatte, benötigt die deutsche Wirtschaft auch in der jetzigen Phase ein Belastungsmoratorium. Bürokratische Hürden müssen abgebaut, geplante zusätzliche Belastungen ausgesetzt, Fehlanreize im Bereich der Sozialleistungen abgebaut und Steuern für Arbeitgeber und Arbeitnehmer gesenkt werden. „Die Senkung der Stromsteuer auf das europäische Mindestmaß, die Abschaffung des Solis, die Begrenzung von Sozialabgaben auf 40 Prozent des Bruttolohns und steuerliche Begünstigung von Überstunden für Vollzeitbeschäftigte“ zählt Kübler einzelne Steuersenkungspotentiale auf.

Die Ausweitung der CO2-Bepreisung auf Wärme und Energie müsste zudem ausgesetzt werden, um den Bürgern Spielräume zum Konsumieren zu lassen und dadurch die Binnennachfrage zu stützen meint Kübler.

Investitionen in die Nordthüringer Verkehrsinfrastruktur

Darüber hinaus bedarf es eines Konjunkturprogrammes insb. für den Bau. Die angespannte Wohnungslage und die marode Verkehrsinfrastruktur sind Beispiele für Investitionserfordernisse.

Insbesondere für Nordthüringen sind Investitionen und die beschleunigte Umsetzung einzelner Infrastrukturprojekte von entscheidender Bedeutung.
Nordhausen und Sondershausen brauchen eine zeitgemäße Anbindung auch in Richtung Erfurt. Die avisierten Termine für den B4-Ausbau sind eine Unverschämtheit. Der NUV wird sich zusammen mit politischen Vertretern beider Landkreise um eine Beschleunigung des Bauvorhabens bemühen.

Die B 4 hat als leistungsfähiger Zubringer eine große Bedeutung für die Stärkung der Wirtschaft der Region nördlich von Erfurt. „Die gegenwärtige Verkehrssituation in den Ortsdurchfahrten Oberspier, Greußen, Straußfurt und Gebesee sowie im Bereich der Sundhäuser Berge ist von hohem Durchgangsverkehr und geringen Reisezeiten geprägt. Dazu steigt das Verkehrsaufkommen seit Jahren kontinuierlich an. Eine beschleunigte Realisierung ist zwingend erforderlich, wenn die Ortschaften entlang der B4 nicht vollends zu Durchfahrtsstrecken verkommen sollen.
Auch im Hinblick auf den weiteren Ausbau der B 243 und einzelner Ortsumfahrungen bestünde laut Kübler trotz anderer politischer Einschätzungen weiterhin eine bedeutsame Raumwirksamkeit.

Reformen, Entlastungen und Investitionen

"Ich bin überzeugt, dass wir die Trendwende zurück zu Wachstum und wirtschaftlicher Prosperität schaffen. Wir brauchen dafür allerdings zahlreiche Reformen, unbürokratischere Prozesse, steuerliche Entlastungen und nicht nur konsumtive, sondern strategische Investitionen, wenn wir Deutschland auch für unsere Kinder und Kindeskinder als stabile und chancenreiche Volkswirtschaft erhalten wollen.“ Grundlage dafür seien nicht zuletzt starke Betriebe und Unternehmen, fasste Kübler abschließend zusammen.