Keine Neubauten in Sicht

Bauindustrie rechnet mit Stagnation

Dienstag
23.01.2024, 13:36 Uhr
Autor:
red
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Trotz der Krise im Wohnungsbau möchte die Bauindustrie Entlassungen vermeiden: „Es steht kein Stellenabbau an. Die Firmen sind froh, dass sie gutes Personal haben“, sagte Hauptgeschäftsführer des Bauindustrieverbandes, Burkhard Siebert, am vergangenen Donnerstag bei einem Branchentreffen auf Schloss Ettersburg bei Weimar...

Bauarbeiten werden sich demnächst auf Reparaturen und Ausbesserungen beschränken (Foto: C.Wilhelm) Bauarbeiten werden sich demnächst auf Reparaturen und Ausbesserungen beschränken (Foto: C.Wilhelm)

Punktuell würden weiterhin auch Fachleute gesucht. Im Bauhauptgewerbe mit einem Jahresumsatz von mehr als zwei Milliarden Euro in Thüringen sind nach seinen Angaben rund 14. 300 Menschen beschäftigt. In diesem Jahr wollten Bauindustrie und Bauhauptgewerbe ihren Fokus besonders auf Straßen-Schienen- und Energieprojekte setzen.

Nicht ganz so optimistisch sieht es Tim-Oliver Müller, Hauptgeschäftsführer des Bauindustrieverbandes HDB: „Wir rechnen derzeit damit, dass in den kommenden Monaten etwa 10.000 Arbeitsplätze abgebaut werden müssen“, gab dieser einige Tage zuvor gegenüber der dpa bekannt. Bereits im vergangenen Jahr war ein Erlösrückgang von 12 Prozent zu verzeichnen. Ein massiver Fachkräftemangel bestünde noch immer.
Und ein Blick in die Nordhäuser Baubranche zeichnet genau dieses Bild. Ein Nordhäuser Bauunternehmer spricht Klartext: „Ich brauche drei fähige Leute, um Bauvorhaben in einer bestimmten Größenordnung abwickeln zu können.“ Die Löhne müssen pünktlich gezahlt werden, aber dafür braucht es auch einen regelmäßigen Auftragseingang. „Mit ein paar kleinen Putzarbeiten hier und da kann ich mein Unternehmen in der derzeitigen Form nicht noch ein weiteres Jahr durchbringen“, so der Bauunternehmer, der sichtbar froh darüber ist, dass er in einigen Jahren das Rentenalter erreicht hat. „Das vergangene Jahr und ein damit verbundener Auftragsrückgang im Wohnungsbau um knapp 14 Prozent hat bereits gezeigt, dass die Leute das Geld zusammenhalten."
Ein Kollege von ihm aus dem Sanitärbereich habe gerade zwei Mitarbeiter verloren, weil einer von ihnen in Rente ging und ein anderer sich für eine Weiterbildung entschieden habe und deshalb den Betrieb verlassen hat. Und es kommt niemand nach.

So wie diesen Handwerksunternehmen geht es derzeit nicht wenigen. „Und im Grunde genommen kann der „Einzelkämpfer“, der mit einem kleinen Personalstamm zurechtkommt, von Glück reden“, bekräftigt der Bauunternehmer abschließend. „Ich muss immer Arbeit für meine Leute haben. Das ist ein massiver Druck.“

„Wirtschaft und Klima ohne Krise“ als Wahlslogan der Grünen scheint heute nicht mehr zutreffend zu sein. Der Wohnungsbau kommt so richtig überhaupt nicht voran. Projekte werden gerade noch fertiggestellt oder gestoppt und viele Handwerker sind sich einig, dass in den kommenden Jahren das Hauptaugenmerk auch weiterhin auf Reparaturarbeiten liegen wird; nicht im Neubaubereich.

Schuld ist die Politik. Mit einer für die Wirtschaft schlechten Energiepolitik, die sich im Heizungsgesetz und der Energieeinsparverordnung niederschlägt und daraufhin noch ein partieller Wegfall von Fördermittelunterstützung für Hauseigentümer. Da fehlt nicht nur das Geld, sondern auch ein Anreiz, energetisch zu sanieren. Hinzu kommt eine vollkommen übertriebene Bürokratie. Dass sich das alles auf den Arbeitsmarkt auswirken muss, ist vollkommen klar. Eine Umkehr ist zumindest derzeit nicht in Sicht.
Cornelia Wilhelm