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Als der Kohnstein gesprengt wurde

Sonnabend
20.01.2024, 13:01 Uhr
Autor:
red
veröffentlicht unter:
Noch immer gibt es Klärungsbedarf zu den Sprengungen am Kohnstein, die die Stollen von Nordwerk und Mittelwerk sowie das Projekt B11 mit Eber und Kuckuck zerstören sollten. Jetzt gibt es durch den Fund von Anweisungen der SMAD, der Sowjetischen Militäradministration einen Lückenschluss in der Heimatgeschichte, berichtert Tim Schäfer...

Der Beitrag hat einen Untertitel verdient und so wurde es dem Autor auch mündlich berichtet. Am Kohnstein hat sich in den Jahren bis 1949 ein Sprengingenieur aus Halle verdient gemacht, Friedrich Weichelt. Offenbar konnte er mit Sachverstand und Überzeugungsfähigkeit schlimme Schäden für Nordhausen, den Kohnstein selbst, Niedersachswerfen oder das Gipswerk am Kohnstein, verhindern.

Wie ist ihm das gelungen? Aufgrund des Potsdamer Abkommens, bzw. Beschlüssen der alliierten Kommission oblag es nach 1945, dem Ende des II. Weltkriegs, der Sowjet -Verwaltung (SMAD), die Stollen der großen Rüstungsuntertageverlagerungsprojekte der SS insbesondere am Kohnstein bei Nordhausen, durch Sprengungen zu zerstören. Vertreter der SMAD setzen dies energisch durch. Bei Sprengungen in Ellrich bzw. Woffleben hatte es bereits enorme Schäden gegeben, waren u.a. etwa 350t Sprengstoff zur Explosion gebracht worden. Ähnlich wollte man auch am Kohnstein mit mehr als 350t verfahren, aber 1947 konnte über die SAG f. Mineraldünger (Sowjetische Aktiengesellschaft) und deren Generaldirektor Oberst Batmanov eine andere Zielstellung, wonach eben große Nebenschäden vermieden werden sollten, erreicht werden. Bei der SMAD in Weimar und Berlin-Karlshorst, General Kolonitschenko wurde dies bestätigt.

Als Experte wurde der Ingenieur Weichelt hinzugezogen. Dieser widersprach den Vorhaben, mit bis zu 600t zu sprengen und entwarf eine diversifizierte, zeitverzögerte Strategie, die die inneren Pfeiler der Stollen sukzessive schwächen sollten. In mehreren Nachweisen, Kalkulationen und Versuchssprengungen wies er das an den Stollen von B11 nach. Hinweislich ist zu erwähnen, dass 1946 (ff.) neben einem Demontagestab im Mittelwerk auch die unter einer sowjetischen, technischen Sonderkommission wirkenden Zentralwerke Bleicherode, denen das Institut Rabe unterstellt war, im Mittelwerk arbeiteten.

Die B11 und Grenzstollen- Wirksprengungen fanden im Zeitraum von April bis Ende Juli 1947 statt, aus der Recherche konnten 8 Sprengungen herausgefunden werden. Diese Anzahl führte, um Gefährdungen zu vermeiden, zu einer großen, geplanten Sprengung, die am 28.07. mit 179.500 kg Sprengstoff durchgeführt werden sollte. Hierfür hatte Ing. Weichelt elektrische Zündermaschinen vorgesehen, die aber zu wenig Strom hatten. Folglich waren nur 48.500 kg Sprengstoff explodiert, die getroffenen Schutzmaßnahmen wirkten. Schon am 30.07. wurden die restlichen 131 t nachgezündet. Von den Kammern am Grenzstollen, den Eingängen usw. von B11 blieb kaum eine nutzbare Kammer übrig. Dieses sachkundige Vorgehen des Ing. Weichelt aus Halle hat viele Schäden und Folgen vermieden! Seiner überlieferten Meinung nach lag die Obergrenze für solche Sprengungen bei einer Sprengstoffmenge um die 40t. Nach mündlicher Überlieferung soll es aber etwas anders gewesen sein, denn Weichelt war der Letzte, der am 28.07. den Sprengbereich verließ. Angeblich soll er die Zündschnüre um die Zündmaschinen unterbrochen haben, um größere Folgeschäden zu vermeiden.

Bis in die 1970-er Jahre wurden immer wieder Sprengstoffe, Wehrmachtsmunition und russische Munition, auch 200t Kastenminen, in Sprengkammern gefunden, die nicht explodiert waren. In einem Fall wurde untersucht, ob V2 (A4, FLA-Raketen) Raketentreibstoff (H2O2) sogar das Anhydritmaterial chemisch verändert hatte. Denn in dem Bereich sollte eine Anlage Raketentreibstoff liefern.
Im Jahr 1949 wurden dann, offenbar beginnend an der Nordflanke von Nord- bzw. Mittelwerk Eingänge und Kammern von „FAU-2“ (Bezeichnung SMAD-d.A.), gesprengt. An 4 Punkten über mind. 3 Kammern, so dass diese Anlage grundsätzlich nicht mehr genutzt werden konnten. Die Recherche, die die russischen SMAD Anweisungen fand, kann eine fast kongruente Deckung mit Erkenntnissen nachweisen, die im Beitrag: Historische seismologische Aufzeichnungen der Schleifsprengungen im Kohnstein bei Nordhausen- von U. Gross, Leipzig , T. Hess, Nordhausen und B. Tittel, Leipzig, aufgeführt sind. Demnach fanden Sprengungen am 15. und 20. Februar 1949 sowie 15. April und 13. Mai statt.

Dem Sprengingenieur Weichelt ist für seinen Einsatz hier zu danken. Am 09. April sollen in einem Vortrag im Tabakspeicher (NGAV) zu Niedersachswerfen und dem Kohnstein Details, Zäsuren und folgende Entwicklungen dargestellt werden.
Tim Schäfer