Nordhäuser SPD bereitet den Wahlkampf vor

Es wird nicht leicht

Montag
15.01.2024, 14:48 Uhr
Autor:
red
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Es ist noch nicht lange her, dass die Nordhäuser zur Stimmabgabe gebeten wurden. Genug Zeit für die Nordhäuser Parteienlandschaft ihre Schlüsse aus dem Wahlgang zu ziehen? Schon bald steht die nächste richtungsweisende Wahl an und die Genossen der SPD machen sich bereits Gedanken…

Bei der SPD sieht man ein schweres Wahlkampfjahr vor sich, Symbolbild (Foto: nnz-Archiv) Bei der SPD sieht man ein schweres Wahlkampfjahr vor sich, Symbolbild (Foto: nnz-Archiv)


Die letzte Wahl war ein schwerer Schlag für die alteingesessenen Parteistrukturen in Nordhausen. Alle Kandidaten wurden vom Wähler abgestraft, bis auf einen vermeintlichen Außenseiter, den angezählten Oberbürgermeister sowie den Kandidaten der AfD. Der Wiederrum sah im zweiten Wahlgang einen sicher geglaubten Sieg zwischen seinen Fingern wie sand zerrinnen. Groß hatte man aufgefahren von SPD und CDU bis zur AfD, gewonnen hat am Ende einer, der kaum Plakate gehangen und sich aus dem Wahlkampf größtenteils herausgehalten hat.

Die althergebrachten Wahlkampf-Strategien haben offenbar nicht gefruchtet. Wohlgemerkt, die OB-Wahl hatte ihre Eigenheiten, die Personen standen im Vordergrund, das Rathaus-Drama und die Sorge um einen Rechtsruck schwangen im Hintergrund heftig mit. Ist also beim nächsten Wahlgang alles wieder beim Alten? Der ist nicht mehr fern, am 1. Mai steht der nächste Urnengang an, in ganz Thüringen werden Kreistage und Stadträte neu besetzt und man darf wohl einen Lackmustest für die Landtagswahl im Herbst erwarten.

Sachpolitik und gute Köpfe
Bei der Nordhäuser SPD will man mit Sachpolitik und gutem Personal punkten. Die Fraktion im Stadtrat habe mit ihren sechs Mitgliedern gute Arbeit gemacht und die Handlungsansätze, die man bisher verfolgt habe, hätten nicht an Wichtigkeit verloren. Die Zukunft der Stadt, sagt der Ortsvorsitzende der Nordhäuser SPD, Hans-Georg Müller, hänge stark an der demografischen Entwicklung und da gebe es Stellschrauben, an denen ein Stadtrat drehen könne und müsse. Wohnraum sei ein solcher Punkt, gerade für jüngere Leute müsse es im Stadtgebiet mehr Möglichkeiten geben, sich niederzulassen. „Wir müssen uns auf das fokussieren, was uns betrifft und was wir beeinflussen können. Die Stadt hatte immer eine Lokomotivwirkung und hat das Umland mitgezogen. Wenn das so bleiben soll, müssen wir in der Baupolitik mehr machen. Das ist gerade kein leichtes Feld, aber das wird nicht ewig so ein schweres Thema bleiben. Fakt ist: wer baut, der bleibt und die Stadt braucht Leute die bleiben, um Zukunftssicher zu sein.“

Die zweite Säule, auf die man sich konzentrieren werde, sind die älteren Mitbürger. Man habe in den letzten Jahren die schrittweise Abschaffung von Angeboten für die ältere Generation erleben müssen, beklagt Barbara Rinke. „Das Seniorenbegegnungszentrum war einmal eine gute Einrichtung. Was danach versucht wurde hat offenbar nicht gefruchtet, die Angebote für Senioren wurden zurückgefahren. Ich denke aber wir müssen solche Strukturen sichern, das ist Teil der sozialen Verantwortung und wenn es die SWG mit dem Nordhaus nicht leisten kann, dann gehörte diese Aufgabe zurück in die Hand des Rates“. Teil dieser Diskussion sei auch die Frage nach einem Vereinshaus für Nordhausen, da in den Vereinen viel ehrenamtliche Arbeit geschehe, eben auch von Senioren, welche die Gesellschaft präge. Das Clubhaus könne als Versammlungsort nur eine Zwischenlösung sein, man brauche endlich wieder ein dezidiertes Vereinshaus. Vorschläge dazu gebe es viele, die Debatte müsse nun aber endlich einmal ein Ende finden und konkrete Pläne auf den Tisch. Weiterhin würde man das Ehrenamt gerne mit einem eigenen Koordinator stützen, eine professionelle Unterstützung wie es etwa im sportlichen Bereich schon lange üblich ist, denkbar sei auch die Rückkehr der Ehrenamtsagentur, als Anlaufstelle in der Stadt.

Das alles geht freilich nicht ohne Geld. „Finanziell steht Nordhausen nicht schlecht da und wenn es um die Daseinsvorsorge geht, darum dass Menschen in dieser Stadt gut leben können, sollte man nicht immer alles dem Spargedanken unterordnen. Wir haben viel geschafft, die Feuerwehr ist fertig, am Theater geht es voran, es ist jetzt an der Zeit, die nächsten Themen aufzurufen.“, sagt Müller. Das Waisenhaus und die Eigennutzung von städtischen Immobilien müssten etwa bald auf den Tisch.

Es wird nicht leicht
All das ist Sachpolitik, Tagespolitik gar, wenn man dem Geschehen in Ausschüssen und Ratssitzungen folgt. Auch die Radwege, der Klassiker parteiübergreifender Lokalthemen, finden am Rande noch Erwähnung. Solide, pragmatisch und erwartbar. Die Themen, die man hier wie dort auch im OB-Wahlkampf zu hören bekam. Und die offenbar nicht gefruchtet haben.

Doch was will man anderes machen? Mit Populismus haben es die Nordhäuser Genossen nicht so, auf Rückenwind durch die Landes- und Bundespolitik kann man nicht hoffen, eher im Gegenteil und das Drama um das Rathaus ist auch nicht ausgestanden. „Für viele sah das von Außen wie ein politisches Spiel aus, das hat uns mächtig geschadet. Ein Spiel war es nicht, es hat da ein hohes Maß an Verletzungen gegeben und was die Aufarbeitung angeht, befinden wir uns da immer noch im Vorgeplänkel“, erklärt Müller. In der Kommunikation zwischen den Parteien seien auch Fehler gemacht wurden, ergänzt Rinke. „Eine nationale Front braucht keiner, das hatten wir schon. Aber als demokratische Parteien müssen wir in der Kommunikation besser sein und die Dinge öffentlich stärker vermitteln.“

Was also tun? Die Köpfe sollen es richten, so der Plan der Nordhäuser Genossen. „Diese Stadt steht auf den breiten Schultern ihrer Bürger und wir brauchen im neuen Stadtrat Fachkompetenz, Gestaltungswille und den Einsatz für unsere Grundwerte. Deswegen werden wir unsere Liste wieder öffnen und um die besten Köpfe kämpfen“, so Georg Müller. Man werde unter den eigenen Mitgliedern und Jusos aber auch unter der Bürgerschaft werben. „Wir sind die Realos unter den Linken. Eine sozial orientierte Partei ohne Fantasten“, so Müller weiter, Integrität und Aussagekraft hätten die SPD in der Vergangenheit stark gemacht und dafür stehe man bis heute. Eine Frage noch, die darf bei so einem Termin nicht ausbleiben, was ist mit der Bürgermeisterin? Noch befinde sich Alexandra Rieger im Krankenstand, sagen die Parteigenossen. Sie habe aber die feste Absicht, zurückzukehren, nur das "Wann" sei unklar.

Und so zieht man in den Wahlkampf, viel Zeit bleibt nicht, der Ausgang ist so ungewiss wie zuletzt im Herbst. Mit der Wagenknecht-Partei und dem angekündigten Abspaltung der „Werte-Union“ mischen sich zwei unbekannte Größen bundesweit in das Geschehen, für die Kommunalwahl in Nordhausen dürften diese aber noch keine Rolle spielen. Ganz anders der dritte Unbekannte Faktor: die „Bürgerliste Südharz“. Deren Vertreter hatten schon im Zuge der OB-Wahl angekündigt, nach dem Kreistag auch in den Stadtrat einziehen zu wollen, um den Amtsinhaber als Fraktion den Rücken zu stärken. Nicht zu vergessen auch die Bürgerschaft und das Bündnis "#nordhausenzusammen", dass aufgeschreckt vom Erfolg des AfD-Kandidaten Jörg Prophet im ersten Wahlgang eilige Aktivität entfaltete und ebenfalls geschworen hat, zur Kommunalwahl nicht zu ruhen. Und das ist erst der Anfang des Wahljahres, hinter dem Mai dräut mit der Landtagswahl schon die nächste Herausforderung. Einen Spaziergang darf auch hier keine Partei erwarten.
Angelo Glashagel