Letzter Kreistag des Jahres 2023 tagte

Viele Pläne im Advent

Dienstag
19.12.2023, 18:10 Uhr
Autor:
osch
veröffentlicht unter:
Auch wenn es in Deutschland keine Planwirtschaft gibt, Wirtschaftspläne gibt es dafür reichlich. Die kamen heute alle im letzten Kreistag des Jahres zur Abstimmung. Und eine Reihe von Anträgen sollte eigentlich die Gemüter erhitzen. Eigentlich; …


Ein straffes Programm hatte der Kreistag heute noch einmal unter der Leitung von Carola Böck und Matthias Jendricke abzuspulen (Foto: oas) Ein straffes Programm hatte der Kreistag heute noch einmal unter der Leitung von Carola Böck und Matthias Jendricke abzuspulen (Foto: oas)

Die als Tagesordnungspunkte 27, 28 und 29 ausgewiesenen Anträge zur heutigen Kreistagssitzung wurden auf Antrag des Landrates gleich zu Beginn wegen Nichtzuständigkeit des Kreistages von den 33 anwesenden Kreisräten mehrheitlich abgelehnt.

Die beiden Anträge der AfD bezogen sich auf die Aufnahmekapazitäten von Migranten im Landkreis, welche die Fraktion als erschöpft betrachtet, und forderten im Interesse der Bürger „eine größere Transparenz in der Migrationskrise“. Der dritte abgelehnte Antrag hatte eine bessere Kommunikation, Transparenz und Bürgerbeteiligung zur Unterbringung Geflüchteter zum Inhalt und stammte aus der Fraktion der Bürgerliste Südharz (BLS). In Migrationsfragen hat ein Landkreis in Deutschland aber nichts zu entscheiden, das übernehmen die Bundesregierung und die jeweiligen Landesparlamente für die betreffenden Gebietskörperschaften, ob es den darin wohnenden Menschen nun gefällt oder nicht.

Der Landrat hatte in seinen Informationen keine neuen Informationen für die Räte und wollte auch keinen langen Jahresrückblick geben. Aktuell verwies er auf neue Feuerwehrtechnik in Heringen. Von Seiten der Bürger im Landkreis gab es heute keine Anfragen und es ging zügig in die Diskussion zur 5. Änderungssatzung der Hauptsatzung des Landkreises Nordhausen 2019 – 2024. Die CDU hat ein Problem mit der alleinigen Entscheidungsmöglichkeit des Landrats bei Lieferungen im Energiebereich (bis zu 1 Millionen Euro) und stellt den Antrag, dass die Ausschüsse weiterhin mitentscheiden können. Jendricke erwiderte, dass Entscheidungen mitunter in wenigen Stunden getroffen werden müssen und deshalb keine Zeit sei, die Gremien einzuberufen. Der Antrag der CDU fand jedoch eine Mehrheit unter den Räten und die so geänderte Vorlage wurde danach durchgewinkt.

Die Zweckvereinbarung über die Errichtung und den Betrieb der technischen Ausstattung für die Zentralen Leitstellen Erfurt und Nordhausen wird von der CDU unterstützt, allerdings monierte Renè Fullmann, dass die Servicegesellschaft den Bauauftrag für den Neubau erhält. Die Christdemokraten wollten eine erste Lesung für dieses Projekt und in dieser Form der Vereinbarung nicht zustimmen. Landrat Jendricke bat um Zustimmung, weil sonst die Fördermittel für den Verbund mit Erfurt verlustig gingen. Über den Bauauftrag müsse ohnehin später entschieden werden. Dennoch wollte auch die Fraktion der Bürgerliste Südharz der Vereinbarung nicht zustimmen. Kai Liebig misstraut den Aussagen, dass später entschieden wird und kritisierte, dass die Informationen für die Kreistagsmitglieder zu spät kämen. So wichtige Beschlüsse, wie die über die anstehenden Wirtschaftspläne heute erst kurz vor knapp zu verhandeln habe offensichtlich Methode. Er wolle aber nicht mehr den „einsamen Entscheidungen des Landrates hinterher hecheln“. Liebig beantragte ebenfalls eine erste Lesung. Fullmann wollte daraufhin den konkret benannten Standort für die Leitstelle aus der Vereinbarung streichen. Matthias Marquardt von den LINKEN war erstaunt, dass nach ausführlichen und einvernehmlichen Beratungen in den Ausschüssen heute noch einmal darüber diskutiert würde. Jendricke sagte dazu: „Sie beschließen nicht über den Bauherrn und nicht über den Standort, sondern nur über die Zweckvereinbarung an sich.“ Daraufhin gab es in der Abstimmung eine große Mehrheit für einen Zweckverbund der Leitstelle mit Erfurt.

Ein Nachtragswirtschaftsplan 2023 der Medizinisches Versorgungszentrum für Bildgebende Diagnostik gemeinnützige GmbH wurde einstimmig gebilligt, der Wirtschaftsplan 2024 für diese Einrichtung ebenfalls. Die Wirtschaftspläne 2024 der Medizinisches Versorgungszentren Nordhausen, Eichsfeld und Kyffhäuser wurden einstimmig beschlossen, wie auch der Wirtschaftsplan des Südharz Klinikums für das nächste Jahr eine große Mehrheit fand.

Der Wirtschaftsplan 2024 der Service Gesellschaft ist korrigiert, den Kreistagsmitgliedern aber noch nicht zugestellt worden, weshalb René Fullmann hier ein Defizit bei den ausgewiesenen Summen erkannte. Auch Kai Liebig war das aufgefallen und er kritisiert die Finanzdarstellungen der Service Gesellschaft mit Zwischenfinanzierungen in Millionenhöhe. Woher kämen die, interessiert sich der Fraktionschef der BLS. Er beantragt erste Lesung für diese Pläne, die auch die Harzer Hexenreich GmbH betrifft.

Jendricke erwiderte, dass alle Projekte ausführlich in den Ausschüssen vorgetragen würden und bekannt seien. Es gäbe keine unüblichen Verfahren bei der Service und es sei eine gute Entwicklung erkennbar. Kostensteigerungen seien bei allen Projekten zu verzeichnen, Fördersummen würden aufgrund der Baukostensteigerungen aufgestockt. Der Antrag auf erste Lesung von Kai Liebig wurde abgelehnt, die Abstimmung über den Wirtschaftsplan wurde mit 20 Ja-Stimmen gegen neun Nein-Stimmen angenommen. Auch für die ausgehandelten Wirtschaftspläne 2024 der Harzer Hexenreich GmbH, der Nordhausen GmbH und der Green Energy Service wurde votierten die Volksvertreter in ihrer Abstimmung.
 
Die Wirtschaftspläne für die Südharzwerke, die Verkehrsbetriebe Nordhausen, die Harzer Schmalspurbahnen und Business and Innovation Centre Nordthüringen GmbH wurden ebenfalls mehrheitlich beschlossen, wobei die CDU wegen der angeschafften Elektrobusse ihre Zustimmung bei Plan für die Verkehrsbetriebe verweigerte. Fraktionschef Fullmann hätte gern geklärt, ob nicht auch Mittel des gescheiterten Sondervermögens der Bundesregierung im Spiel sind, die eventuell zurückgezahlt werden müssen. Jendricke sicherte hier eine neue Beschlussfassung über Busbeschaffungen des Landkreises für das nächste Jahr zu. Für die vier in diesem Jahr angeschafften E-Busse könne man das nun nicht mehr ändern.

Die Anpassung der Nebenbestimmungen zur Theaterfinanzierung finden gleichfalls eine einstimmige Zustimmung im Nordhäuser Kreistag als einem der Gesellschafter der Theater GmbH. 

Die in der letzten Kreistagssitzung schon heiß diskutierte Fortführung der Finanzierung der Schulsozialarbeit am Herder-Gymnasium und der Grundschule Nohra bis zum Ende des Jahres 2024 sowie die Fortführung des Angebots "Jugendarbeit in Schule" war Gegenstand eines Antrages der Fraktionen B90/DIE GRÜNEN, CDU, DIE LINKE und SPD und nach der Absetzung der eingangs erwähnten und abgelehnten Anträge damit der letzte Punkt im öffentlichen Teil der Sitzung. Überraschenderweise setzte an dieser weit fortgeschrittenen Stelle die Sitzungsleiterin Carola Böck eine Pause von zwanzig Minuten an mit der Begründung, es gäbe hierzu noch Redebedarf.

Sie unterstrich im Anschluss, dass viele Kreistagsmitglieder für eine Verlängerung wären und es auf keinen Fall passieren dürfe, dass die professionellen Mitarbeiter die Schulen verlassen müssten. Die CDU zöge deshalb ihren Änderungsantrag zurück. Auch die LINKE, so deren Vertreter Alexander Scharff, zöge ihren Änderungsantrag zurück und beide verlangten nun wortreich, dass der Kreis für den Ausfall aus Landesmitteln nach Auslaufen der Förderung nun einspringen soll. Scharff hat inzwischen Zusagen von einer Stiftung, sich finanziell zu beteiligen und will im Januar über die Ausschüsse neue Lösungen besprechen.
Der Landrat hofft auf einen beschlossenen Landeshaushalt morgen, der den Weg frei machen würde für geregelte Finanzierung der Schulsozialarbeit. Mit dem Kompromiss könne er leben, resümierte Jendricke und der ursprüngliche Antrag kam zur Entscheidung. Mit 30 ja-Stimmen bei fünf Enthaltungen werden die beiden Stellen in Nordhausen und Nohra nun vom Landkreis abgesichert.
Olaf Schulze