Bad Langensalza gehen 2,8 Millionen Euro Gewerbesteuer verlustig

Böse Überraschung vor Weihnachten

Mittwoch
13.12.2023, 10:45 Uhr
Autor:
osch
veröffentlicht unter:
Die letzte Stadtratssitzung des Kalenderjahres wurde gestern im Kultur- und Kongresszentrum von der Nachricht überschattet, dass der Haushalt in den nächsten Jahren und bereits in diesem Jahr um 2,8 Millionen Euro abschmilzt …

In weihnachtlicher Atmosphäre überreichte Bürgermeister Reinz seinem 1. Beigeordneten und Urgestein des Bad Langensalzaer Stadtrats, Volker Pöhler, Blumen zu dessen 70. Geburtstag  (Foto: oas) In weihnachtlicher Atmosphäre überreichte Bürgermeister Reinz seinem 1. Beigeordneten und Urgestein des Bad Langensalzaer Stadtrats, Volker Pöhler, Blumen zu dessen 70. Geburtstag (Foto: oas)

Grund dafpür sind ausbleibende Gewerbesteuern eines großen Unternehmens, das nun an seinem Stammsitz Steuern entrichten wird. Die aktuellen Buchungen der Stadt belaufen sich auf 9,3 Millionen Euro, geplant waren zu diesem Zeitpunkt aber 10,5 Millionen Euro. Für Bürgermeister Matthias Reinz kam diese Information zur Unzeit, stand er doch in letzter Zeit schon wegen der aufgebrauchten Rücklagen der Stadt in der Kritik einiger Stadträte und musste gestern von den Räten für das Jahr 2022 finanztechnisch entlastet werden.

Als Sofortmaßnahme hat das Stadtoberhaupt eine Vergabesperre für Neuaufträge verhängt und lässt seien Verwaltung Einsparmöglichkeiten prüfen. Eine Konsolidierung sei nötig, betonte Reinz, und die Erarbeitung eines Nachtragshaushaltes bzw. eines Haushaltssicherungskonzepts wahrscheinlich. Er wollte auch nicht ausschliessen, dass weitere Firmen folgen könnten, die zukünftig ihre Gewerbesteuern nicht mehr in Bad Langensalza entrichten. Ab dem Jahre 2025 könne dann auf einen Ausgleich aus dem Kommunalen Finanzausgleich des Landes Thüringen gehofft werden. Bis dahin aber werde es eine schwierige Zeit für die Stadt und alle geplanten Projekte müssten erneut auf den Prüfstand gestellt werden.

Und weil der Bürgermeister einmal beim Finanzwesen war, erklärte er den Abgeordneten und der Öffentlichkeit auch gleich, wie und wofür die einstigen Rücklagen der Stadt in den letzten Jahren verwendet wurden. Aus den 11, 27 Millionen sind im ersten Corona-Jahr 2020 bereits über 5 Millionen Euro entnommen worden, um bestehende Projekte zu sichern und die durch Lockdowns entstandenen Verluste auszugleichen. Im Jahre 2021 musste eine weitere Million eingesetzt werden und im Jahre 2022 mit den galoppierenden Preissteigerungen in allen Bereichen, vor allem aber bei Energiekosten, sind weiter 3,45 Millionen Euro verbraucht worden. So stand am Ende des Jahres 2022 nur noch eine Rücklage von 1,1 Millionen Euro zu Buche.

Anhand von Kreisdiagrammen stellte der Bürgermeister dar, wofür das Geld verwendet wurde und alle Anwesenden konnten erkennen, dass es viele wichtige städtische Projekte waren, vom Umbau der Friedriken Therme bis zum Straßenausbau. Es tue ihm leid, dass er keine besseren Nachrichten verkünden könne, sagte Reinz und kündigte an, alle freiwilligen Leistungen der Stadt neu beleuchten zu müssen nach Einsparpotential. Auch sei er der Meinung, dass viele finanziellen Probleme eine Folge verfehlter Politik von Bund und Land Thüringen seien, die auch andere Städte im Freistaat noch hart treffen würden.

Für seine Ausführungen erntete der Bürgermeister keinerlei Widerspruch aus den Reihen der Stadträte und nach Bürgeranfragen zur Betreibung der Tafel und ihres Angebots-Portfolios (hier bleibt es vorerst bei der reinen Essenausgabe) und einer Danksagung des städtischen Seniorenbeirats für die gelungene Seniorenweihnachtsfeier schritt der Rat zur Umbesetzung von Personalien in den einzelnen Fachausschüssen, die mit der Zusammenlegung der Stadtratsfraktionen WIR und BLU notwendig geworden waren. So zieht nun für die verbleibenden fünf Monate der Wahlperiode der designierte Bürgermeisterkandidat Patrick Kosiol aus der BLU-Fraktion in drei Ausschüsse und den Aufsichtsrat der städtischen Holding ein, andere Abgeordnete mussten in den Ausschüssen den Vertretern der jetzt stärksten Fraktion im Stadtrat weichen.

Das Amtsblatt der Stadt erscheint ab sofort digital, was einige Tausend Euro einspart und die Möglichkeit der schnellen Aktualisierung bietet; der „Heimatbote“ wird es aber weiterhin auch analog veröffentlichen. Die Aufwandsentschädigungen für Mitglieder und Helfer der Wahlausschüsse wird in Vorbereitung des Mammut-Wahljahrs 2024 erhöht, so dass der Anreiz für die benötigten freiwilligen Helfer steigen dürfte und auch die Kameraden der Freiwilligen Feuerwehr können sich über eine höhere Pauschale bei Einsatzfahrten freuen.

Die Jahresabrechnung der Stadt für das Jahr 2022 ist ab sofort zu den Öffnungszeiten des Rathauses dort für jeden interessierten Bürger einsehbar. Von den Stadträten wurde das Schriftwerk bei elf Stimmenthaltungen angenommen, der Bürgermeister wurde für diesen Zeitraum ohne Gegenstimme, aber mit zwölf Stimmenthaltungen entlastet und seine beiden Beigeordneten erhielten ebenfalls die Absolution der Stadträte (beide mit deutlich weniger Gegenwehr, sprich Stimmenthaltungen, als der Bürgermeister).

Ein Radwegekonzept für die Stadt wurde einstimmig auf den Weg gebracht und die Auflösung der Sammlung in der Bäuerlichen Hofstätte im Ortsteil Wiegleben beschlossen.

Für eine Biogasanlage in Aschara gab es ebenso grünes Licht von den Räten wie für die geplanten Photovoltaik-Anlagen in Merxleben.

Als letzten Tagesordnungspunkt im öffentlichen Teil der Sitzung erteilte auf die Anfrage der BLU-Fraktion zur Taubenplage im Innenstadtbereich die Verwaltung eine lange Antwort, die letztlich zum Ausdruck brachte, es werde weiter nach einem geeigneten Taubenhaus in der Stadt gesucht. Derzeit sind geschätzte 300 Tiere auf den Dächern und in den alten Fachwerkhäusern unterwegs und erarbeiten sich beharrlich ihre Wohn- und Nistflächen, die sie dreimal jährlich mit einer signifikanten Anzahl an neuen Tauben versehen.
Olaf Schulze