DIE SAGE VOM KOHNSTEIN

Die kluge Clothilde

Freitag
08.12.2023, 16:59 Uhr
Autor:
psg
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Der Kohnstein ist auch vielen unserer Leser bekannt. Generationen von fleißigen Bergleuten bauten hier Gips und Anhydrid ab, ein Mineral, ohne welches die Bauwirtschaft nicht auskommt. Dass es dazu eine Sage gibt, ist nahezu unbekannt. Bis heute...


Niedersachswerfen. Kaum jemand aber weiß, dass der Name Kohnstein laut einer Sage auf die kluge Tochter eines Maurers zurück ging, welche den Nutzen des Berges erkannte. Und dies zu einer Zeit, als fruchtbares Ackerland und Wald Reichtum darstellten.

Niedersachswerfen. Der Sage nach wollte vor grauer Vorzeit der Herrscher des Südharzes seine Getreuen gut belohnen. So rief er sie auf ein Feld nahe dem heutigen Salzaspring zusammen.. Dort fragte er jeden seiner Ritter und Mannen: „Wie kann ich dir deine treuen Dienste lohnen? Sprich! “

Der Ritter Dankwart bat seinen Herren: „Gib mir 15 Tagwerk Wald, zum Behufe einer guten und erbaulichen Jagd. Ich will mir dort auch eine Burg erbauen für mich und die Meinen“. „ So sei es, 15 Tagwerk Wald seien dein, jetzt und für immer dar“, entgegnete der Herrscher.

Der nächste Ritter bat seinen Herren um 12 Tagwerk Acker, damit er diese bestellen, Weizen und Einkorn anbauen und ein Dorf gründen könnte. Auch diesem Getreuen erfüllte der gnädige Herrscher seinen Wunsch.

Und so kamen nach und nach alle Ritter und alle Edlen an die Reihe, wünschten sich wertvolle Wälder und fette Felder, was Reichtum bedeutete. Der Herrscher belohnte alle reichlich.

Zum Schluss rief er auch seine gemeinen Dienstleute und Bauern, die ebenfalls Wald und Felder übereignet bekamen. Dann kam die Reihe an Clothilde, die junge Tochter seines verstorbenen Baumeisters. Ihr Wunsch erschien auf den ersten Blick sehr bescheiden, um nicht zu sagen töricht.

„Mein edler Herr, gib mir diesen Berg zum Geschenke.
Es ist der Lieblingsplatz meines verstorbenen Vaters“. Der Berg war der heutige Kohnstein. Früher bezeichnete man einen Berg auch als Stein.

Da lachte der Herrscher und sprach: “ So einen bescheidenen Wunsch hast du. Ich kann dir Wald und Felder geben, du aber willst nur einen Stein?" Auch die Ritter und Edlen lachten über diesen törichten Wunsch. Was will sie mit diesen wertlosen Steinen?, fragte sie sich.

Auch die Handwerker und Bauern lachten, dass ihnen die Tränen liefen. Der Herrscher gab der jungen Frau den Berg und ein Stück des Flusses, der heutigen Zorge, zum Geschenk.

Danach verlief sich die Versammlung. Mit Hilfe Ihrer Brüder begann Clothilde die wertvollen Mineralien zu fördern, die in dem Berg schlummerten. In einfachen Gruben wurde der Gips geröstet und es entstand Branntkalk. Ohne diesen ist der Bau von Steinhäusern nicht denkbar. Die festeren Steine verkaufte sie als Bausteine.

Jeder, der bauen wollte, kam um Clothilde nicht herum. Die Ritter, die Burgen bauen, die Bauern, die Gebäude errichten wollten. Sogar der König kaufte bei Ihr ein. Zu Füßen des Berges entstand ein Dorf. Dort legte man die Säcke mit dem Branntkalk nieder und verhandelte. So sei laut Sage der Name Niedersachswerfen entstanden.

Bald hieß der Berg nur noch Clothildes Stein. Später wurde daraus Constein. Heute sagt man Kohnstein. Die Burgen der Ritter sind längst Ruinen, doch der Kohnstein erinnert immer noch an die schlaue Maurerstochter Clothilde, welche klüger war als alle Edelleute.
Aufgeschrieben von Ulf Zaspel