Wasserverband feierte 30jähriges Bestehen

Die große Wasserfamilie

Donnerstag
07.12.2023, 12:15 Uhr
Autor:
red
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Wenn es um ihr Wasser ging, haben sich die Nordhäuser nie bitten lassen. Tiefe Brunnen und lange Kanäle hat man schon in der alten Reichsstadt gegraben, mit „Wasserkunst“ hat man das Nass auf Höhe gebracht und verteilt, schließlich baute man vor über einhundert Jahren eine Talsperre. In der langen Traditionslinie der Nordhäuser Wasserbauer steht seit 30 Jahren auch der Wasserverband Nordhausen…

Wo Wasser fließt ist Leben (Foto: agl) Wo Wasser fließt ist Leben (Foto: agl)


Der feierte gestern den runden Geburtstag mit Kollegen, Partnern und Unterstützern in Bielen. Den Vergleich mit den Altvorderen muss man nicht scheuen, rund 120 Millionen Euro hat man seit der Gründung im Jahr 1993 in über 1.200 kleine und große Maßnahmen investiert - von neuen Rohrleitungen bis zu Hochbehältern, Druckerhöhungsanlagen, Ultrafiltrationstechnik und ganzen Wasserwerken.

Vieles hat sich in den drei Jahrzehnten verändert und Geschäftsführerin Carmen Lis und der Verbandsvorsitzende Frank Rostek gaben im gut besuchten Festsaal einen breit gefächerten Überblick über das Geschehen. Wie in so vielen anderen Bereichen auch sei die Situation in der Wasserversorgung nach der Wende „dynamisch“ gewesen, berichtete Rostek, bis zur „großen Wasserfamilie“ die man heute repräsentiere sei es ein weiter Weg gewesen. Manche Gemeinden wagte den Alleingang, andere schlossen sich den Nachbarverbänden am „Alten Stolberg“ und dem „Eichsfelder Kessel“ an.

In Bielen wurde das 30jährige Jubiläum gefeiert (Foto: agl) In Bielen wurde das 30jährige Jubiläum gefeiert (Foto: agl)


Die Jahre hätten gezeigt, dass es gemeinsam im großen und schlagkräftigen Verband besser gehe, so Rostek weiter, „weiße Flecken“ gebe es im Landkreis kaum noch. Von den knapp 82.000 Menschen die heute im Landkreis Nordhausen leben werden rund 79.000 über den Verband versorgt.

Das Wasser bezog man 1993 noch aus 33 Brunnen, 33 Quellen und einer Talsperre, aufbereitet in drei Wasserwerken. Heute sind es noch 18 Brunnen und eine Quelle, der Verbrauch ist mit ein paar Spitzen in besonders trockenen Jahren bei weniger Einwohnern aber fast gleich geblieben. „Da hat sich schon ganz am Anfang einiges ändern müssen. Früher hatte quasi jedes Dorf seinen eigenen Brunnen, den Anforderungen, die man nach der Wende an die Wasserversorgung angelegt hat, haben die aber kaum entsprechen können. Außerdem waren die Wasserverluste in den alten Rohrleitungssystemen enorm, uns sind fast vier Millionen Kubikmeter weggeflossen, das machte rund 52 Prozent der Gesamtmenge aus“, berichtet Geschäftsführerin Carmen Lis, die den Verband seit 2013 leitet. Das Leitungsnetz wurde seitdem nicht nur erneuert sondern auch ausgebaut, von 565 Kilometern Länge auf heute 1.075 Kilometer, die sich durch die gesamte Region ziehen. Zudem konnte die Mauer der Talsperre saniert und das alte Wasserwerk in der Puschkin-Straße in Nordhausen technisch modernisiert werden. Ellrich erhielt gleich eine ganz neue Aufbereitungsanlage.

Das Problem haben wir jetzt
Bei Bleicherode plant man bereits an der Zukunft der Nordhäuser Wasserversorgung und das ist auch dringend geboten. Dr. Andreas Schröter vom Ingenieurbüro IHU aus Leimbach begleitet die Wasserwirtschaft der Region schon lange und gab gestern einen „hydrogeologischen Festbeitrag“ über die Herausforderungen der Zukunft und Probleme, die nicht erst am Horizont lauern. Die globalen Gleichgewichte im Klima seien bereits geschwächt, die Auswirkungen auf die weltweite Wasserversorgung durch Versalzung und Landverlust könnten in Zukunft dazu führen, dass jeder vierte Erdenbürger von Wassermangel betroffen ist.

Drei Jahrzehnte Verbandsgeschichte bringen viele Danksagungen mit sich (Foto: agl) Drei Jahrzehnte Verbandsgeschichte bringen viele Danksagungen mit sich (Foto: agl)


Auch in Deutschland werde sich das Bild ändern, schon heute verliere man rund 2,5 Milliarden Kubikmeter Wasser durch Verdunstung und die Grundwasserneubildung sinke zunehmend. „Das ist keine ferne Prognose sondern der klar dokumentierte Ist-Stand. Wir bekommen nicht erst Probleme, wir haben sie schon.“, sagt Schröter. Es brauche in Zukunft eine nationale Wasserstrategie und eine Überprüfung der Wasserrechte, die zum Teil noch aus den 60er und 70er Jahren stammten. Die Wasserversorgung werde heute in der Gesellschaft nicht ausreichend wertgeschätzt oder auch nur verstanden, man müsse ein Bewusstsein dafür entwickeln, dass Wasser weitsichtig verwaltet werden muss. Um einem Mengen- und Güteproblem entgegenzuwirken müsse die Gewinnung verbessert werden, es brauche technische Lösungen zur Beschaffung sowie nachhaltige Bewirtschaftung und mehr Wasserschutz.

Auch wenn es heute selbstverständlich ist, einfach den Hahn aufzudrehen, so ist zu hoffen dass die Nordhäuser von heute sich nicht weniger um ihr Wasser sorgen, als ihre Vorfahren. Das dass Wasser weiter fließt, sei auch heute noch eine „ehrenvolle Aufgabe", sagt Carmen Lis am Rande der Feierlichkeiten und eine für die sie dankbar sei. Auch habe man politische Interessen immer aus der Arbeit des Verbandes herausgehalten und gemeinsam an der Sache gearbeitet. So werde es auch bleiben, unterstrich Frank Rostek, "Qualität aus Verantwortung" bleibe das Motto des Wasserverbandes.
Angelo Glashagel