Offener Brief

Bevölkerung hat kein Verständnis mehr

Dienstag
21.11.2023, 18:28 Uhr
Autor:
psg
veröffentlicht unter:
Als Bürger der Stadt Nordhausen hat Christian Döring mit erstauntem Interesse die Informationen zur möglichen Eröffnung einer Erstaufnahmeeinrichtung (EAE) für Schutzsuchende in der Gerhard-Hauptmann-Straße in der NNZ zur Kenntnis genommen. Jetzt hat er einen offenen Brief geschrieben...

Fliegeraufnahme_der_Tabakfabrik_C._A._Kneiff_Nordhausen (Foto: Nordhausen Wiki) Fliegeraufnahme_der_Tabakfabrik_C._A._Kneiff_Nordhausen (Foto: Nordhausen Wiki)
Nachdem ich mich bei den vermeintlich politischen Verantwortlichen erkundigt habe, musste ich feststellen, dass selbige - respektive der Landrat - genauso ahnungslos in den Entwicklungen war, wie ich und damit wohl auch der Rest der ortsansässigen Bevölkerung.

So wurde mir mitgeteilt, dass der private Eigentümer des Gebäudes (ein Immobilienunternehmen aus Bayern) seine bisherigen Pläne für Seniorenwohnungen kurzerhand gegen das Betreiben einer EAE ausgetauscht und sich beim Freistaat als Betreiber eben dieser EAE aktuell ins Gespräch gebracht habe.

Der Landkreis wurde seitens des zuständigen Ministeriums nicht mit eingebunden, da es den Landkreis nicht betreffe. Schließlich gehe es um einen Vertrag zwischen einem privaten Investor und dem Freistaat Thüringen. Ich bleibe da als Bürger der Stadt Nordhausen fassungslos zurück. Im Falle der Realisierung des Projektes werden hier vor Ort alle Probleme der Migration und damit zusammenhängender Folgen abgeladen werden.

Ist denn die Nutzung als Wohnheimimmobilie bautechnisch beim zuständigen Bauordnungsamt abgeklärt worden? Was ist mit dem Brandschutz? Fragen über Fragen tun sich auf? Es wurde bestätigt, dass die Einrichtung rund 500 Menschen Unterkunft bieten soll.

EAE heißt Dauerrotation von Schutzsuchenden im 2 bis 4 Wochenrhythmus. Mein Blick schweift sorgenvoll nach Suhl: Gewalt, Aggression, Dauerpolizeieinsätze in einer am Ende hoffnungslos überbelegten Einrichtung und überforderten Stadt – das ist dort zum Alltag geworden.

Ebenso bin ich über die politischen Entscheidungsträger der Thüringer Landesregierung sprachlos: Vor einigen Wochen gab es in Nordhausen einen Aufschrei, dass die Demokratie in Nordthüringen in Gefahr kommen kann, ein entsprechendes Wahlergebnis vorausgesetzt. Die Landesregierung, bestehend aus Linke, SPD und Grüne, offenbart mit ihrem jetzigen Vorgehen nun selbst ein großes Demokratiedefizit.

Ich bin Mitglied der CDU und weit davon entfernt, hämisch von der Seitenlinie zu winken. Aber das Nichteinbinden der Kommunalpolitik und der hiesigen Bevölkerung werte ich nicht nur als demokratieverachtend, sondern als direkten Angriff Selbige. Der Ministerpräsident zeigt offen seine Wertschätzung gegenüber der Nordhäuser Bevölkerung.

Klar hat er ein schlechtes Gewissen und weiß um sein politisches Irren in der Migrationsfrage. Nur wäre es konsequenter gewesen, eine Immobilie in Erfurt zu suchen. In der Landeshauptstadt gibt es sicher noch genug verwaltungstechnische Leistungsreserven. Hier im Landkreis und der Stadt Nordhausen ist die Grenze der Leistungsfähigkeit erreicht und bereits jetzt sämtliche Ressourcen aufgebraucht. Auch das Verständnis der Bevölkerung.

Ich fordere im Weiteren ein offenes und transparentes Ausschreibungsverfahren für die Einrichtung einer EAE mit der notwendigen Bürgerbeteiligung – eben nach demokratischen Grundsätzen. Wird ein solches Verfahren nicht transparent durchgeführt, kann es eine weitere, wohl benötigte EAE in keinem Landkreis des Freistaates geben.
Christian Döring

Update: Mittlerweile ist eine Petition gegen eine Erstaufnahmeeinrichtung in Nordhausen gestartet worden.

Eine weitere Petition, die direkt beim Thüringer Landtag ankommen würde, gibt es hier.