Erinnert

Gedenken an die Pogromnacht vor 85 Jahren

Donnerstag
09.11.2023, 17:45 Uhr
Autor:
psg
veröffentlicht unter:
Erinnerungen und Gedenken bekommen mit der Zeit einen Hauch von Wiederholung. Heute, 85 Jahre nach den faschistischen Pogromen in diesem Land, in dieser Stadt, wurde in Nordhausen auf zweierlei Weise erinnert und gedacht...

Schüler des Herder-Gymnasiums tragen Texte vor (Foto: nnz) Schüler des Herder-Gymnasiums tragen Texte vor (Foto: nnz)
Wieder waren es Schülerinnen und Schüler eines Nordhäuser Gymnasiums, die in ihren Vorträgen zwar Zahlen, Daten und Fakten in den Mittelpunkt stellten, die aber vielleicht ob ihrer Nüchternheit die Wirkungen des Schreckens, des Grauens, des Tötens, der Vernichtung jüdischen Lebens vervielfachten.

Zuvor hatte Nordhausens Oberbürgermeister an die Schrecken erinnert. Mit Blick auf das Heute sagte der OB: "Jüdisches Leben hat in Nordhausen Gegenwart und Zukunft." Zur Gegenwart gehört in diesen Tagen aber auch der Blick in den Nahen Osten.

Knapp 100 Menschen gedachten dem 9. November 1938 (Foto: nnz) Knapp 100 Menschen gedachten dem 9. November 1938 (Foto: nnz)
Die rund 100 Menschen, die zum Gedenkstein der einstigen Synagoge kamen, gedachten mit einer Schweigeminute der Opfer der Hamas in Israel. Zum Abschluss dieses Teils der Gedenkfeier wurden Blumen und Gebinde niedergelegt.

Gedenktafel eingeweiht (Foto: nnz) Gedenktafel eingeweiht (Foto: nnz)
In einem zweiten Teil der Erinnerung wurde auf dem Platz zwischen den beiden Nordhäuser Rathäusern eine Gedenktafel eingeweiht. Mit ihr soll an die Bücherverbrennung vor 90 Jahren erinnert werden.

PS Dazu ist jedoch ein kleiner Schlenker in die Geschichte von Nordhausen erlaubt, der auch einen kurzen Einblick in die Politspähre gewährt. Ob es in der Rolandstadt am 9. November 1933 tatsächlich eine Bücherverbrennung gegeben hat, ist historisch nicht 100prozentig belegt.

Im Rahmen eines Forschungsauftrages kam der Historiker Felix Kruse in einem Zwischenbericht zu folgenden Fazit: Außer in der Ellricher Zeitung finden sich keinerlei Hinweise, dass es am 10. November 1933 eine Bücherverbrennung gegeben haben soll. "Es stellt sich die Frage, ob der Publikation somit überhaupt ein Quellenwert zukommt". Auch der Stadtrat und der Denkmalbeirat hatten sich Anfang 2020 nicht einheitlich zu einem Antrag der SPD-Stadträtin Barbara Rinke positioniert.
Peter-Stefan Greiner