Kontroverse Meinungen bei Informationsveranstaltung

Diskussion um Einzelhandelskonzept hält an

Donnerstag
09.11.2023, 10:34 Uhr
Autor:
osch
veröffentlicht unter:
Über dreißig Interessierte hatten sich gestern Abend im Nordhäuser Ratssaal eingefunden, um sich ein weiteres Mal zu den „Ergebnissen des Einzelhandels- und Zentrumskonzepts“ der Stadt zu informieren. Darunter Einzelhändler, Unternehmer, Verwaltungsmitarbeiter und die nnz …

Wie geht es weiter mit dem Einzelhandel in der Nordhäuser Innenstadt? (Foto: nnz-Archiv) Wie geht es weiter mit dem Einzelhandel in der Nordhäuser Innenstadt? (Foto: nnz-Archiv)

Im Fokus stand der Bebauungsplan und die Regelungen für den Innenstadtbereich. Amtsleiter Martin Juckeland holte in seiner Einführung weit aus und verwies darauf, dass Nordhausen seit dem Bombardement 1945 kein Stadtzentrum mehr habe. In verschiedenen Forschungsprogrammen und Einzelhandelskonzepten wäre seit 1991 immer wieder diese Frage diskutiert worden; ohne Ergebnis.

Jetzt gibt es die Festlegung, dass die Innenstadt sich zwischen den beiden großen Verkaufstempeln Südharz Galerie und Marktpassage befinde. Dies sei der zentrale Versorgungsbereich, für den nun in Zusammenarbeit mit einem Berliner Planungsbüro Ansiedlungsregeln erlassen wurden. Diese Regeln, so erläuterte der Mitarbeiter des Planungsbüros, Herr Arndt, müssten dann in eine rechtliche Verbindlichkeit überführt werden.

Anhand der drei elementaren Nordhäuser Teilbereiche mit Großversorgern Zentrum, Nord und Salza solle sich orientiert und die Standorte für künftige Händler nach den zugelassenen Sortimenten bewertet werden. Wessen Sortiment von den Planern erfasst ist, der darf nicht am Stadtrand irgendwo seine Ware feilbieten. Was im Umkehrschluss heißt: er muss in der Kernzone einen Laden mieten. In vielen Städten funktioniere das schon sehr gut, behauptete Herr Arndt. Der Bebauungsplan als Richtschnur erspare lange Diskussionen; ein Blick darauf genüge dann und es sei klar, wer wo mieten oder bauen darf.

Stadtverwaltung und Planungsbüro verteidigten ihr Konzept (Foto: oas) Stadtverwaltung und Planungsbüro verteidigten ihr Konzept (Foto: oas)


In der anschließenden Diskussion zum Gehörten wunderte sich der Bauunternehmer Silvio Wagner darüber, dass neue Verbote und weitere Bürokratie geschaffen würde, die doch eigentlich abgebaut werden sollten. Es sei viel sinnvoller, mehr Anreize für neue Händler im Innenstadtbereich zu schaffen. Für den NUV-Chef Niels Neu ist das bisherige Ergebnis enttäuschend und er erinnerte sich an die gleiche Diskussion vor einem halben Jahr. Warum nicht mit den Händlern gesprochen worden sei, wollte er wissen und brachte drei Beispiele von Händleransiedlungen an, die dann nicht mehr funktionieren würden in der Peripherie, weil sie sich im innerstädtischen Bereich ansiedeln müssten. Der NUV sei gegen das Konzept.

Diese Befürchtungen versuchte Martin Juckeland ebenso zu entkräften wie jene von Inge Klaan, die als SWG-Geschäftsführerin einige der betreffenden Immobilien verwaltet. Der Bebauungsplan unterstelle, dass alle anderen Läden Einfluss auf die Kernzone hätten und würfe die Frage auf, wie sinnvoll es sei, eine derartige Steuerungslinie einziehen zu wollen, brachte Klaan in die Diskussion ein.

Der Plan basiere auf einem Gesetz aus dem Jahr 2007, stellte Herr Arndt klar, und die von den Stadträten eingebrachten Vorschläge dazu seien rechtlich nicht durchsetzbar. Dem entgegnete der Unternehmer Frank Kramer, dass es abzuwägen sei, welche Vor- und Nachteile das Konzept mit sich brächte. „Alles was von der Behörde reguliert wird, kann nicht gut sein“, sagte er und vertrat die Ansicht, der Markt reguliere sich selbst am besten. Das Konzept errichte nur unnötige Schranken. Ordentliche Parkplätze und attraktivere Geschäfte seien wichtiger.

Martin Juckeland betonte noch einmal, dass das Konzept ein Schutzschirm für die Händler sein soll und keine Verhinderung von Ansiedlung. Doch auch Pfarrer Richard Hentrich fände es besser, wenn man Mittel ersänne, Händler in den Leerstand zu locken, statt ihnen den Zugang zu verbieten. In dieser Richtung äußerte sich auch der Unternehmer Ulrich Schlegel, der mahnte, doch die Grenzen der Marktwirtschaft nicht zu verlassen und befürchtete, dass aufwändige Zustimmungsbeschlüsse für Händleransiedlungen in der Verwaltung subjektiv gehandhabt werden könnten.

Niels Neu konstatierte gegen Ende der Veranstaltung, dass viele Fragen offen blieben und er kritisierte nochmals, dass die Gespräche mit den meisten Händlern immer noch nicht geführt wurden und, obwohl im Stadtrat versprochen, es eben keine breite Beteiligung an dem Prozess gegeben habe und immer noch nicht gibt. Die Händler, die sich ansiedeln wollten dürften nicht gezwungen werden nachweisen zu müssen, warum sie ihr Gewerbe dort betreiben wollten. Seiner Meinung nach sei beispielsweise die Verkehrsplanung in der Stadt ein Aufgabengebiet, in das die Verwaltung ihre Energie stecken könnte.

Bei aller Kritik am Konzept gibt es jedoch auch Befürworter. Centermanager Torsten Pietzsch aus der Marktpassage hält die Umsetzung für notwendig, um die derzeitigen Einzelhandelsbestände zu schützen. Es dürften keine fiktiven Investoren daherkommen, die das Gefüge mit Ansiedlungen außerhalb der Innenstadt sprengten. Es müsse vermieden werden, dass in Nordhausen noch mehr Verkaufsfläche hinzukomme. Die Stadt hat fast die doppelte Fläche, den der Thüringer Durchschnitt aufweist.

Das letzte Wort ist für das Einzelhandelskonzept sicherlich noch nicht gesprochen. Denn das werden die Stadträte haben, die den Entwurf vor Monaten in erster Lesung in die Ausschüsse verwiesen hatten. Da bisher nicht viel am Papier verändert wurde bleibt die Zustimmung der Damen und Herren Volksvertreter zumindest fraglich. Und so könnte die jahrelange Planung der Verwaltung durchaus in eine nächste Runde gehen. Fortsetzung folgt; Ergebnis offen.
Olaf Schulze