Stressreduktion und psychische Resilienz

Du kannst nicht „nein“ sagen?

Sonnabend
04.11.2023, 10:43 Uhr
Autor:
red
veröffentlicht unter:
Einige Male hilft jeder bereitwillig aus und stellt seine eigenen Interessen und Bedürfnisse zurück. Aber irgendwann kommt für fast jeden der Punkt, wo es nötig ist, eine Bitte abzulehnen. Aber was ist, wenn es dir immer wieder schwer fällt „nein“ zu sagen?...

Helene Kempe ist Heilpraktikerin für Psychotherapie & Ganzheitliche Ernährungsberaterin (Foto: H.Kempe) Helene Kempe ist Heilpraktikerin für Psychotherapie & Ganzheitliche Ernährungsberaterin (Foto: H.Kempe)


1.Tipp: Nimm dir Bedenkzeit, bevor du Entscheidungen triffst
Bitte ruhig um Bedenkzeit. Du musst nicht auf der Stelle “ja” oder “nein” sagen, auch wenn der andere das gerne möchte. „Ich sage dir in fünf Minuten bescheid, ich muss einen Moment darüber nachdenken.” Gehe im Geiste Fragen durch, wie z.B.:
  • Möchte ich das tun oder geben?
  • Habe ich die Zeit, Kraft, Energie und Lust dazu?
  • Überfordert es mich?
  • Gerate ich dadurch in Stress?
  • Übergehe ich dadurch meine eigenen Bedürfnisse?

2.Tipp: Finde heraus, warum es Dir so schwer fällt, „nein“ zu sagen!

Die Angst, abgelehnt und nicht mehr gemocht zu werden
Eine Angst, die wir sowohl im Freundes- und Bekanntenkreis und in der Familie haben, aber auch im Job. Die meisten von uns machten schon als Kind die Erfahrung, dass manche Menschen uns nur dann mögen, wenn wir ihnen nützlich sind. Als Erwachsene können wir diesen Zusammenhang erkennen und müssen dieses Spiel nicht mitmachen. Menschen, die uns wirklich mögen, haben Verständnis für uns und unsere Situation. Entscheide dich dazu, dass du nicht von jemanden gemocht werden musst.

Angst vor Konsequenzen
Es ist sehr wichtig, die Situation möglichst objektiv und realistisch einzuschätzen. Es gibt tatsächlich Situationen, in denen es besser ist, “ja” zu sagen. Diese Situationen sind sehr viel seltener, als es sich anfühlt. Mache dir klar, dass du schon viele Konflikte in deinem Leben bewältigt hast und dass Konflikte zum Miteinander dazu gehören.

Du will nicht herzlos oder egoistisch wirken
Wirkliche Egoisten kommen gar nicht erst darauf, so zu denken. Aber, es kann durchaus sein, dass man es dir vorwirft. Der Egoismus-Vorwurf ist sehr wirkungsvoll, wenn man andere zu etwas bringen will. Nimm diesen Manipulationsversuch nicht hin. Du weißt selbst am besten, wie viel du für andere tust. Ein klarer Blick hilft dir hier schon viel weiter. Wenn du sehr unsicher bist, kannst du auch eine Person dazu befragen, die du gut kennst und dir wohl gesonnen ist.

Das Bedürfnis gebraucht zu werden
Diese Ursache liegt oft unbewusst in uns und ist deshalb gar nicht so leicht zu durchschauen. Für andere da sein zu können, gebraucht zu werden, helfen zu können – all das tut vielen Menschen sehr gut. Und es ist ja auch tatsächlich schön, anderen etwas Gutes tun zu können. Oft tun wir dies, um unser Grundbedürfnis nach Anerkennung und Bindung zu stillen. Gibt es auch andere Möglichkeiten? Wichtig ist, nicht die Balance zu verlieren und auf diese Weise ein so genanntes „Helfer-Syndrom“ zu entwickeln.

Angst, etwas zu versäumen
Finde heraus, was dir wirklich Spaß macht, was dir etwas gibt und trainiere, auch mal zu einer Einladung “nein” zu sagen oder an einer Veranstaltung nicht teilzunehmen. Den gewonnenen Freiraum wirst du auf eine ganz neue Art nutzen können.

Zu diesen inneren Ursachen kommen dann noch die Strategien derer, die uns zu etwas bringen wollen:
  • Schuldgefühle auslösen
  • Erpressung
  • Druck
  • Überrumpelung
  • Schmeicheleien
  • Mitleidstour

Hier hilft nur eines: diese Strategien erkennen, ansprechen dadurch und entlarven.

3.Tipp: Erkenne, welchen Preis Du zahlst, wenn Du „ja“ sagst
Mache dir klar, was es dich kostet, zu oft “ja” zu sagen.
  • Weniger Zeit, Kraft und Energie für deine eigenen Bedürfnisse, Vorhaben und Projekte oder für die Menschen, für die du lieber etwas tun würdest.
  • Überlastung
  • Stress, weil die zusätzlichen Aufgaben zu denen hinzukommen, die du schon erledigen musst.
  • Ärger darüber, doch wieder nachgegeben zu haben.
  • Nach einer gewissen Zeit das nagende Gefühl, ausgenutzt zu werden

Menschen, die sich schwer damit tun, “nein” zu sagen, stellen ihre eigenen Bedürfnisse oft hinten an. Du bist wichtig! Deine Kraft ist nicht endlos. Es ist deine Aufgabe, gut für Dich zu sorgen!

4.Tipp: Gib dir die Erlaubnis „nein“ zu sagen
Erlaube dir also,“nein” zu sagen – es ist dein gutes Recht und deine Verantwortung für dich! Warte nicht darauf, dass andere Menschen dir dazu die Erlaubnis erteilen! Diejenigen, die etwas von dir wollen, haben nur wenig Interesse daran, dass du für dich sorgst.

5.Tipp: Sage freundlich aber klar „nein“
Sei klar und eineindeutig, aber dabei freundlich.


-Verständnis zeigen – Indem du Verständnis für die Bitte des anderen zeigst, wirkt jedes “Nein” viel weicher. Sage so etwas wie “Dass du so im Zeitstress bist, tut mir sehr leid, aber ich kann dir leider heute trotzdem nicht aushelfen.”

-Bedanken - “Ich fühle mich geehrt, dass Sie da an mich denken, aber mein Terminkalender ist leider komplett voll.”

-Manchmal reicht auch ein Teil-Nein – Häufig muss man gar kein striktes “Nein” sagen. Wenn du z.B. nur heute keine Zeit hast, es dir aber nichts ausmachen würde, die Aufgabe morgen zu übernehmen, dann kannst du das genauso sagen. Oder vielleicht bist du bereit, einen Teil der Bitte zu erfüllen, dann biete das an.

Ich wünsche Ihnen viel Freude beim freundlichen „NEIN“ sagen.
Helene Kempe