Besuch beim Kinder- und Jugendstadtrat

Was ist eigentlich der "KiJuStaR"?

Sonntag
22.10.2023, 16:15 Uhr
Autor:
red
veröffentlicht unter:
Dem Nachwuchs gehört die Zukunft, aber manch Jugendlicher würde sicher auch schon in der Gegenwart gerne gehört werden. Seit einiger Zeit gibt es in Nordhausen dafür den Kinder- und Jugendstadtrat, kurz „KiJuStaR“. Und hier wird nicht nur zugehört, man kann auch etwas erreichen…

Der Kinder- und Jugendstadtrat, kurz "KiJuStaR" hat für den alten und neuen OB Kai Buchmann noch eine ganze Reihe Fragen aus der Nordhäuser Jugend parat, die man demnächst übergeben will (Foto: agl) Der Kinder- und Jugendstadtrat, kurz "KiJuStaR" hat für den alten und neuen OB Kai Buchmann noch eine ganze Reihe Fragen aus der Nordhäuser Jugend parat, die man demnächst übergeben will (Foto: agl)

Die Jugend versteht nicht, was die Alten tun und die Alten wissen nicht, was die Jugend will - Generationenkonflikte sind so alt wie die Menschheit selbst und das die jeweils nächste Generation ganz sicher der Untergang der Gesellschaft sein wird, dessen war man sich schon im alten Sumer sicher.

Das sich Jung und Alt an manchen Punkten näher sind als einen die Volksweisheit glauben macht, zeigt sich dann, wenn man den Nachwuchs tatsächlich mitmachen lässt. In den letzten Jahren wurden dafür vermehrt Möglichkeiten geschaffen, darunter auch der „Kinder- und Jugendstadtrat“ in Nordhausen. Den gibt es seit 2019 und am Rande des Nachrichtenalltags sind dessen Aktivitäten seitdem unter dem Kürzel „KiJuStaR“ immer mal wieder aufgetaucht, zuletzt vor allem bei der OB-Wahl. Zusammen mit der zweiten Vertretung, dem Kinder- und Jugendparlament auf Kreisebene, hat man die Kandidaten im Clubhaus gegrillt und Befragungen an den Schulen durchgeführt.

Das Gremium wird nicht gewählt, wer zwischen 7 und 17 Jahren alt ist, der darf zu den aktuell elf Mitgliedern hinzustoßen und mitmachen. Friederike und ihr Bruder kamen er durch Zufall dazu. Sie hätten zu Hause nur noch rumgehangen, wussten nichts recht mit sich anzufangen, bis der Vater die Reißleine zog, der vom „KiJuStaR“ gehört hatte. Nun ist elterlicher Zwang aus Sicht der Jugend nicht der beste Motivator und doch sind die Geschwister bis heute mit dabei, gehören sogar zu den „Urgesteinen“ der Gruppe. Warum? Weil sie sehen, dass sie etwas bewegen können, sagt Friederike. „Ich habe gesehen das ich mich für meine Interessen einsetzen kann und das sich tatsächlich auch etwas verändert. Das hat Spaß gemacht und deshalb sind wir dabei geblieben.“ Außerdem winkt zum Anreiz am Ende des Projektes auch ein Büchergutschein, als kleine Entlohnung für die Mühen, das ist beim großen Stadrat ja ganz ähnlich.

Einen eigenen Podcast hat man aufgenommen und plant weitere Folgen, man besucht Ausschuss- und Stadtratssitzungen, auch um eigene Vorschläge einzubringen und verfügt über ein eigenes, kleines Budget mit dem zum Beispiel eine legale Graffiti Wand angeschafft werden konnte. Wer Zeit hat vertritt den KiJuStaR auch bei Veranstaltungen, zuletzt bei einer Ausstellungseröffnung zum Weltkindertag, bei der Kinder- und Zwangsarbeit im 21. Jahrhundert im Fokus standen.

Und man entfaltet eigene Aktivität, etwa die Aktion „Nordhausen blüht auf“, bei der die Rautenstraße um ein paar bienenfreundliche Blumenkisten ergänzt wurde oder die „Plastikpiraten“, die am Zorgeufer für Ordnung gesorgt haben. Man hat eine eigene Stellungnahme zur Sportförderung an Schulen verfasst und sich in der Spiel- und Freizeitplanung in Ost eingebracht. Im Idealfall läuft es wie beim „großen“ Stadtrat - ein Problem in der Stadt wird an die Vertreter herangetragen und die können dann Lösungen da einfordern, wo sie umgesetzt werden. Für den „KiJuStaR“ war der Skatepark auf dem Petersberg so ein Moment. In dem kleinen Gremium ist kein „Skater“ aber man kennt sich schließlich. Das Problem mit der maroden Anlage wird also kommuniziert, landet im kleinen Nachwuchs-Stadtrat, wird hier diskutiert und schließlich als Anregung nach oben in den Ratssaal weitergegeben, der dann im Sinne der Jugendlichen handeln kann.

Eingebettet ist der „KiJuStaR“ in die Initiative „Kinderfreundliche Kommune“, ein hinreichend komplizierter Prozess aus Bestandsaufnahmen, Befragungen, Evaluierungen und Konzeptionen, der letztlich die Lebensqualität des Nachwuchses in Nordhausen steigern soll. Insgesamt 14 zentrale Handlungsfelder haben sich dabei herauskristallisiert, erklärt Steffi Pfeifer, die den Prozess an sich wie auch den „KiJuStaR“ von Seiten der Verwaltung betreut. „Die Schnittmenge von dem was die Erwachsenen als wichtig erachten und dem, was für die Kinder wichtig ist, war erfreulich hoch“, berichtet Pfeiffer. Mehr Mitbestimmung und zwar früher und öfter, steht hoch im Kurs aber auch Themen wie die Sicherheit in der Stadt.

Der KiJuStaR tagt im Moment im Seminarraum des Bürgerhauses, in Zukunft könnte man sich aber auch andere Treffpunkte vorstellen (Foto: agl) Der KiJuStaR tagt im Moment im Seminarraum des Bürgerhauses, in Zukunft könnte man sich aber auch andere Treffpunkte vorstellen (Foto: agl)


Die Differenz liegt oft mehr in der Sprache als in der Sache. Die Evaluation spricht von der Notwendigkeit, mehr Aneignungsorte zu schaffen, die Jugendlichen hätten gerne einen Treffpunkt mit Sitzgelegenheiten und der Möglichkeit sich unterzustellen, wenn das Wetter mal nicht mitspielt. Gäbe es solche Orte, würden andere Bereiche - wie die Marktpassage oder der Bahnhof - weniger Zulauf haben, ist man sich im KiJuStaR sicher.

Ideen, Vorschläge und Wünsche hat man also und auch die Möglichkeit diese zu kommunizieren. Woran es noch hapert, ist die öffentliche Wahrnehmung. Im jeweiligen Klassenverbund wissen die Mitschüler von den Umtrieben der Ratsmitglieder, darüber hinaus sei das Gremium aber vielfach unbekannt. Das soll sich bald ändern, man befasst sich zur Zeit eingehend mit der Öffentlichkeitsarbeit. Eine Instagramm Seite hat man schon, der nächste Podcast steht in den Startlöchern und ein paar schicke Flyer sind in der Mache.

Wer jetzt vielleicht Interesse gefunden hat am „KiJuStaR“ und wissen will, wie man mitmachen kann, der wird hier fündig.
Angelo Glashagel