Einem Ortsteilbürgermeister platzt der Kragen

"Wieder Schlagbaum vor den Ort und Maut kassieren"

Freitag
20.10.2023, 09:47 Uhr
Autor:
red
veröffentlicht unter:
Erste Schäden durch Umleitungsverkehr B4
Bereits nach zwei Wochen starker Verkehrsbelastung, durch den Schwerlastverkehr der Umleitung B4, zeigen sich massive Schäden an der Landesstraße L 2067 in Gudersleben.

Am Dienstag meldeten mir Anwohner um 7 Uhr einen Wasserrohrbruch in der Obersachswerfener Straße. Leider konnte ich unter der Bereitschaftsnummer des Wasserverbandes niemanden erreichen, hatte aber zum Glück die Handynummer von Herrn Schminkel, Untere Verkehrsbehörde, welcher sofort half. Um 8 Uhr war bereits Verkehrstechnik Klein vor Ort, um die Schadenstelle abzusichern und um 13 Uhr waren die Monteure von der Firma Watterodt in Gudersleben, um den Rohrbruch zu reparieren.

Unter schwierigsten Bedingungen (der LKW-Verkehr der B4 rollte weiter), huben sie die Baugrube aus, legten die Rohrleitung frei, tauschten die kaputten Rohre aus und verfüllten, bis in die späten Abendstunden, die Baugrube wieder. Am Mittwoch wurde bereits der Asphalt wieder komplettiert. Für diese Leistung gilt es meinen besonderen Dank auszusprechen.

Nun zu meiner Kritik:
Die Wasserleitung, welche hier repariert wurde, sollte bereits 2021 ausgetauscht werden. Eigentlich sollte auf das Loch in der Stahlleitung nur eine Schelle zum Abdichten geklemmt werden. Allerdings ist die Rohrleitung so marode, dass bei den Handschachtarbeiten (nur beim Anstoßen der Leitung) ein weiteres Loch aufgerissen wurde und die Rohre auf einer Länge von 1,5 Metern ausgetauscht werden mussten.

Das Schöne bei diesen Schachtarbeiten war für mich allerdings, den Straßenaufbau mal im Schnitt sehen zu können. Die Obersachswerfener Straße wurde jedenfalls nie für diese Verkehrslast ausgebaut. Es ist ganz einfach ein asphaltierter Feldweg, zu dem nach der Wende jemand gesagt hat: "Ab heute bist Du eine Landesstraße und als Landesstraße musst du auch einen Umleitungsverkehr einer Bundesstraße aufnehmen können." Schade nur, dass dies die Straße nicht weiß. Denn nach der Wende erfolgte kein grundhafter Ausbau, vielmehr wurde auf die wassergebundene Decke nur eine zehn Zentimeter starke, besser gesagt dünne Grobasphaltschicht aufgetragen. Eine Asphaltdecke, sofern sie ganz ist, soll die Lasten des LKW-Verkehrs aufnehmen und über die Fläche auf den Untergrund übertragen. Nur ist die Asphaltdecke, da auch kein tragfähiger Untergrund besteht, bereits jetzt in tausend Stücke zerbrochen und die Verkehrslasten werden nicht mehr über eine größere Fläche verteilt. Daraus resultiert, dass die Erschütterungen der 40-Tonner direkt als Punktlast übertragen werden, welche tiefliegende Leitungen zerstört.

Ich habe mich bei den Mitarbeitern der Firma Watterodt für Ihre Leistung bedankt und Ihnen auch gleich mitgeteilt, dass wir uns in den zwei Jahren Umleitungsverkehr noch öfters sehen werden (ich vielleicht nicht mehr als Bürgermeister).
Ich hatte vorher schon angemerkt, dass bei der Planung einer Umleitungsstrecke diese vorher auf ihre Tauglichkeit überprüft werden müsste. Dies ist nicht geschehen.

Aber mal ein anderer Vorschlag: Zu DDR-Zeiten wurden, wenn ein neues Baugebiet entstand, zuerst eine Baustraße verlegt. Wer kennt sie nicht mehr, die konischen Betonelemente, welche an jeder Seite zwei Löcher hatten, wo man die Anschlagmittel einhängen konnte um diese Platten dann mit einem Bagger T174 zu verlegen?

Hierfür war nur eine Planierung des Untergrundes nötig, etwas Kies als Ausgleich, Platten drauf, fertig. Über diese Behelfsstraße rollte der gesamte Baustellenschwerlastverkehr. Nach der Baumaßnahme Platten wieder aufnehmen zur nächsten Baustelle und so weiter. Dies ging schnell und war nachhaltig. Und das geht heute nicht mehr?

Ist es nicht möglich, um eine Baustelle, eine 500 Meter lange Behelfsstraße zu bauen? Dann könnte wenigstens der PKW-Verkehr um die Baustelle geleitet werden.
Oder ist dies auch zu teuer und man nimmt lieber die Pleite der Anliegerfirmen und Geschäfte in Kauf.

Was ist nur aus unserer deutschen Ingenieurskunst geworden? Wir reglementieren uns kaputt und kriegen nichts mehr hin. Während die Türkei in knapp fünf Jahren einen der modernsten Flughäfen in Europa baut, China währen der Coronapandemie in zwei Wochen ein funktionsfähiges Krankenhaus hochzieht, legen wir für einen Straßenbau einen ganzen Ort für zwei Jahre tot (siehe Mauderode), oder sind sogar stolz darauf, dass wir für 200 Meter Straßenneubau in Niedersachswerfen nur „15 Monate“ gebraucht haben.

Noch trauriger ist allerdings, dass ich als Ortsteilbürgermeister, vom Eigentümer der Ortsdurchgangsstraße, dem Land Thüringen, keine Aussage erhalte, ob überhaupt und wann diese Straße wieder gemacht werden soll. Dass kein Geld da ist hat man mir schon erzählt, interessiert mich aber nicht.

Ein Land, welches finanziell nicht mehr in der Lage ist seine Infrastruktur zu erhalten, bzw. zu erneuern, ist kein führendes Industrieland, sondern ein Entwicklungsland! Die Regierung eines Entwicklungslandes sollte nicht durch die Welt reisen und „Hilfsgelder“ verteilen, sondern lieber selbst bei der EU Aufbauhilfen beantragen. Wenn Thüringen pleite ist, soll unsere Landesregierung Insolvenz anmelden, dann übernehmen wir die Straße wieder in Eigenregie, machen vor den Ort wieder einen Schlagbaum und kassieren Maut. Ich kann auch ein wenig sarkastisch sein.
Norbert König, Ortsteilbürgermeister Gudersleben