Lichtblick fürs Wochenende

Im Hier und jetzt

Freitag
20.10.2023, 09:00 Uhr
Autor:
red
veröffentlicht unter:
In meiner Kindheit versammelte sich die Familie wie viele andere regelmäßig um zwanzig Uhr vor dem Fernseher, um die („West“-)Nachrichten zu schauen. Die Viertelstunde schien uns besser zu informieren als die Tageszeitung, bei der wir eher zwischen den Zeilen zu lesen versuchten als ihren eigentlichen Inhalt...

Heute denke ich manchmal, wie überschaubar doch die Nachrichtenlage für uns alle damals gewesen war. Man nahm zur Kenntnis und trieb sein Tagewerk weiter voran. Oder schaute einfach die nachfolgende Sendung, falls sie dem eigenem Geschmack passend schien.

Heute sind wir von einer Vielzahl von Medien umgeben. Angesichts der scheinbar explosiven Weltlage könnte man den ganzen Tag damit verbringen, alle News zur Kenntnis zu nehmen. Stündlich, ja manchmal minütlich wechseln sich die Schlagzeilen und Sondermeldungen ab und verdrängen einander – die deutsche Innenpolitik, der Krieg in der Ukraine, die Auseinandersetzungen Israels mit der Hamas - und vieles mehr. Und auch die Klimaveränderungen verlangen nach bleibender Aufmerksamkeit. Und jedes Mal fühlen auch wir unmittelbar betroffen. Dabei stellen sich Aussagen oft gegenseitig in Frage. Wer hat Recht? Was ist Wahrheit? Das alles überfordert viele. Oder macht gar Angst. Und manch einer flüchtet ganz aus der Realität, indem er für sie Augen und Ohren zu verschließen sucht. Die eigene Ohnmacht, die Wirklichkeit zu bewerten und gar zu ändern, frustriert.

Psychologen empfehlen, den Konsum der vielen News zu begrenzen. Manche raten, wiederhole ich gern, auf zwanzig Minuten am Tag. Unsere eigene Welt muss auch wahrgenommen und gelebt werden. Oft haben wir nur auf sie Einfluss. Und schon hier gibt es Schicksale und Geschichten, die es wert sind, wahrgenommen zu werden. Übrigens nicht in erster Linie, in dem ich nun diese mit meinen Erwartungen überziehe. Sondern indem ich mich selbst für sie in gute Bahnen lenken lasse. Jesus hat gelehrt, nicht gleich die ganze Welt zu umarmen. Das dürfte uns alle überfordern. Die jeweils mir Nächsten, unsere Mitmenschen, die uns gerade begegnen, sind oft schon Herausforderung genug. Aber wenn es gut geht, für uns dann ebenso eine Quelle neuen Lebensmutes. Und was wir nicht ändern können, können wir immerhin Gott anbefehlen. Ein bescheidenes Rezept, gewiss – aber ein gesundes, wie ich finde.
Ihr Pfarrer Andreas Möller aus Körner