Kreisausschuss debattierte heute ohne Landrat

Mehr Flüchtlinge und mehr Mitsprache

Montag
16.10.2023, 18:25 Uhr
Autor:
osch
veröffentlicht unter:
Der wieder genesene Landrat Matthias Jendricke hatte heute seinen 1. Beigeordneten Stefan Nüßle die Leitung des Kreisausschusses übergeben. Der musste sich am Ende einiges an Kritik für seinen abwesenden Dienstherren anhören …

Nachdenkliche Kreistagsmitglieder heute unter der Leitung von Stefan Nüßle (Foto: oas) Nachdenkliche Kreistagsmitglieder heute unter der Leitung von Stefan Nüßle (Foto: oas)

Wichtigste Erkenntnis aber war heute, dass es vor dem am Donnerstag beratenden Ausschuss im Landesverwaltungsamt keine Zusage zum Haushalt geben und der nächste Kreistag deshalb aus dem Oktober auf den 7. November verschoben wird. Man sei für eine Zustimmung aber „guter Hoffnung“, wie es Nüßle ausdrückte, ohne mit Zahlen spekulieren zu wollen. Doch zum Haushalt später noch mehr.

Zuerst ging es um den zunehmenden Flüchtlingsstrom, der auch vor dem Landkreis Nordhausen nicht Halt machen wird. Obwohl es keine Unterkünfte mehr gibt, die großen Nordhäuser Vermieterfirmen auf Anfrage ganze fünf freie Wohnungen benennen konnten, wird es in den nächsten sechs Wochen weitere Lieferungen von Flüchtlingen, oder wie sie jetzt genannt werden „Ankommenden“, geben. Drei Busse mit 35 - 50 Leuten werden erwartet, die zur Verschlechterung der Situation in den Gemeinschaftsunterkünften führen dürften. Denn egal ob 120 oder 150 „Ankommende“, die Kapazitäten sind erschöpft. Die Belegung von Turnhallen sei die allerletzte Instanz, betonte Nüßle, aber immerhin wird schon laut darüber nachgedacht.

In den Gemeinschaftsunterkünften des Kreises sind derzeit 537 Menschen untergebracht, 206 davon sind Ukrainer, die sofort dort raus und in eine Wohnung ziehen könnten, wenn sie denn eine fänden. Den Sülzhaynern wurde versprochen, dass nicht noch mehr Flüchtlinge in ihren Ort kommen, bleiben noch Nordhausen, Sollstedt, und Neustadt als mögliche Aufnahmeorte.

Der CDU-Fraktionsführer René Fullmann meint, dass der Landkreis schon mehr Ukrainer aufgenommen habe als er musste und verlangt nun vom Landrat, dass endlich Zahlen veröffentlicht werden, welcher Nationalität wieviele der Neuankömmlinge sind. Seine Frage, ob der Kreis sich an der Bewerbung um eine neue Erstaufnahmeeinrichting in Nordthüringen beteilige, verneinte Stefan Nüßle ausdrücklich.

Nach einigen Beschlüssen über Auftragsvergaben und der Zusage für finanzielle Unterstützung der weiteren Familien- und Seniorenförderung stimmte der Kreisausschuss dem Plan zu, 151.000 Euro aus Landesmitteln, die für zusätzliche Maßnahmen zur Förderung der Kreismusikschule ausgegeben werden müssen, für die Sanierung des Hofbereichs zu nutzen. Über die Weiterfinanzierung der Theatergesellschafteranteile des Landkreises gab es dagegen heute nichts zu hören.

Im abschließenden Punkt „Anfragen“ brachte René Fullmann den Brief an den Landrat an, über den wir hier schon berichteten und der das Verwaltungsoberhaupt zur friedlichen Zusammenarbeit mit dem Nordhäuser Oberbürgermeister bewegen soll. Kai Liebig von der Fraktion der Bürgerliste Südharz forderte mehr Transparenz bei der Haushaltsdiskussion ein und bezeichnete die momentane Situation als unbefriedigend. Seit Juli hätte es keinen Austausch darüber gegeben, Schreiben des Landesverwaltungsamtes erhielten die Abgeordneten zu spät oder gar nicht und der Haushaltsansatz ohne die Bedarfszuweisungen sei ein enormer Kraftakt. „Wir haben uns in den letzten Jahren arm gerechnet, nur um mehr zum bekommen, als uns zustand“, resümierte er und warf die Frage in den Raum: „Wer entscheidet nun, was zukünftig und in welchem Ressort gespart werden soll? Wann wird das ausgewertet?“ Und Liebig fordert: „Wir wollen dabei sein!“ Zustimmung erhielt er aus den Reihen der CDU-Fraktion sowohl von Carola Böck als auch von René Fullmann. Auch sie wollen in Zukunft mit den Kreistagsmitgliedern im Vorfeld in Klausur zum Haushalt gehen und keine vollendeten Tatsachen mehr abnicken müssen.
Olaf Schulze

Update 7.30 Uhr: Wie der Chef des Neustädter Ratskellers, Frank Pojtinger, gegenüber der nnz erklärte, werde er keine weiteren Flüchtlinge in Immobilien seiner Familie aufnehmen. Er habe im vergangenen Jahr mehrere ukrainische Familien aufgenommen, dabei bleibe es.