Reisetagebuch aus Israel

So wie immer, aber ganz anders

Montag
09.10.2023, 09:12 Uhr
Autor:
red
veröffentlicht unter:
In Israel, von wo uns in den letzten Tagen entsetzliche Bilder und Nachrichten erreichen, bereist derzeit eine Nordhäuser Gruppe die Partnerstadt Bet Shemesh. Hauke Meinhold berichtet in seinem Tagebuch über die bedrückenden Stimmung in Jerusalem...

Leere Straßen und Plätze im sonst so belebten Jerusalem (Foto: Hauke Meinhold) Leere Straßen und Plätze im sonst so belebten Jerusalem (Foto: Hauke Meinhold)

Hier der dritte Tag in Hauke Meinhold Reisetagebuch:

In dieser Nacht haben wir gut geschlafen – die Sirenen haben geschwiegen. Der heftige Raketenbeschuss schien vorbei zu sein. Zunächst hieß es, Touristengruppen müssten im Hotel bleiben. Dann kam zum Glück eine Ausnahmeregelung für Jerusalem. So konnten wir – in enger Abstimmung mit der einheimischen Reiseagentur – mit unserem Reiseleiter die Altstadt von Jerusalem zu Fuß erkunden. Es ist ein faszinierendes Gewirr von Gassen mit tausenden Geschäften und Cafés. Aber heute waren fast alle von ihnen geschlossen, die Tore waren zu. Es waren außer einigen Touristengruppen wenig Menschen auf den Straßen.

Eine Ausnahme davon war die Grabeskirche, die auf Englisch Kirche der Auferstehung genannt wird. Dort war wie immer ein großes Gedränge an dem Ort, an dem das Kreuz Jesu gestanden haben soll. Vor dem Grab Jesu, das sich heute unter demselben Kirchendach befindet, hätte man lange anstehen müssen. Die Grabeskirche ist eine der ältesten erhaltenen Kirchen der Antike. Sie wurde von Kaiserin Helena um das Jahr 330 gebaut und ein Teil der Kirche ist seit dieser Zeit heute noch intakt.

Nur wenige Minuten davon entfernt, kamen wir zur Westmauer, die bei uns Klagemauer genannt wird. Auch dort waren nur wenige Menschen. Das war um so erstaunlicher, als heute Simchat Tora war, ein Fest, an dem man viele Betende hätte erwarten können. Wir konnten wie die Juden an dieser westlichen Mauer des zweiten Jerusalemer Tempels ein Gebet sprechen. Es werden viele Gebete für den Frieden darunter gewesen sein.

Direkt hinter der Westmauer beginnt der Tempelberg, auf dem sich die Al-Aksa-Moschee und der Felsendom befinden, die den Muslimen besonders heilig sind. Es ist ein Weg von gerademal 500 Metern, auf dem diese wichtigen Orte für Judentum, Christentum und Islam liegen.

Nachdenkliche Gesichter unter den Touristen an der Grabeskirche Jesu in Jerusalem (Foto: Haule Meinhold) Nachdenkliche Gesichter unter den Touristen an der Grabeskirche Jesu in Jerusalem (Foto: Haule Meinhold)

Die alten Gassen und Gebäude sahen natürlich aus wie immer. Das Gefühl war heute ganz anders. Statt des Gewusels von vielen Menschen und des Durcheinanders verschiedener Sprachen, war es heute sehr still. Wir wünschen der Stadt Jerusalem die Lebendigkeit rasch zurück.

Als Reisegruppe hat es uns gutgetan, etwas zu unternehmen und die wichtigsten Sehenswürdigkeiten besuchen zu können. Ob das auch morgen möglich sein wird, werden wir sehen.
Hauke Meinhold