Kopf an Kopf Rennen geht an Buchmann

Nordhäuser Wahlkrimi

Sonntag
24.09.2023, 22:07 Uhr
Autor:
red
veröffentlicht unter:
Die Wähler haben Nordhausen heute einen veritablen Wahlkrimi beschert, beide Kandidaten lieferten sich in der Stichwahl lange ein Kopf-an-Kopf Rennen. Die nnz hat Stimmen und Impressionen vom Wahlabend gesammelt...

Medienrummel im Nordhäuser Ratssaal (Foto: agl) Medienrummel im Nordhäuser Ratssaal (Foto: agl)


Die Welt schaute heute Abend auf Nordhausen, nicht nur die Kameras und Mikrofone der deutschen Medienlandschaft waren heute auf die Stadt gerichtet. Und die Nordhäuser Wähler haben den Beobachtern einen veritablen Wahlkrimi geliefert. Beide Kandidaten, Jörg Prophet für die AfD und Amtsinhaber Kai Buchmann lagen lange Kopf-an-Kopf, mitunter gleichauf.

Im gut besuchten Ratssaal wurde die Auszählung Bezirk für Bezirk verfolgt, 28 ausgezählt, Prophet knapp vorne mit 50,1 Prozent, 31 Bezirke, beide gleichauf, 33 Prophet wieder knapp vorne, 35 wieder Buchmann - das Nervenkostüm der Beobachter beider Lager wurde arg strapaziert. Erst mit den letzten Wahlbezirken vergrößert sich das Feld, am Ende stehen 54,9 Prozent auf der Seite des Amtsinhabers.

Im Ratsaal brandet Jubel auf als auch der letzte Wahlbezirk ausgezählt ist, der alte und neue Oberbürgermeister wird von Kameras umlagert, vor der Bibliothek ist man in Feierlaune. Sie freue sich schlicht über den Wahlausgang, war etwa Annika Gruner von der SPD zu vernehmen, die Wahl habe gezeigt, dass sich die Nordhäuser Bürgerschaft nicht in eine Ecke schieben lasse. „Ich bin Stolz auf meine Stadt“, sagt Landratspräsidentin Birgit Pommer. Frei von Zweifeln sei sie nicht gewesen, erzählt die ehemalige Landrätin, die Nordhäuser hätten aber einmal mehr gezeigt, dass sie sich nicht vereinnahmen lassen. Für Alexander Scharff, der gestern noch dabei geholfen hatte, dass Fest des Bündnisses „Nordhausen zusammen“ zu organisieren, ist der Wahlausgang kein Sieg des Kandidaten, den habe man zwei Wochen lang kaum zu Gesicht bekommen. Es sei ein Sieg der Menschen, die sich dafür eingesetzt haben, die AfD demokratisch zu verhindern. „Was einer Stadt Kontinuität gibt ist gut“, so das Fazit von Inge Klaan, die vor sechs Jahren in der Stichwahl gegen Buchmann unterlag. Man müsse nun gemeinsam sehen, dass es auch voran gehe.

Und der Wahlsieger? Äußert sich gewohnt Wortkarg. Er empfinde große Dankbarkeit für das Wahlergebnis. Er werde den Abend nun ausklingen lassen, morgen müsse zusammen für die Zukunft Nordhausens arbeiten.

Bei der AfD war die Stimmung den Umständen entsprechend gedrückt. Den Abend über hätten sie gebangt und gehofft, erzählen zwei Damen vor der Pforte der „Schönen Aussicht“, natürlich hatten sie gehofft, ihr Kandidat würde das Rennen machen. Nazis und Faschisten gebe es hier keine, nur normale Leute, man sei fast schon wie eine Familie. Die vergangenen beiden Wochen seien für sie nicht leicht gewesen und der Abend sei letztlich enttäuschend und traurig zu Ende gegangen.

Jörg Prophet war nicht zu sprechen, für ihn sprang Andreas Leupold, der stellvertretende Fraktionsvorsitzende der AfD im Stadtrat, in die Bresche. Leupold kann dem Ergebnis auch positives abgewinnen, die Enttäuschung sei im ersten Moment natürlich da gewesen, die Stimmung im Haus aber nicht über das Maß bedrückend. Man sei dankbar für die vielen Stimmen und habe das Ergebnis aus dem ersten Wahlgang noch ein wenig steigern können. Wichtiger sei aber, dass man als politische Einheit in Nordhausen aufgetreten sei, ein alternatives Angebot unterbreitet habe und zeigen konnte, dass man Wahlkämpfe ordentlich führen könne. Die AfD bedanke sich bei Jörg Prophet, der sich einem stressigen Wahlkampf gestellt und „enorme Diffamierungen“ über sich habe ergehen lassen müssen.

Dem Wahlsieger werde man die Hand reichen, damit es für Nordhausen vorangehen könne, Herr Buchmann habe dabei aber auch eine „Bringschuld“ gegenüber jenen, bei denen er in der Vergangenheit viel Porzellan zerschlagen habe. Die „kommunikative Katastrophe“ müsse ein Ende haben und Buchmann lernen, wie man ordentlich und respektvoll mit dem Stadtrat und den umliegenden Gemeinden umgehe.

Die erste Chance dafür ist nicht fern, bereits am Mittwoch werden sich alle Beteiligten im Stadtrat wieder gegenüber sitzen.
Angelo Glashagel