Lichtblick zum Wochenende

Sonnenhungrig und zufrieden

Sonnabend
16.09.2023, 09:00 Uhr
Autor:
red
veröffentlicht unter:
Eine Anekdote über den Philosophen Diogenes erzählt folgendes: Der weise Philosoph Diogenes hatte im Flusswasser ausgiebig gebadet und ruhte nun auf einem Felsen in der Sonne. Ihre Wärme tat dem Mann gut und er genoss diese kostenlose Wohltat ausgiebig...

Da ritt Alexander von Mazedonien mit seinem ganzen Gefolge und in herrlicher Pracht an ihm vorbei. Als er den armen Philosophen sah, bedauerte er ihn und sagte zu ihm: „Ach, du armseliger Mensch, bitte mich um etwas und ich will es dir geben, was auch immer du möchtest.“ Diogenes überlegte nicht lange und antwortete sehr höflich: „Geh mir aus der Sonne!“
Was für eine unerwartete Antwort. Was hätten Menschen heute wohl geantwortet. Ich lese diese Antwort mit Staunen und nachdenklichen Gedanken. Geh mir aus der Sonne! Es ist nicht bösartig gemeint, sondern macht deutlich, was Diogenes gerade wirklich wichtig ist. Er ist zufrieden mit der Sonne. Er ist zufrieden in dieser Situation. Er braucht gerade nichts anderes. Wie schön, denke ich und habe doch auch andere Gedanken. Neben allen Gedanken, was sich Diogenes eigentlich hätte wünschen können oder sollen, bin ich an einen Psalmvers erinnert. Im Psalm 84, Vers 12 heißt es: „Denn Gott der Herr ist Sonne und Schild, der Herr gibt Gnade und Ehre!“

Sonne und Schild! Schutz vor Sonnenbrand oder Leuten wie dieser Alexander?

Ganz anders. In Gottes Gegenwart kann ich mich ausstrecken, entspannen, neue Kraft tanken, die Seele baumeln lassen und die Zeit genießen. „Geh mir aus der Sonne!“ würde dann bedeutet, dass ich Menschen wegschicke, die sich einmischen und meinen zu wissen, wie es mir geht.

Bei Diogenes ist Alexander einfach davon ausgegangen, dass es ihm schlecht geht. Woher kommt diese Annahme? Weil er im Fluss badet, dann in der Sonne trocknet? Weil er nicht in einem geheizten Badehaus nach einem ausgiebigem Schaumbad von Dienern mit weißen weichen Tüchern abgetrocknet wird?
Wieso meinen manchmal andere zu wissen, dass es mit meinem Glauben nicht mehr so gut stehen kann oder gar sollte, weil es gerade sehr schwierige Zeiten sind, durch die ich gehe?

„Gott der Herr, ist Sonne und Schild …“ wenn ich in seiner Gegenwart bin, erlebe ich Geborgenheit und genieße die Wärme seiner Zuwendung. Gleichzeitig erlebe ich aber auch seinen Schutz, in Form von Begleitung, Stärkung und Abschirmung. Wir alle wissen wohl auch, wie wichtig Zuwendung und Sicherheit sind, wie sehr wir also in diesem Sinne auch „sonnenhungrig“ sind. Es weckt die Lebensgeister wieder und lässt neuen Mut erwachsen, wo nach vielen tristen Tagen keiner mehr ist.

Diogenes liegt in der Sonne und lässt sich nicht beirren oder ablenken. Er nimmt sich die Zeit, genießt sie und erlebt, wie ihm die Sonne Herz und Seele wärmt. Ich wünschte, wir würden uns immer wieder diese Zeit nehmen, Gottes Gegenwart ausgiebig genießen, Störende und Störendes wegschicken und erleben, wie Herz und Seele erwärmt werden. Auftanken und in schwierigen Zeiten von der „gespeicherten“ Wärme und den Erinnerungen an diese wärmenden Zeiten zehren. Dann erleben wir ganz nebenbei auch den zweiten Versteil: „… der Herr gibt Gnade und Ehre!“
In diesem Sinne wünsche ich Ihnen in jeder Hinsicht ein sonniges Wochenende und eine ebenso sonnige Woche.
Pastorin Steffi Wiegleb