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Wer ist die beste Wahl?

Sonnabend
02.09.2023, 08:58 Uhr
Autor:
red
veröffentlicht unter:
In einer knappen Woche ist es soweit - die Nordhäuser Wählerschaft ist dazu angehalten, die Karten im Rathaus neu zu mischen oder alles beim Alten zu belassen. nnz-Leser Kurt David hat sich seine eigenen Gedanken zu den Kandidaten gemacht...

Ich könnte jetzt einen Namen nennen und dann wäre dieser Artikel auch schon zu Ende, aber das wäre zu einfach und nicht zielführend. Deshalb folgt zunächst ein kleiner Rückblick:

Nordhausen wurde 18 Jahre lang von einer Frau regiert, von 1994 bis 2012 – von der Nachwendezeit bis durch die Weltwirtschaftskrise. In diesen Jahren hat sich Nordhausen stark verändert: Viele Kriegswunden wurden geschlossen, die Brache ‚Petersberg‘ wurde zu einem schönen Park umgestaltet und vieles andere mehr. Unsere damalige Oberbürgermeisterin hat es verstanden, sämtliche Fördertöpfe „anzuzapfen“ und alles Mögliche für die Stadt zu akquirieren, um Bauten und Sanierungen umsetzen zu können. Sie hatte eine Idee von der Entwicklung der Stadt und wollte sie zu einem besseren Ort gestalten. Das ist ihr – entgegen der Unkenrufe, die gern verklärend nach hinten schauen – außerordentlich gut gelungen.

Ihr Nachfolger hat dann voller Elan die „Sparkeule“ geschwungen, gestrichen, gekürzt und eingespart ohne Rücksicht auf die Auswirkungen. Selbst Blumenschmuck am Rathaus und in der Rautenstraßen sind diesem selbstauferlegten Sparzwang zum Opfer gefallen. Darüber hinaus hat er hauptsächlich versucht, Fehler bei seiner Vorgängerin zu suchen, unnötige kostspielige Gutachten erstellen lassen und Rechtsstreitigkeiten ausgefochten, anstatt die Stadt weiterzuentwickeln. Für Nordhausen hat er in seinen fünf Jahren Amtszeit aber kaum etwas erwirkt.

Ihm folgte ein parteiloser Hoffnungsträger, der von seinem damaligen „Wahlprogramm“ kaum etwas umzusetzen vermag. Da wurde von „Transparenz“ fabuliert, aber intransparenter war die Stadtführung wohl noch nie. Dafür hat er große Teile des Stadtrates parteiübergeifend gegen sich gebracht und am Stadtrat vorbeiregiert, statt gemeinsam Probleme anzupacken. Er hat sich mit ebenso unnötigen Rechtsstreitigkeiten zu einem Supermarktumbau beschäftigt, statt etwas für Nordhausen anzuschieben. Aus seinem Wahlprogramm von 2017 ist zu entnehmen, dass er monatlich 300 Euro spenden wollte. Wo sind denn die insgesamt über 21.000 Euro als Spende eingegangen?

Mit dem Bau der neuen Feuerwache rühmt er seine ‚Erfolge‘, aber die Planung dazu geht noch zurück auf die Amtszeit von Frau Rinke. Wenn ihr Nachfolger nicht die Standortwahl in Frage gestellt hätte, dann wäre der Bau wohl deutlich früher fertiggestellt worden. Und Theateranbau und -sanierung fanden zwar während seiner Amtszeit statt, aber die Planungen wurden ebenfalls bereits zur Zeit der Oberbürgermeisterin angeschoben. Die Straßenbahn würde er dagegen am liebsten stilllegen oder an den Landkreis abgeben, statt über eine Erweiterung nachzudenken.

Über seinen Umgang mit dem Personal im Rathaus wurde ja in den letzten Wochen ausreichend berichtet. Gängelung, Mobbing, sachgrundlose Versetzungen und regelrechtes Kaputtspielen von Menschen, die eigentlich unsere Stadt verwalten sollen und wollen. Persönliche Fehler im Umgang mit dem Rathauspersonal sieht er bei sich nicht. Zusammenfassend kann man also sagen: Er hat versucht zu verwalten und nicht zu gestalten und hat bei beidem versagt. Die Finanzen im Blick zu haben ist zwar nicht falsch, aber eine Stadt kann man nicht nur aus betriebswirtschaftlicher Sicht führen. Während seiner gesamten Amtszeit wurden die Finanzen der Stadt künstlich schlecht geredet und gerechnet, um bloß keine neuen Projekte und Ideen verwirklichen zu müssen. Auf seinen Plakaten wirbt er nun mit dem Slogan „unabhängig und ehrlich“. Inwiefern das zutrifft, ist jedoch zweifelhaft. Beispielsweise mit Blick auf Äußerungen zur Entwicklung der Kiesseen oder im Umgang mit den eigenen Kolleginnen und Kollegen.

Fehler und Versäumnisse bei sich sieht er nicht, stattdessen schiebt er Fehler gern auf andere: seine Vorgänger, seine (ehemalige) Beigeordnete, die jetzige Bürgermeisterin, den Stadtrat, die Verwaltung, Erfurt und Berlin – das ist ein bisschen zu leicht für den Verantwortungsbereich einer B5-Besoldung. Auch ansonsten ist er gesellschaftlich kaum in Erscheinung getreten. Als Stadtoberhaupt war er nie geeignet, das haben die letzten sechs Jahre gezeigt. Also nicht wählbar.

Nun steht die OB-Wahl und damit eine Entscheidung über die Zukunft Nordhausens an: Dabei fallen vier weitere Kandidaten eigentlich schon durch ihr recht hohes Alter aus dem Rennen, da sie das Amt nur für maximal eine Legislatur bekleiden können, weinig zukunftsorientiert. Aber der Reihe nach…

Mit gesundem Menschenverstand kann man keinen Vertreter einer offen rechtsradikalen Partei wählen, der sich zudem auch in keiner Weise von den offen faschistischen Strömungen und Personen innerhalb dieser Organisation distanzieren möchte. Aber warum auch – schließlich hat er den Regionalverband seiner Partei gemeinsam mit B. Höcke gegründet. Der Herr mit den Hosenträgern versucht sich zwar krampfhaft als Mann der Wirtschaft zu verkaufen, aber genau seine Wahl wäre es, die Investoren, Unternehmen und Fachkräfte abschrecken lassen würde. Nordhausen würde durch diese Person bundesweit negative Schlagzeilen produzieren. Also nicht wählbar.

Der nächste Kandidat kommt aus Weimar und lässt bislang keinen Bezug zu Nordhausen erkennen. Es scheint vielmehr als sei er von seiner Partei aus Frust ins Rennen geschickt worden, daher glänzt er größtenteils mit Abwesenheit. Laut Interview hat er sich in den zurückliegenden Wochen etwas mit der Stadt Nordhausen beschäftigt - immerhin. Es bleibt die offensichtliche Frage: Wie soll ein vollkommen Ortsfremder vernünftige Politik für Nordhausen machen? Also nicht wählbar.

Ein weiterer Kandidat ist Schulleiter. Über ihn kann ich nicht viel sagen, außer dass er nicht sehr sympathisch daherzukommen vermag und es ihm unglaublich wichtig erscheint, überall zu betonen, dass er parteilos ist, obwohl er doch nicht nur für die CDU antritt, sondern auch für sie im Stadtrat sitzt. Damit möchte er sicher seine Unabhängigkeit unter Beweis stellen, hat uns bei dem letzten Parteilosen auch nicht geholfen – im Gegenteil. Aber Lehrkräfte sind „Mangelware“, also sollte er vielleicht besser in der Schule bleiben.

Nummer fünf ist der älteste im Kandidatenkarussell und stammt aus Düssledorf. Er hat als Richter einige Jahre in Nordhausen gearbeitet und hat zumindest dadurch einen gewissen Bezug zur Stadt, aber mit über 60 kann er wohl auch nicht viel in einer Amtszeit erreichen.

Bleibt die einzige Frau übrig. Eine junge, sympathisch wirkende Mutter zweier Kinder mit Verwaltungserfahrung und vielfältigem gesellschaftlichem Engagement. Sie wirkt nahbar, kann zuhören und hat als einzige gute Kontakte nach Erfurt und Berlin – für eine Stadt wie Nordhausen sehr entscheidend. Auch arbeitet sie gut mit dem Landrat zusammen und könnte den jahrelang anhaltenden Streit zwischen Stadt und Landkreis beilegen. Aber vor allen Dingen hat sie eine Idee, wie sich Nordhausen weiterentwickeln soll, anstatt kaputtgespart oder in den Schlaf verwaltet zu werden. Eine weitere Frau an der Rathausspitze würde Nordhausen gut zu Gesicht stehen. Das sollten die Wählerinnen und Wähler bedenken.

Kurt David
(Ich bin über 50 und wohne seit meiner Geburt in Nordhausen.)