Ministerin Denstädt und OB-Kandidat Meyer stellten sich Bürgerfragen

Kontroverse Gesprächsrunde in der Rothleimmühle

Sonnabend
26.08.2023, 09:15 Uhr
Autor:
red
veröffentlicht unter:
 Etwa 30 Interessierte fanden sich am frühen Freitagabend im Seminarraum der Nordhäuser Rothleimmühle ein, um an einer Gesprächsrunde mit der Thüringer Ministerin für Migration, Justiz und Verbraucherschutz, Doreen Denstädt, sowie dem Oberbürgermeisterkandidaten von Bündnis 90/Die Grünen, Carsten Meyer, teilzunehmen...

Kritische Fragen hatten die Grünen-Politiker gestern in der Rothleimmühle zu beantworten (Foto: M.Fromm) Kritische Fragen hatten die Grünen-Politiker gestern in der Rothleimmühle zu beantworten (Foto: M.Fromm)

Nach einer sehr knappen Begrüßung und einer ganz kurzen Vorstellungsrunde des Podiums durften auch gleich die ersten Fragen aus dem Publikum gestellt werden. Warum der aus Weimar stammende und dort wohnende Herr Meyer ausgerechnet Stadtoberhaupt in Nordhausen werden wolle, lautete die erste fragende Wortmeldung.  

Weil er sich für die Belange der Nordhäuser einsetzen möchte und für die Kandidatur nicht zwangsläufig in Nordhausen wohnen müsse. Außerdem hätte sich sonst niemand anderes aus seiner Partei gefunden, der dazu bereit gewesen wäre, so die kernige Aussage. Auf Nachfrage, zu seiner Meinung über die „Zustände“ in Sülzhayn, entgegnete Meyer, dass dieses Thema für ihn als Nordhäuser OB nicht relevant wäre. Die Stimmung im kleinen Saal konnte trotz 30 Grad Außentemperatur als frostig bezeichnet werden. So gut wie alle Redebeiträge der Gäste waren kritischer Natur oder hatten zumindest einen solchen Unterton. Kurz ging es zum Beginn um das Thema Justiz, was zwar einen persönlichen Hintergrund einer einzelnen Bürgerin hatte, aber in allgemeine Kritik über die Arbeitsweise des Nordhäuser Amtsgerichts mündete.   

Doch schon bald kehrte der Meinungsaustausch auf das allseits bestimmende Thema Migration zurück. Dass dabei innerhalb weniger Sätze zwischen Welt- und Europapolitik über Bundes- und Landespolitik bis hin zur Kommunalpolitik vieles vermischt und teilweise in einen Topf geworfen wurde, machte es manchen Anwesenden nicht leicht, den Ausführungen der Fragensteller und der Politiker zu folgen.

Eine strukturierte Gesprächskultur war selten erkennbar und es wurde sich oft gegenseitig vorgeworfen, dass man sich nicht richtig zuhöre oder gar die inhaltliche Botschaft des Gegenübers verstehen würde. Als die Ministerin oder der OB-Kandidat einige Zusammenhänge zu erklären versuchten, gab es immer wieder Zwischenrufe bzw. Fragen.   

Somit wurde die Veranstaltung wenig konstruktiv und war von vielen subjektiven Empfindungen der Anwesenden geprägt. Immerhin konnte Frau Denstädt darlegen, dass die Bundesregierung sich gerade in einem Prozess befinde, um gezielte Zuwanderung von perspektivisch benötigten Fachkräften aus dem Ausland, zu organisieren. Im Moment sei vieles unkontrolliert und nicht zielführend.  

Dennoch brauche es Zuzug aus dem Ausland, auch in den Landkreis Nordhausen, um auf Dauer die Sozialsysteme aufrecht erhalten zu können, da die Bevölkerungsentwicklung ohnehin rückläufig sei, so die Ministerin sinngemäß.

Das Publikum hatte sich dem Anschein nach mehr Fakten und Statistiken gewünscht. Es wurde mehrfach von politischer Seite auf „das Netz“ verwiesen, in dem alle Daten stünden. Eine Zahl nannte Carsten Meyer dann doch fast beiläufig. Aktuell liegt der Migrantenanteil im Landkreis Nordhausen bei 7,6 Prozent der Gesamtbevölkerung, inklusive der ca. 1.900 aufgenommenen Ukrainer.

Bei seinen anwesenden Parteikollegen stellte sich im Kopf die Frage, wie der politische Gegner angesichts dieses geringen Wertes von unter einem Zehntel von „Überfremdung“ sprechen könne.

Und dennoch ließen die Bürger im Publikum nicht locker und konfrontierten die beiden Politiker mit Beispielen, die ihrer Meinung nach schief laufen. Da wurde ein Syrer genannt, der ein prall gefülltes Bankkonto in der Schweiz hätte und in Deutschland trotzdem Sozialleistungen beziehe oder eine Gruppe Afrikaner, die jeden Abend vor der Marktpassage abhängen und dort für Unruhe sorgen würde.

Somit war es offensichtlich, dass Meyer und Denstädt die Frage aufwarfen, ob damit alle Schutzsuchenden über einen Kamm geschoren werden sollen. Schon entgegneten mehrere Redner, dass ihrer Meinung nach zahlreiche Flüchtlinge aus wirtschaftlicher Not ihr Heimatland verlassen hätten. Frau Denstädt betonte nochmals, dass wir in Deutschland und konkret in Thüringen eine bessere Willkommenskultur bräuchten.
Auch dieser Begriff wurde wieder hinterfragt und die Diskussion begann, sich im Kreis zu drehen. Die offensichtlich unterschiedlichen Weltanschauungen der Politiker und eines Teils des Publikums führten zwangsläufig nicht zu einem Konsens.

Dennoch betonte der Oberbürgermeisterkandidat, dass er weiterhin den Austausch mit den Menschen suche und bezeichnete seine Bereitschaft zum Amt des Nordhäuser Stadtoberhaupts als „keine Spaßkandidatur“. Frau Denstädt hingegen wird nach dem umfangreichen Tag im Landkreis Nordhausen mit gemischten Gefühlen nach Erfurt zurückgefahren sein.
Markus Fromm