Lichtblick zum Wochenende

„Ich bin froh, dass ich hier geblieben bin. Das hat sich gelohnt.“

Freitag
28.07.2023, 12:30 Uhr
Autor:
red
veröffentlicht unter:
Das, liebe Leserinnen und Leser, sagte ein Kind bei einer Ferienübernachtung in der nächtlich dunklen Kirche, kurz vor dem Einschlafen. Dem vorangegangen war ein Tag mit Spielen, Pizzabacken, Kirchturmbesteigung und Kino im Kirchenschiff...

Und kurz vorm Schlafengehen kam sie eben: die große Heimwehwelle. Die Aufregung des Tages hat sich gelegt und das Gehirn bemerkt, dass etwas ganz anders ist als sonst. Unbekannt. Vielleicht bedrohlich.

Nach einem kurzen Anruf bei Mutti und Vati entscheidet das Kind zaghaft, die Nacht an anderem Ort zu probieren. Und da lagen sie dann alle, eingemummelt in Decken und Schlafsäcke. Ein kleines Nachtlicht steht dazwischen- und wird im Laufe der Nacht erlöschen, weil die Batterien alle sind. Sie erzählen sich abwechselnd alberne Geschichten und kommen aus dem Kichern nicht mehr heraus. Irgendwann geht es ins Flüstern über. Die Kinder erzählen, an welchen Orten der Kirche ihnen mulmig ist, wie die Heiligenbilder nachts wirken oder der große Totenkopf auf der Grabplatte an der Wand des Altarraums. Mucksmäuschenstill ist es. Jedes kleine Geräusch hallt durch das Kirchenschiff. Regelmäßig schlägt die Glocke. Mancher kann nicht gleich schlafen und liegt noch eine ganze Weile wach. Schatten wirken seltsam.

Aber aller Grusel ist nur in unserem Kopf, erkläre ich den Kindern. Warum man überhaupt Gruselgeschichten erzählt, wenn man dann doch Angst bekommt, möchte eines wissen. Ja, eine berechtigte Frage. Aber Grusel ist eben auch spannend und macht neugierig, deswegen gibt es solche Geschichten.

Einen realen Grund zum Gruseln gibt es im Kirchenschiff aber nicht. Wozu auch? Gespenster gibt’s nicht- da sind sich alle einig. Die Tür ist zu und nachts läuft keiner mehr herum. Die Jugendlichen schlafen ganz in der Nähe, die Betreuer gleich an den Stufen zum Altar. Jede Nacht geht irgendwann vorbei. Und falls die Angst zu groß würde, hätten die Betreuer sicher die eine oder andere Stelle des Mutmachens aus der Bibel, die ja in einer Kirche passenderweise herumliegt.
Die Angst wurde nicht zu groß. Schnell war das historische nächtliche Gemäuer wieder ein abenteuerlicher Ort.
Und dann kam der Satz, es habe sich gelohnt, zu bleiben.

Ich habe mich da an meine erste große Reise erinnert, als ich das erste Mal am Flughafen-Gate den großen Flieger sah, der mich über den Atlantik bringen sollte. Da wankte ich auch kurz zwischen Abbruch und Wagemut. Der Mut gewann und es hat sich gelohnt.

Sicher erinnern Sie sich auch an ein kleines oder großes Erlebnis dieser Art.

Und wenn ich so groß sprechen darf: unserer Gesellschaft im Großen täte auch mehr Erinnerung an eigenen Wagemut gut.

Erinnern Sie sich daran. Und geben Sie sich hin und wieder einen Schubs in Richtung neuer Erfahrungen. Vor allem, wenn sie unbequem beginnen. Außerhalb der Komfortzone können wir lernen und wachsen. Und es ist gut möglich, dass wir dann sagen: „Ich bin froh über meine Entscheidung. Das hat sich gelohnt.“

Mit besten Grüßen
Ihr Thomas Endter