KLAUS ROMER NACH 72 ARBEITSJAHREN:

„Die Druckerei war mein Leben“

Montag
17.07.2023, 21:08 Uhr
Autor:
psg
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„Geschäft nach 72 Arbeitsjahren übergeben“, titelte kürzlich diese Zeitung. Gemeint war Klaus Romer, der die Südharzdruckerei in die Hände seines Sohnes Steffen legte. Die Schlagzeile weckte in nnz-Autor Kurt Frank Erinnerungen an eine längst vergangene Zeit...

Nach 72 Arbeitsjahren übergab Klaus Romer die Südharzdruckerei an Sohn Steffen, der jetzt das Familienunternehmen allein führt. (Foto: Kurt Frank) Nach 72 Arbeitsjahren übergab Klaus Romer die Südharzdruckerei an Sohn Steffen, der jetzt das Familienunternehmen allein führt. (Foto: Kurt Frank)
Nordhausen. Ich lernte Klaus Romer 1961 kennen. Als Redaktionsassistent begann ich als junger Kerl meine Tätigkeit bei einer Tageszeitung. Klaus hatte da seine Lehrzeit als Schriftsetzer hinter sich, die er am 1. September 1951 mit 14 Jahren begonnen hatte.

Blei und Setzkasten dominierten in jener Zeit die Zeitungsherstellung. Romers Betrieb druckte „Das Volk“ neben Nordhausen auch für die Kreise Worbis und Heiligenstadt. Wir in der Redaktion brachten unsere Manuskripte Tag für Tag in die Druckerei, wo wir am Abend die Abzüge Korrektur lasen und mit Schriftsetzern plauderten.

Eng war die Bindung zur Druckerei und ihren Mitarbeitern. Unter ihnen ein junger und dynamischer Kollege, den man mir als Klaus Romer vorstellte. Dass der 24-Jährige schon glücklich mit seiner großen Liebe Margot verheiratet und stolzer Vater seines ersten Sohnes Michael war, blieb vorerst sein Geheimnis.

Lokalredaktion und Druckerei, die seinerzeit über 30 Leute beschäftigte, waren wie eine große Familie verbunden.

Der Fassbieranstich jedes Jahr zu Silvester war Tradition. War die Lokalausgabe geschrieben und rundum alles fertig, stand dem Umtrunk nichts mehr im Wege. Eine Kollegialität untereinander, die heute Seltenheitswert hat.

Klaus Romer als Schriftsetzer-Lehrling. Ein Leben lang blieb er dem Betrieb verbunden, erlebte Höhen und Tiefen. (Foto: privat) Klaus Romer als Schriftsetzer-Lehrling. Ein Leben lang blieb er dem Betrieb verbunden, erlebte Höhen und Tiefen. (Foto: privat) 1966 führte „Das Volk“ als erste Tageszeitung ein hochmodernes Verfahren ein: den Offsetdruck. Klaus übernahm ihn später als Betriebsleiter, der er 1968 wurde, für seine Druckerei. Mit dem Offsetdruck, Gegenstand seiner Ingenieur-Diplomarbeit, erlangten Blei und Setzkasten Museumswert.

Verloren gingen danach die Bindungen zwischen Redaktion und Druckerei. Erst Jahre später führte mich der Weg wieder zu ihr. Mit dem damaligen Vorsitzenden des Sportvereins LV Altstadt brachten wir regelmäßig das „Altstädter Sportecho“ heraus. Eines Tages saßen wir erneut beisammen. Klaus hatte die 70 längst schon überschritten. „Wenn er 80 ist, versetzen wir ihn in den Ruhestand“, meinte ein Familienmitglied. Es sollten weitere Jahre vergehen. Erst mit 86 übergab er den Betrieb an Sohn Steffen.

Warum nicht eher?, fragte ich Klaus. Die Druckerei, antwortete er, sei sein Leben, seine Arbeit, sein Schaffen, Freude und Kummer gewesen – vom Lehrling über den Firmenchef bis zu seinem Ausscheiden sei er mit Leib und Seele mit ihr verbunden gewesen. „Ich konnte einfach nicht loslassen, obwohl ich wusste, dass der Familienbetrieb in den Händen meines Sohnes auch ohne mich gut aufgehoben wäre“. Diese Druckereiliebe habe er wohl von seinen Eltern, die in einer solchen beschäftigt waren.

Die Druckerei in Nordhausen sollte nach der Wende weiter leben und eine Zukunft haben. Unbedingt! Geduld, Zeit und Stehvermögen investierte Klaus Romer in all seine Bemühungen: Im April 1991 erwarben er und Siegfried Jungfer aus Herzberg, Herausgeber des „Harzkurier“, von der Treuhand die Druckerei und privatisierten sie.

1999 kaufte Sohn Steffen die Geschäftsanteile von Jungfer ab. Seitdem ist die Druckerei in den Händen der Familie Romer, die kräftig in die Moderne investierte. Sechs Leute stehen in Lohn und Brot. Hauptgeschäftsfeld ist selbst durchschreibendes Papier. Für Rechnungen, Lieferscheine, Quittungen, Blocks. Bestellung- und Auslieferung erfolgt für das In- und Ausland jeweils über das Internet.

Klaus und ich sind in die Jahre gekommen. Beide erlebten wir Höhen und Tiefen, Freude, aber auch Stress und Ärger. Mit der Bilanz unseres Lebens sind wir zufrieden. Über Jahrzehnte blieben wir dem jeweiligen Unternehmen verbunden. Insgesamt aber ist er mir sowohl an der Zahl der Arbeitsjahre als auch der an Enkelkindern und Urenkeln weit voraus. Klaus, dir weiterhin alles Gute.
Kurt Frank