Nordhäuser Stadtwerke mit Wertstoff-Hof und Berufsmesse

Neue Ideen zur Fachkräftegewinnung

Sonntag
02.07.2023, 16:30 Uhr
Autor:
osch
veröffentlicht unter:
Zum allmonatlichen Arbeitsmarktgespräch, in dem die neusten Zahlen vorliegen und ein Unternehmen der Region sich vorstellen kann, hatten am Freitag die Nordhäuser Stadtwerke geladen. Holdingchef Olaf Salomon und der Geschäftsführer der Südharz Werke, Thomas Mund, wussten Interessantes und Neues zu berichten …

Carsten Froböse und Olaf Salomon mit dem Plakat für die Berufsmesse im Herbst (Foto: oas) Carsten Froböse und Olaf Salomon mit dem Plakat für die Berufsmesse im Herbst (Foto: oas)

Ein rückläufiges Beschäftigungswachstum, eine steigende Arbeitslosigkeit, hauptsächlich verursacht durch Ukraine-Flüchtlinge und Asylbewerber und sogar eine gestiegene Jugendarbeitslosigkeit musste Agenturchef Carsten Froböse heute bekanntgeben. Wir berichteten schon ausführlich darüber.

Dem stehen über 2.800 offene Stellen gegenüber, die nicht besetzt wegen können. Hauptsächlich Handwerker und Pfleger, aber eben auch Berufskraftfahrer fehlen in solchen Größenordnungen, dass sich die Kreisverkehrsbetriebe Nordhausen schon gezwungen sahen, auf einigen Stadtlinien einzelne Fahrten auszusetzen. Ein demographisches Problem, weiß Froböse, der erläuterte, dass 27 Prozent aller in Nordthüringen Beschäftigten über 55 Jahre alt sind, aber nur 8,7 Prozent unter 25 Jahre. Die müssen in absehbarer Zeit die scheidende Generation ersetzen. Oder anders ausgedrückt: auf zehn Ältere, die bald in Rente gehen, kommen gerade mal drei Jugendliche, die diese Lücke nicht füllen können. Bei den Berufskraftfahrern im Nordthüringer Gebiet sind es mit 36 Prozent über ein Drittel der aktiven Fahrer, die älter als 55 sind.

„Ausländische Arbeitnehmer werden also überall dringend gebraucht“, sagte der Agenturchef im Pressegespräch. Ein kleiner Trost ist, dass bis zum Jahre 2030 in Thüringen die Anzahl der Schulabgänger wieder steigt, wenn auch nicht in dem Maße, die demographische Delle auszugleichen. Es sei aber jetzt ein guter Zeitpunkt für die Firmen, ihre Fühler auszustrecken und massiv für sich und ihr Unternehmen unter den Schülern zu werben. Sehr gut sei für dieses Unterfangen der „Tag in der Praxis“, den Schüler der ausgehenden 8. und beginnenden 9. Klassen jetzt in einem von vier Betrieben absolvieren können, für die sie sich im Vorfeld beworben haben. Das schult die spätere Jobsuche und kann schon erste Fingerzeige auf den künftigen Beruf geben bzw. darauf, welcher Beruf den Schülern persönlich nicht geeignet erscheint. Die Initiative von Schulamt, Agentur für Arbeit, IHK und Kreishandwerkerschaft hat sich gut entwickelt. Waren zu Beginn vor Jahresfrist drei Regelschulen mit 120 Unternehmen involviert, so sind es heute bereit 13 Regelschulen mit 450 Unternehmen in den vier Nordthüringer Landkreisen.

Eigene Berufsmesse
Im September starten die Stadtwerke mit einer eigenen Berufsmesse und stellen an einem Donnerstagnachmittag (7. September) von 13 bis 18 Uhr direkt am Arbeitsplatz in der Robert-Blum-Straße alle acht Ausbildungsberufe vor, die im Unternehmen angeboten werden. Vom Fachangestellten für Bäderbetrieb über Kaufleute, Elektroniker und Mechatroniker bis hin zu Kraftfahrern, Informatikern und Speditionskaufleuten wird eine breite Palette beruflicher Möglichkeiten angeboten.


Gleich mehrere Unternehmen gehören zur Stadtwerke Holding in Nordhausen, deren Geschäftsführer Olaf Salomon als Gastgeber einige Ausführungen zur Situation tätigte. Stolze 154 Millionen Euro setzten die acht Firmen der Holding im Jahre 2020 um, 456 Mitarbeiter arbeiten im Unternehmen. Die Energiekrise habe auch die Stadtwerke vor enorme Probleme gestellt, sagte Salomon, Preiserhöhungen konnten jedoch aufgrund einer guten und langfristigen Einkaufspolitik auf dem Energiemarkt vermieden werden. Eine Branche stehe immer besonders im Fokus; die der Kraftfahrer. Hier arbeiten die Stadtwerke intensiv mit der Arbeitsagentur zusammen und dennoch fehlen so viele Fahrer, dass es zu Ausfällen im Linienverkehr kam. Die anderen Dienstleistungsbereiche seien glücklicherweise noch nicht betroffen. Durch den „Tag in der Praxis“ hofft Olaf Salomon auf weniger Berufsabbrecher in der Ausbildung, wenn die jungen Leute schon wüssten, was auf sie zukommt. „Wir haben Probleme, die offenen Lehrstellen mit Bewerbern zu besetzen, die alle notwendigen Voraussetzungen mitbringen“, räumte er ein. Um den Beruf des Kraftfahrers zu erlernen, sei ein Regelschulabschluss günstig, es gibt aber auch Lehrlinge mit einem Hauptschulabschluss, die ihre Sache gut machten.

Wertstoff-Hof entsteht
Ein neues Projekt der Stadtwerke stellte im Anschluss Thomas Mund, der Geschäftsführer der Südharz Werke vor. Direkt gegenüber des Stadtwerke-Hauptgebäudes, auf der anderen Straßenseite der Robert-Blum-Straße wird in einem Jahr ein funkelnagelneuer Wertstoff-Hof stehen. Am nächsten Dienstag beginnen die Arbeiten daran und auch der Landkreis wird
sich mit seinen Entsorgungsbetrieben dem Projekt anschließen. Für die Bürger bedeutet das, dass sie ihre Wertstoffabfälle bis hin zum Sperrmüll zukünftig zu diese zentralen Anlaufstelle des Landkreises bringen und dort entsorgen können. Diesem deutschlandweiten Trend können sich die Stadtwerke anschließen, weil sie das Grundstücke auf der gegenüberliegenden Straßenseite günstig erwerben konnten. Die hier abgelieferten Grünabfälle werden an Ort und Stelle verheizt und die erzeugte Wärme in ein Beheizungssystem eingefügt. Also ist er auch noch sehr ökologisch und energetisch wertvoll, der Wertstoff-Hof.

Tabea Meyer (l.) übernimmt im August die Aufgaben der Pressesprecherin der Agentur für Arbeit  (Foto: oas) Tabea Meyer (l.) übernimmt im August die Aufgaben der Pressesprecherin der Agentur für Arbeit (Foto: oas)

Wechsel in der Öffentlichkeitsarbeit der Agentur
Die langjährige Pressesprecherin der Agentur, Andrea Springer, hatte heute ihren letzten Auftritt und stellte ihre Nachfolgerin vor. Künftig wird Tabea Meyer diese Funktion übernehmen, die einst in Nordhausen studierte und schon seit 2004 in der Agentur und im Jobcenter Erfahrungen sammelte. Andrea Springer, eine Arbeitsamtsangestellte der ersten Stunde in Nordhausen, verabschiedete sich unter dem Applaus der Anwesenden in den wohlverdienten Ruhestand.
Olaf Schulze