NUV lud OB-Kandidaten ein

Erster Schlagabtausch beim Sommerfest

Montag
26.06.2023, 21:37 Uhr
Autor:
red
veröffentlicht unter:
Im Sommer lädt der Nordthüringer Unternehmerverband traditionell zur großen Zusammenkunft. Die feierte man heute im frisch umgebauten Autohaus Peter und unter den Vorzeichen der kommenden Nordhäuser OB-Wahl. Deren Kandidaten durften sich vor der versammelten Wirtschaft einen ersten Schlagabtausch liefern. Einer fehlte dabei allerdings…

v.l. Stefan Marx, Alexandra Rieger, Andreas Trump und Jörg Prophet (Foto: agl) v.l. Stefan Marx, Alexandra Rieger, Andreas Trump und Jörg Prophet (Foto: agl)

Was in Nordthüringens Wirtschaft und Politik Rang und Namen hat, kam heute im neuen Mercedes Autohaus der Peter Gruppe zum Sommerfest des Unternehmerverbandes zusammen. Etwas über 250 Personen bevölkerten am Ende die neuen Hallen. Zwei neue Mitglieder konnte man dabei in den eigenen Reihen willkommen heißen, den Mühlhäuser Bauunternehmer Robert Böhm und Gastronom und Hotelier Sebastian Langer, der mit seiner Kalkhütte auch für die Verköstigung sorgte.

#Unter den Gästen waren auch die Kandidaten der anstehenden Oberbürgermeisterwahl, Minus des suspendierten Amtsinhabers. Kai Buchmann hatte sein Kommen zwar angekündigt, heute morgen aber kurzfristig abgesagt, erklärte NUV-Vorstand Niels Neu die Lage.

Menschen machen Geschäfte
Bevor jedoch die Aspiranten auf das Nordhäuser Rathaus das Wort hatten, war erst einmal der Gastgeber dran. Helmut Peter erinnerte sich mit Wehmut an sein altes Haus und auch an die vielen Feiern und Bälle, die man Abseits des Alltagsgeschäftes hier gefeiert hatte. Die neuen Räume würden sich derweil gut eignen, derlei Aktivität wieder aufzunehmen, aber das sei nur am Rande bemerkt.

Peter holte in seiner Rede zum Rundumschlag aus, zunächst gegen die Politik im Allgemeinen. Vorstellungen wie die vier Tage Woche seien im eigenen Haus nicht realisierbar und durch derart hochgesteckte Ziele drohe der alte Motor der deutschen Wirtschaft, die Automobilindustrie, ins Hintertreffen zu geraten. Die Regierung müsse endlich aufwachen und damit aufhören, sich in Wirtschaftsprozesse einzumischen.

Nordhausen sei eine Wirtschaftsmetropole und könne es bleiben, wenn man denn dem Mantra folge, dass es Menschen sind, die Geschäfte machen. Lob hatte Peter für Ministerpräsident Ramelow übrig, bei aller Kritik habe der sich immer gut um die Wirtschaft gekümmert.

Unverständlich sei hingegen, wie kommunale Großinvestitionen, man denke an das Theater und die neue Feuerwache, regelmäßig aus dem finanziellen Ruder liefen. Die eigene Unternehmensgruppe hat in den letzten Jahren 40 Millionen Euro investiert und sei im Plan geblieben und in Mühlhausen sei es gar gelungen, die neue Spielstätte des Thüringer HC günstiger zu bauen, als veranschlagt.

Der Hausherr und langjähriger Unterstützer des IFA-Museums sähe es zudem gern, wenn die Stadt das Technikmuseum übernehmen würde. In Sachen Sport bräuchte die Wiedigsburghalle eine dringende Generalüberholung und falls man Raum für neue Investitionen brauche, gäbe es da gute 30.000 qm Fläche im Krug. Aber erst einmal ist der Autohof dran, über den man auch erst 20 Jahre diskutieren musste und der nun bei Werther bald den Betrieb aufnehmen soll.

Im Osten nichts Neues
Fast ebenso lang ist das Industriegebiet Goldene Aue Thema in der Stadt und gehört zu den Punkten, die beim NUV Sommerfest inzwischen traditionell auf der Agenda stehen. Der Chef der Thüringer Landesentwicklungsgesellschaft, Andreas Krey, war wieder unter den Gästen und wurde um ein Update gebeten. In Wahljahren gibt es da immer mal vage Andeutungen es könnte sich etwas tun und tatsächlich brodelte auch im zu verkünden hätte, das Wort „Batterierecycling“ machte die Runde.

Doch außer neuerlichen Bekenntnissen zum Standort an sich war dem LEG Chef nichts Neues zu entlocken. Man werde „keinen Unsinn“ machen, setze auf Qualität statt Quantität und werde das Gebiet gemeinsam und in Absprache entwickeln. Sprich: Amazon wird man nicht in die Aue holen, alles andere braucht Geduld.

Fünfkampf zu viert
Damit schlug die Stunde der OB Kandidaten, die den versammelten Unternehmern ihre Kandidatur schmackhaft machen sollten. Im Podium Stefan Marx für die FDP, Andreas Trump für die CDU, Alexandra Rieger für die SPD und Jörg Prophet für die AfD. Die Frage: „Wie kann man so verrückt sein?“. Vielleicht etwas spitz formuliert von Moderator Marc Neblung, doch der nahm Bezug auf einen nnz-Artikel, in dem es unter anderem hieß: ein Nordhäuser OB bekommt kein Gehalt, sondern Schmerzensgeld.

Warum also treten sie an, die Kandidaten und was wollen sie?

Andreas Trump offerierte Visionen mit konkreten Ideen zu unterfüttern, die letztlich dazu führen müssten, die Bevölkerungszahl der Stadt zu stabilisieren und wenn möglich wieder zu heben. Dazu müsse Nordhausen zwingend Oberzentrum werden und sich um den Nachwuchs, Industrie und Gewerbe, Ordnung und Sicherheit und vor allem Wohnraum kümmern. Das vorgeschlagene Mobilitätskonzept lehne er ab, mit Ausnahme der Radwege. Als Lehrer, Schulleiter und Naturwissenschaftler empfahl sich Trump als pragmatischer Stratege.

Stefan Marx lebt seit 25 Jahren in Nordhausen und hat die Stadt zu seiner Wahlheimat gemacht. Spätestens seit der für ihn überraschenden Diskussion zum Oberzentrum sei ihm klar geworden, dass in der Stadt vieles im Argen liege. Wichtig sei die Außenwahrnehmung der Stadt, es brauche Angebote um Nordhausen nach vorne zu bringen, das Zentrum müsse gestärkt werden, dann könnte Nordhausen eine lebendige Hochschulstadt werden. In der Politik gelte es, widerstreitende Interessen in Einklang zu bringen, als Oberbürgermeister müsse man da ausgleichend wirken.

Alexandra Rieger geht als Bürgermeisterin mit dem Amtsvorteil ins Rennen, hängt aber auch in der Causa Buchmann. Die sollte heute aber mit keinem Wort direkt erwähnt werden, die Beteiligten sind offenbar bemüht, den Elefanten im Raum für den Moment zu ignorieren. Die Abwesenheit des OB mag das leichter gemacht haben.

Ausgleich und Kommunikation sind ihre Themen, die Probleme in der Verwaltung lägen auch an einem Mangel an Kommunikation. Die Bürgergespräche auf Barbara Rinkes Amtszeit würde sie gerne wiederbeleben. Man müsse miteinander nicht übereinander reden. Dazu gehöre auch, dass das Engagement der Stadt nicht am Ortseingang enden könne, man sei Teil der Region und müsse die Zusammenarbeit suchen. Als ausgemachte Verwaltungsfachkraft sieht die Bürgermeisterin zudem praktischen Handlungsbedarf in der Organisation des Rathauses, speziell mit Blick auf die Wirtschaftsförderung.

Jörg Prophet war als Unternehmer heute unter seines Gleichen und sieht sich als AfD Kandidat durch den Wahlerfolg seiner Partei in Sonneberg gestärkt. Man müsse nicht verrückt sein, um OB werden zu wollen, man müsse seine Heimatstadt lieben und unzufrieden sein. „Lenken, leiten, motivieren“, das sei sein Leitsatz und er trage diese Unternehmersicht in den Stadtrat. Man müsse mit dem Blick des Mittelständlers positiv nach vorne schauen, dann könnten Kostenexplosionen auch in Zukunft vermieden werden. Er sehe es als seine Aufgabe, „Verantwortung in das System“ zu bringen, der Bürger dürfe erwarten, ordentlich verwaltet zu werden. Der Herr Höcke könne als deutscher Staatsbürger ihn als OB natürlich im Rathaus besuchen, so er denn den Reglements folgt, entgegnete Prophet auf Nachfrage aus dem Publikum.

Frage und Antwort mussten heute kurz und knapp gehalten werden, für einen ersten Schlagabtausch war das Treffen sicher noch kein Höhepunkt des Wahlkampfes und das Publikum dürfte sich in Zukunft noch mehr konkrete Inhalte wünschen, aber was nicht ist, kann ja noch werden. Und vielleicht traut sich der Fünfte im Bunde ja auch noch in den Ring.

Zu guter Letzt richtete sich NUV-Vorstand Niels Neu noch einmal an die versammelte Unternehmerschaft. Die Werte, die das Land groß gemacht haben, seien immer noch stark, darauf sollte man vertrauen. Die Mehrheit der Menschen sei weder rechts noch links, nur leider im Moment etwas zu leise. Problematisch sei aus seiner Sicht die Bevormundung durch die Politik und das Fehlen von Antworten. Die gelte es einzufordern, wobei man sich aber nicht von hysterischen und lauten Diskussionen beeinflussen lassen sollte. Es sei wichtig, als Unternehmer Position zu beziehen, seine Meinung kund zu tun und nicht leise zu bleiben. Ein lustiges Video in der WhatsApp Gruppe und Daumen hoch und runter reiche nicht mehr. Es brauche öffentliche Äußerungen und Stimmen, das bringe die Demokratie voran. Bleibt zu hoffen, das er gehört wurde.
Angelo Glashagel