AUfgeschnappt

"Das macht ihr Deutschen für uns mit!"

Sonnabend
24.06.2023, 11:58 Uhr
Autor:
psg
veröffentlicht unter:
Es ist immer mal schön, wenn mal seinen Horizont etwas erweitern kann. Nein, nicht den gefühlten, sondern den tatsächlichen Horizont. Denn man kann, als Deutscher da schon mal Erfahrungen sammeln und Erkenntnisse gewinnen...

Südtirol, frei von Windrädern (Foto: privat) Südtirol, frei von Windrädern (Foto: privat)
Zehn Tage Südtirol liegen hinter mir. Tolles Land, tolle Landschaft und tolle Menschen, die es einst wagten, der deutschen Sprache treu zu bleiben. Doch das hier soll keine touristische Empfehlung sein, sondern vielmehr das Ergebnis einer Entdeckungstour im wahrsten Sinne des Wortes. Obwohl - entdeckt habe ich nichts.

808 Kilometer, selbst in einem zwei Tonnen schweren Diesel-SUV keine kurze Strecke. Über die A38 dann rauf auf die A9. Bis dahin sahen Fahrer und Beifahrerin gefühlte 1754 Windräder rechts und links der Trasse stehen. Je südlicher jedoch die Reise ging, desto mehr lichteten sich die Windräder-Wälder und es gab Natur zu sehen. Thüringen ade, Bayern wir kommen. Kaum Windräder entlang der Trasse. Soweit, so schön.

Irgendwann dann Ankunft in Südtirol. Zehn Tage am Kalterer See mit Abstechern zu Fuß, auf dem Rad oder mit Auto nach Meran, Bozen, Tramin, Trentino und vieles mehr. Postkartenlandschaft, Menschen mit Herz, touristischem Verstand und großem Staunen auf meine Frage in einer Weinwirtschaft, wo denn die Windräder stehen würden, mit denen die Welt vor dem Klimakollaps gerettet werden würde?

Im südlichen Tirol erblickten meine Augen kein einziges von diesen Monstern, nicht einmal in der Nähe des industriell geprägten Bozen. Aber vier Kernkraftwerke leisteten sich einst unsere italienischen Partner. Alle stillgelegt.

Nun verbindet die Menschen dort und die Menschen hier vor allem die gleiche Sprache, sofern man die in Deutschland ohne Gendern meint. Aber die Menschen dort sind uns Ur-Deutschen so dankbar, so unendlich dankbar, dass wir die Rettung der Welt für sie mit übernehmen. Dass wir diesen Kampf gegen alles Böse aufnehmen: Gegen die Verbrenner, gegen das Fossile in seinen hinterlistigen Erscheinungsformen. Zitat eines Weinbauern in Tramin: "Ihr da oben, ihr macht das schon. Ihr pflastert, wenn es die Grünen so wollen, vermutlich auch noch die Wälder voller Windmühlen. Das Geld müsste eigentlich dafür da sein, denn hier in Südtirol haben viele Bauern ihr Erspartes Geld in grüne Fonds angelegt. Und das soll sich schließlich vermehren..."

Nach einem süßen Gewürztraminer war mir eigentlich dann nicht mehr. Doch der Mann hatte einfach das gesagt, was die Menschen vermutlich von uns Deutschen, also den Verrückten nördlich der Alpen, denken.

Um das noch einmal alles faktensicher zu machen, begab ich mich auf der Rücktour in die Position eines Beifahrers. Ich wollte möglichst genau Ausschau halten, ob der Südtiroler denn wirklich Recht hatte. Die Antwort war ernüchternd: Schon nach exakt 404 Kilometer erblickte ich die ersten drei Räder in der Nähe des bayerischen Kipfenberg. Das heißt, auch ein Teil der Österreicher müssten sich bei uns bedanken, entlang der Route durch dieses Land gab es windtechnisch nichts zu sehen.

Ob ich mich ärgere? Nein, ich bin stolz auf uns Deutsche. Aber natürlich nur ein wenig, um politisch korrekt zu sein. Im Nachhinein fällt mir ein: die Italiener könnten als Gegenleistung für die Rettung auch ihrer Welt uns Deutschen bei der Finanzierung der Europäischen Union entgegenkommen. Dankbar könnten sie übrigens auch den Iren sein, denn die wollen in den kommenden Jahren 200.000 Kühe dem Markt "entnehmen", um es vorsichtig auszudrücken. Dann haben die friedlichen Kühe auf den saftigen Weiden entlang der Seiser Alm noch eine beruhigende Restlaufzeit, bevor es sich dann vielleicht auch dort unten ausgepupst hat.
Peter-Stefan Greiner