Lichtblick zum Johannistag

Er muss wachsen, ich aber muss abnehmen

Freitag
23.06.2023, 09:00 Uhr
Autor:
red
veröffentlicht unter:
Lesen Sie ruhig weiter! In unserem Lichtblick zum Wochenende geht es heute nicht um einen Diätplan, verspricht Superintendentin Steffi Wiegleb, vielmehr blickt man auf den Johannistag...

Es ist schon verrückt, wie im Moment verschiedenste Möglichkeiten angepriesen werden, wie man noch ganz schnell die Bikinifigur erreichen kann, bevor es in den wohlverdienten Sommerurlaub geht. Jedes Programm ist wissenschaftlich geprüft. Wenn es nicht funktioniert, dann liegt der Fehler wohl bei uns selbst?!? Wie viel Stress man damit bekommt, ist schon erschreckend.
Erschreckend finde ich aber auch den Blick in den Kalender. Am Samstag ist 24. Juni, Johannistag, und damit Halbzeit im Kalenderjahr. Genau noch 6 Monate bis Heilig Abend!

Aber warum Johannestag? Wir erinnern uns an die Geburt Johannes des Täufers. Elisabeth und Zacharias haben es nicht glauben können, als ihnen gesagt wurde, dass sie ein Kind bekommen würden. Zu lange hatten sie gewartet. Zacharias konnte nicht mehr glauben. Für Zacharias galt: kein Glaube – keine Worte – großes Schweigen. Erst als er seinen Sohn in den Armen halten kann, bricht es voller Jubel aus ihm heraus. Das Warten, die Ungewissheit ist beendet.
So etwas ähnliches haben wir wohl alle schon erlebt. Man wartet sehnsüchtig, wagt kaum davon zu sprechen, weil man die Spannung sonst nicht mehr aushält. Und dann ist es da! Welch eine Freude und Erleichterung. Endlich! Und dann kommt manchmal auch die Ernüchterung.

Mitten im Jahr, wo es am längsten hell ist, verweist Johannes auf den, der in die Dunkelheit kommt. Keiner mag jetzt schon daran denken, wenn es früh dunkel wird. Doch diese Jahres-Halbzeit, könnte auch ein Symbol für unser Leben sein. Oft ist ein Jahr ein Bild für das Leben. Jeder steht an einer anderen Stelle auf dem Weg durch das Leben. Wie wird die zweite Halbzeit? Was mag sie bringen? Große Freude? Große Trauer? Große Liebe? Große Verzweiflung? - Höchstwahrscheinlich wird von allem etwas dabei sein.
Ich denke, da ist es gut zu wissen, dass einer da ist, der auch in die Dunkelheiten kommt. Im Sonnenschein ist es einfacher, allein zu sein, als im Dunkel der Nacht oder eines kräftigen Gewitters. Wenn die Sonne wieder sinkt und die Tage kürzer werden, erwarten wir ein anderes Licht, das sich in der Dunkelheit Bahn bricht und uns die Hoffnung schenkt, dass es wieder hell werden wird.

Johannes der Täufer, erkennt Jesus in der Menge der Menschen, die um ihn sind. Er nimmt kein Blatt vor den Mund und läßt ihn fragen: „Bist du es der da kommen soll, oder sollen wir auf einen anderen warten?“ Jesus Antwort ist ebenso kurz: „Selig ist, der nicht Ärgernis nimmt an mir.“

Es ist ein Hinweis, zu prüfen, was unserem Leben Gewicht verleiht. Ein Gewicht, das auf keiner Waage abzulesen ist! Und doch: Angst vor Übergewicht?
Erfüllt sich unser Leben mit dem Mehren von Besitz? Mit dem Herrschen über andere? Mit der Erkenntnis über die Welt? --- Was nützt all das, wenn niemand da ist, den wir lieben oder der uns lebt?

Keiner von uns entgeht dem Strom der Zeit: Es wird Sommer und dann Herbst und Winter. Die ewige Jugend bleibt uns verwehrt. Wir wissen ja: Kindern kommt ein halbes Jahr unendlich lang vor – während für uns Erfahrenere - oder Ältere - die paar Monate wie im Flug zu vergehen scheinen. Ab Johannestag nehmen die Tage ab. Ab Heilig Abend dagegen nehmen sie wieder zu.

Johannes wird Jesus selbst taufen, und damit seinem öffentlichen Wirken einen Anfangspunkt geben, als Jesus den Zenit seines irdischen Lebens längst überschritten hatte.

Der Anfang der zweiten Halbzeit ist am Johannestag gegeben. Was können wir für und bei uns ändern?
Superintendentin Steffi Wiegleb