CDU übt Kritik am Landratsamt

Standortnachteil Schule

Mittwoch
14.06.2023, 18:00 Uhr
Autor:
red
veröffentlicht unter:
Verhallt der Corona-Weckruf an den Schulen? Im Dezember hatte der Kreistag beschlossen, bei der digitalen Ausstattung der Grund- und Regelschulen mehr Tempo zu machen. Im aktuellen Haushaltsentwurf sei davon nicht viel zu sehen, kritisiert die CDU und wirft dem Landrat Respektlosigkeit vor…

Die Nordhäuser CDU rückt die Ausstattung der Schulen ins Zentrum der Haushaltsdebatte (Foto: agl) Die Nordhäuser CDU rückt die Ausstattung der Schulen ins Zentrum der Haushaltsdebatte (Foto: agl)


In der Schule macht jeder seins und das Schulleiter gemeinsam auf die Barrikaden gehen, dass sei eher selten, sagt Carola Böck. Die ist nicht nur stellvertretende Vorsitzender der CDU Fraktion im Kreistag, sondern selber auch Schulleiterin der Regelschule Ellrich.

Nun scheint es aber soweit zu sein, dass man gemeinsame Sache macht, berichtet Böck. Hintergrund ist die Diskussion um einen Beschluss des Kreistages aus dem Dezember. Der sieht vor einen Investitionsplan für die Schulen aufzustellen und den über zehn Jahre hinweg Stück für Stück umzusetzen und so die digitale Ausstattung über den Digitalpakt des Bundes hinaus voranzubringen. Nach der Corona-Pandemie sei man bei Peripherie und Hardware punktuell vorangekommen, sagt der CDU Kreisvorsitzende René Fullmann, es gäbe im Landkreis aber immer noch Schulen, die mit Technik aus den frühen 90er Jahren arbeiten müssten. "Wir wollten deswegen, dass von Seiten des Kreises noch einmal ordentlich Investitionen oben drauf gepackt werden, damit digitaler Unterricht nicht nur von zu Hause aus, sondern auch in den Schulen selbst machbar ist.“, führt Fullmann aus.

Im Kreistag ging der Vorschlag der Christdemokraten durch wie das Messer durch die warme Butter, die Sache lief derart reibungslos ab, dass man regelrecht überrascht gewesen sei, erzählt Böck im Gespräch mit der nnz. Das Ergebnis im aktuellen Haushaltsentwurf lässt laut CDU nun aber zu wünschen übrig. Statt 420.000 Euro für die weitere digitale Ausstattung der Schulen stehen nur 100.000 Euro im Plan und das für jegliche Ausstattung. Für die fünf Regelschulen des Kreises blieben dabei gerade einmal 30.000 Euro übrig, rechnet die CDU vor.

Überheblich und Respektlos
Das ist die eine Seite dieser Geschichte. Viel Zeit am Haushaltsentwurf zu feilen bleibt nicht mehr, im Idealfall sollte der Nordhäuser Etat unter Dach und Fach sein, wenn der Kreistag Ende des Monats zusammentritt. Eben aus diesem Grund wurde das Thema von den CDU Vorsitzenden Fullmann und Böck auch bereits am Montag vorgebracht. Und da kommt die andere Seite der Diskussion zum tragen.

Landrat Jendricke sprach im Zusammenhang mit der Haushaltsplanung nach den ersten Ausführungen Fullmanns am Montag von „Wünschen und Träumereien“, die man in den Debatten und insbesondere in den Kreistagssitzungen in letzter Minute immer wieder erlebe. Das kam schon am Montag im Ausschuss nicht gut an und der Ärger sitzt auch noch zwei Tage später tief. Im Kreistag kämen die Forderungen der Fraktionen regelmäßig zu kurz, sagt René Fullmann, der der Fraktion der CDU vorsteht. „In den Ausschüssen wird viel gearbeitet, allein im Finanzausschuss haben wir zuletzt 34 Anfragen gestellt. Für uns ist die Kreistagssitzung aber auch ein öffentliches Medium in dem wir unsere Kritikpunkte vortragen und Anträge vor der Öffentlichkeit stellen müssen. In den Haushaltsdebatten konnten wir wiederholt erleben, wie Drohkulissen unter Zeitdruck aufgebaut wurden. Ihr müsst das jetzt beschließen, oder wir haben keinen Haushalt. Und dann muss man sich anhören, dass man „Wünsche und Träumereien“ vorbringen würde. Das grenzt an Überheblichkeit, die Art und Weise allein ist ärgerlich und lässt den respektvollen Umgang miteinander vermissen. Man begegnet dem Kreistag da nicht auf Augenhöhe.“, kritisiert Fullmann.

Der CDU gehe es nicht darum, in letzter Minuten den Haushalt zu blockieren, sondern um die Umsetzung eines gefassten Beschlusses. Der Investitionsstau an den Schulen müsse dringend in Angriff genommen werden und dabei könne man nicht nur auf die Bausubstanz schauen. Nicht das nichts passiert sei in den letzten Jahren, die Gymnasien habe man saniert und modernisiert, an den Grund- und Regelschulen bestehe aber weiter Investitionsbedarf und hier geht die Mehrzahl der Nordhäuser Kinder zur Schule.

Gerade in der Ausstattung werde das zum Standortnachteil für die Region, führt Carola Böck aus. „Hier passiert die Basisarbeit der Bildung und hier haben alle Personalprobleme. Wir haben mal ein gutes Jahr, da bekommen wir neue Kollegen, aber schon im nächsten Jahr verlassen uns wieder mehr Lehrkräfte und gehen in den Ruhestand.“, berichtet die Schulleiterin. Willige Nachwuchskräfte zu finden sei im Realschulbereich ohnehin schwierig, wenn man nun auch bei der Ausstattung ins Hintertreffen gerate und mit der Technik von vorgestern versuchen müsse, junge Lehrkräfte zu locken, werde es nicht leichter werden. Andere Landkreise diesseits wie jenseits der Landesgrenze, ja selbst die Stadt Nordhausen seien da schon weiter.

Woher die Mittel nehmen?
Im Rahmen des Haushaltssicherungskonzeptes habe es eine „Organisationsuntersuchung“ gegeben, die klar gemacht habe, dass im Bereich der Schulen kein Einsparpotential mehr bestehe, erklärt Fullmann, dieses Signal müsse man nutzen, um beim Land mehr Mittel einzuwerben. Das sei in dem Beschluss auch so vorgesehen, aber in der Realität scheinbar nicht passiert. Auch den Einwand des Landrates, dass mit erhöhten Investitionskosten die Schulumlage für die Kommunen steigen würde, will Fullmann nicht einfach stehen lassen. Die Begründung ist hinreichend bürokratisch - die Umlage berechnet sich aus dem ungedeckten Finanzbedarf im Verwaltungshaushalt, würde man aber Mittel einwerben und über den Vermögenshaushalt einbringen, wäre das keine „ungedeckter“ Bedarf mehr und würde auch die Umlage nicht tangieren.

Dass man die angestrebten Mittel bis zum Haushaltsbeschluss noch findet ist fraglich, die Kämmerei des Landratsamtes verstehe ihr Handwerk zwar bestens, könne aber auch nicht zaubern. Die CDU hat deswegen den Vorschlag gemacht, eines ihrer eigenen im Haushalt geplanten Projekte zurückzustellen. „Wir brauchen den Haushalt und wir sind bereit bei dem von uns eingebrachten Jugendtaxi einen Schritt zurückzugehen, auch wenn wir das schweren Herzens tun“, kündigt Fullmann an, immerhin rund 25.000 Euro könnte man so noch einmal oben drauf packen. Für alles weitere müssten Lösungen in der Kämmerei gefunden werden. „Letztlich ist das eine Frage von Prioritäten. Für die Feuerwehren gab es auch einen Investitionsplan, den man ordentlich und erfolgreich abgearbeitet hat. Die Lücken finden sich, wenn man will. Dazu brauchen wir jetzt keinen großen Konflikt, sondern eine sachdienliche Diskussion.“, ergänzt Böck.

Mit den Kollegen Schulleitern wolle man noch einmal das Gespräch suchen. Die Idee, dass im Kreistag vor Publikum zu tun, habe man erst einmal verworfen, vielmehr werde man gemeinsam in Ruhe mit dem Landrat reden, respektvoll und auf Augenhöhe.
Angelo Glashagel