Ein Taubenhaus ist im Gespräch

Sind Tauben eine Plage in Nordhausen?

Mittwoch
31.05.2023, 10:43 Uhr
Autor:
red
veröffentlicht unter:
Manche Menschen können sich mit Stadttauben anfreunden. Für andere wiederum wird schon ein Taubenpärchen zur Plage, das sich unterm Dachfirst angesiedelt hat und durch sein Gurren stört. Hat Nordhausen ein Taubenproblem?...

Tauben können in Städten mit alter Bausubstanz schnell zur Plage werden (Foto: Eva Maria Wiegand) Tauben können in Städten mit alter Bausubstanz schnell zur Plage werden (Foto: Eva Maria Wiegand)

Zunächst fragt man sich, wo der riesige Taubenschwarm – an die 100 Vögel mögen es gewesen sein - geblieben ist, der jahrelang die Gebäude um den Hauptbahnhof bevölkerte und auf dem Platz unübersehbar war. Dieser Tage erblickte ich nur drei Vögel auf den Fürstenhof, zwei weitere unweit auf einem Gebäude.

Weiter Richtung Rathaus. Das ist mit Metallspikes verziert, was wohl die Tiere davon abhält, sich niederzulassen. Mögen es zwischen 15 und 20 Tauben gewesen sein, die ich auf den Häusern ringsum verteilt ausmachte. Alles noch erträglich. Lästig wird ein Schwarm, der ein bewohntes Objekt belegt und sich anschickt, es sich auf Balkonen einzurichten.

Stadttauben sind entflogene Haus- und Brieftauben. So gesehen, trägt der Mensch auch Verantwortung für die Vögel. Die gesundheitliche Gefährdung durch Tauben, belegt die Wissenschaft, ist auch nicht größer als durch andere Zier- und Wildvögel oder durch Haustiere. Es ist vor allem der Kot, den Tauben verursachen.

Eine tierrechtliche Lösung ist ein Konzept zum Zusammenleben von Tauben und Menschen in den Städten. Das Konzept nennt sich Taubenhaus. Gute Erfahrungen machte unter anderem die Stadt Weimar. Ein mittlerweile drittes Taubenhaus brachte sie in Form eines Containers, ausgestattet mit hölzernen Nistzellen, auf einem 30 Meter hohen Dach eines Wohnblocks, den die Tauben bevorzugt belegten, mithilfe eines Krans an.

Einem Taubenwart obliegt es, die Eier gegen Attrappen auszutauschen, aber auch, die Tauben medizinisch zu versorgen, zu füttern und den Container sauber zu halten. Für die Mieterinnen und Mieter mag es vorübergehend ein Problem sein, bis die Vögel in ihr eigens hergerichtetes Domizil finden. Die Stadt ist aber auch im Fall des dritten nTaubenhauses guter Dinge.

Die Bemühungen der Stadt Weimar, die Tauben auf ein verträgliches Maß zu reduzieren und konstant zu halten, unterstützen die Großvermieter, Betriebe und der Nabu finanziell. Zum Nulltarif kein Taubenhaus. Mit über 30.000 Euro ist zu rechnen. Nach Auskunft des Bürgermeisters zeitigen die Taubenhäuser sicht- und spürbare Erfolge. Der Bestand kommt auf ein erträgliches Maß.

Quasi vor der Haustür schlug ein Habicht kürzlich auf dem Hinterhof der Hardenbergstraße 14 bis 18 eine Taube. Der Habicht, Grifftöter, jagt nicht wie der Wanderfalke (Bisstöter) ausschließlich Tauben.                                                 (Foto: Kurt Frank) Quasi vor der Haustür schlug ein Habicht kürzlich auf dem Hinterhof der Hardenbergstraße 14 bis 18 eine Taube. Der Habicht, Grifftöter, jagt nicht wie der Wanderfalke (Bisstöter) ausschließlich Tauben. (Foto: Kurt Frank)

Hat Nordhausen eine Taubenplage? Daniel Schneider, Teamleiter Wohnungsmanager der WBG, nennt einige Belästigungen durch Tauben, so in der Töpferstraße, wo sie in Ausbuchtungen nisteten. Über größere Beschwerden wisse er nichts, wollte sich aber noch bei den Wohnungsmanagern genau erkundigen.

Nordhausen ist für ein Taubenhaus zugänglich. Das Projekt in Weimar sei der Stadt bekannt, schreibt Pressechefin Franziska Mühlhause auf Anfrage. So habe die Stadt Kontakte zum Stadttaubenprojekt Jena geknüpft und sei im Austausch mit den Ansprechpartnern dort. Eine Vor-Ort-Besichtigung in Jena ist zeitnah geplant. Ein Bau von Taubenhäusern in Nordhausen wird diskutiert, könne aber nicht alleine seitens der Stadt umgesetzt werden. Dazu müssen Kooperationen, beispielsweise mit Wohnungsgesellschaften, angestrebt werden.

Eine weitere Maßnahme in Nordhausen ist unter anderem, informiert Franziska Mühlhause, die Ansiedlung von Falken am Postgebäude Lutherplatz. Eine Maßnahme, die nnz ausdrücklich lobt. Die Greifvögel sorgten allein mit ihrer Präsenz dafür, dass die Tauben von den Falken bewohnte Gebiete weitgehend meiden.

Erstmals in diesem Jahr brütete ein Wanderfalkenpaar auf der Marktkirche in Bad Langensalza. Neben einem Taubenhaus erhält die Stadt einen natürlichen Taubenjäger, wenn dieser Jungvogel selbst auf Jagd gehen. (Foto: Eva Maria Wiegand) Erstmals in diesem Jahr brütete ein Wanderfalkenpaar auf der Marktkirche in Bad Langensalza. Neben einem Taubenhaus erhält die Stadt einen natürlichen Taubenjäger, wenn dieser Jungvogel selbst auf Jagd gehen. (Foto: Eva Maria Wiegand)

Eine natürliche Hilfe, den Taubenbestand zu reduzieren, erhielt in diesem Jahr die Stadt Bad Langensalza, lässt mich Kollege Olaf Schulze wissen. Neben dem Taubenhaus, das umgesetzt werde, weil an falscher Stelle installiert, brütet erstmals auf der Marktkirche ein Wanderfalkenpaar. Der Jungvogel (Bild) wird in einigen Wochen selbst auf Taubenjagd gehen.

Im Gegensatz zu Turmfalken, die überwiegend Mäusen nachstellen, sind Wanderfalken exzellente Taubenjäger. Einschließlich der Altvögel benötigt ein Paar für die Aufzucht von etwa drei Küken an zwei bis vier Tauben pro Tag. Innerhalb der Brutzeit und der Wochen vom Schlupf bis zum Ausflug der Jungvögel kann man sich die Zahl an Taubenopfern ausrechnen.

Die Nisthilfen am Hauptpostamt Nordhausen nahmen Turmfalken in Anspruch. Wenn es der Stadt gelingen sollte, auch am oder im Turm der Blasiikirche (im Dom sind schon Turmfalken heimisch) einen Nistkasten anzubringen, den sich Wanderfalken auserkoren, wäre ein Problem endgültig gelöst.
Kurt Frank