Theater und Loh-Orchester stellen Spielplan vor

Neue Räume, alte Klassiker

Freitag
12.05.2023, 15:39 Uhr
Autor:
red
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Die erste, große Etappe am Nordhäuser Theater geht ihrem Ende entgegen. Im Herbst will man im neuen Anbau zum ersten mal aufspielen. Was der Spielplan bereit hält, dass erklärte man heute schon in der neuen Spielstätte…

In der "Interimsspielstätte" wurde heute das Programm für die neue Spielzeit vorgestellt (Foto: agl) In der "Interimsspielstätte" wurde heute das Programm für die neue Spielzeit vorgestellt (Foto: agl)


Korrekt ist freilich der Begriff „Interimsspielstätte“ denn im Anbau soll sich das Theater nur temporär einrichten, bis auch die Arbeiten im alten Haus abgeschlossen sind. Die dauern noch mindestens zwei Jahre, sagt Theaterintendant Daniel Klajner, bis dahin wird man im Anbau singen, tanzen und spielen.

„Wäre Corona nicht gewesen hätte uns das sicher große Sorgen bereitet. So sind wir in den letzten Jahren zu Experten im einrichten neuer Spielstätten geworden, da kann uns nichts schrecken. Wir haben gelernt flexibel zu sein, das gilt nicht nur für das Haus und die Kollegen sondern auch für das Publikum.“, berichtete Klajner. Befürchtungen, dass es zu größeren Einbrüchen der Besucherzahlen kommen könnte, wenn das Programm von Nordhausen nach Sondershausen verlegt werden muss, hätten sich nicht bestätigt. Im Gegenteil. „Das wurde unglaublich gut angenommen. Der Umzug nach Sondershausen hat sein Gutes gehabt. Zum einen haben viele Nordhäuser zum ersten Mal die Schönheit des Achteckhauses wirklich wahrnehmen können zum anderen hatten die Sondershäuser einmal nicht den langen Weg zum Theater.“ Die Nordhäuser konnte man dank der flexiblen und unkomplizierten Unterstützung durch die Verkehrsbetriebe je nach Bedarf zügig zum Spielort bringen, wofür Klajner viele Dankesworte fand.

Wenn im Herbst der Vorhang für die neue Spielzeit fällt ist das Vergangenheit und man schlägt ein neues Kapitel auf. Die Räume im Theateranbau stehen in ihrer Funktionalität der neuen Feuerwache in nichts nach, Zweck geht vor Ästhetik, Sichtbeton vor Stuck und Schmuck. Zum „interim“ wird es dennoch taugen, das Bühnenareal wird dieser Tage schon aufgebaut. Das Orchester findet im rückwärtigen Teil der saalartigen Halle Platz, das Publikum geht dafür auf Tuchfühlung mit den Damen und Herren auf der Bühne.

Das Programm


Und die werden in der neuen Spielzeit einiges zu bieten haben, das Spielzeitheft ist fast 150 Seiten dick und kündigt eine ganze Reihe von Theaterklassikern aus allen Sparten an.

Quirlig, komisch, frivol und tragisch
Insgesamt 20 Premieren stehen an, sieben davon allein im Musiktheater. Das beginnt die Saison mit der Operngala am 8. September unter der Leitung von Intendant Klajner und dem „Frühlingserwachen“. Am 22. September geht es weiter mit einer der großen Perlen der italienischen Oper, der Hochzeit des Figaro nach Mozart. In Nordhausen werde man den quirligen Klassiker als Ensemble-Stück präsentieren, erläuterte Chefdramaturgin Juliane Hirschmann. Im Dezember folgt ein Dauerbrenner unter den Operetten. “Im weissen Rössl“ ist eine turbulente und mitunter frivole Geschichte, die im Dritten Reich auf dem Index landete. Das Theater will nun veruschen, die Originalfassung von 1930 zu rekonstruieren.

Auch im neuen Jahr bleibt man den ganz großen Namen treu: Roméo et Juliette nach Charles Gounod feiert am 26. Januar Premiere und soll lyrische Musik, große Duette und natürlich Herzschmerz und Dramatik bieten. Der Kontrapunkt dazu wird „La Cage aux Folles“, Ein Käfig voller Narren, im April. Das Stück stammt aus den 1980er Jahren und taucht in die Welt der Nachtclubs und der Travestie ein.

Und das sind nur die Premieren, weiter im Programm finden sich auch Der Kleine Horrorladen, der Weihnachtsklassiker A New York Christmas und Die Perlenfischer.

Große Gefühle, große Musik
Im Sommer 2024 spielt man wieder auf dem Sondershäuser Schloss auf. Im Zentrum der Festspiele steht dann Turandot von Giacomo Puccini. Es ist das letzte Werk aus seiner Feder und gehört zu den ganz großen Opern. Auf der Festwiese geht es nicht minder klassisch zu, Orpheus und Eurydike, die unsterbliche Geschichte über die Kraft der Musik und der Liebe, soll hier als Familienoper Humor und Tiefgang vereinen. Außerdem gibt es nächstes Jahr einen besonderen Programmpunkt: den Showabend „The Winner Takes It All“, der ganz im Zeichen ABBA’s steht.

Sprungbrett Nordhausen
In der Theaterszene besonders wohlgelitten ist das Nordhäuser Ballett. Die Truppe um Direktor Ivan Alboresi dient vielen jungen Nachwuchstalenten als Sprungbrett an größere Häuser. Für Alboresi ist das auch eine Auszeichnung der guten Arbeit des Nordhäuser Theaters, bedeutet aber auch, dass sich das Ensemble immer wieder mischt. Das ist insofern gut, als dass so viel Raum für Experimente bleibt und die soll es auch in der neuen Spielzeit wieder geben.

Den ersten Aufschlag wird man mit der Rückkehr der Ballettgala am 30. September feiern. Die Tanzcollage bietet traditionell einen Rück- und Ausblick zu den Stücken des Balletts. Im Oktober folgt dann Dornröschen, ein Ballettstück für die ganze Familie, ersonnen von niemand geringerem als Peter I. Tschaikowsky.

Ab Februar wird es dann wirklich experimentell. Zunächst steht das „Double Feature“ Les Noces - Nacht/Gedanken. Mit „Les Noces“ zeigt Martin Harriague aus Frankreich zum ersten Mal eine Choreographie in Nordhausen und die wird dann auch gleich eine Uraufführung. Danach ist Alboresi mit seiner Traumreise durch die „Nacht/Gedanken“ dran. Die Idee hinter dem Doppelabend sei es, dem Publikum neue Handschriften zu zeigen. Im Mai dürfen sich dann bei DREI! junge Nachwuchs-Choreographen, drei „Up and Comer“ des modernen Tanztheaters, auf der Nordhäuser Bühne austoben.

Rudolstadt bringt wieder das Schauspiel
Wer es mit Musik und Tanz nicht so hat, der kommt in der neuen Spielzeit vielleicht durch das Rudolstädter Theater auf seine Kosten. Im Oktober sind die Gäste mit Die Studentin und Monsieur Henri in Nordhausen, eine französische Komödie rund um eine ungewöhnliche Wohngemeinschaft. Im Januar bringt man mit Will alles wagen einen Liederabend in den Norden, der sich auf das Werk des geflohenen DDR-Musikers Holger Biege konzentriert. Im März heißt es dann Romeo und Julia zur Zweiten, diesmal allerdings ganz althergebracht nach Shakespeare. Im Vorfeld wird das Theater außerdem zu einer kleinen Filmreihe einladen, die dem britischen Barden auf der großen Leinwand nachspürt. Das Wort „Klassiker“ droht in diesen Zeilen langsam inflationär zu werden, doch wie anders sollte man die Sketche Loriot’s bezeichnen? Im Herbst diesen Jahres hätte der 100. Geburtstag gefeiert, die Rudolstädter ehren den legendären Komödianten im April mit Das Ei ist hart.

Die Jugend spielt außerhalb
Die Nordhäuser Theaterjugend fehlt in der neuen Spielzeit auch nicht, wird aber nicht im neuen Anbau aufspielen können. Das junge Programm hat man in das Clubhaus verlegt. Im Repertoire stehen Der Miesepups, ein Kinderstück von Kirsten Fuchs für Zuschauer ab 4 Jahren, Des Kaisers Neue Kleider von Hans Christian Andersen, Der junge mit dem längsten Schatten, eine Geschichte von zwei ungleichen Zwillingen und der Suche nach dem Platz im Leben und der Planet der Hasen, ein Stück, dass sich mit dem Klimawandel auseinandersetzen will.

Hinzu kommen eine breite Palette pädagogischer Angebote, von mobilen Produktionen und „Klassenzimmerstücken“ bis zu Konzertpädagogik und Musik. Das Feld ist tatsächlich so breit, dass es hierfür noch einmal ein gesondertes Programmheft geben wird.

Schubert Zyklus wird fortgesetzt
Bleiben die Konzertreihen: sechs Sinfoniekonzerte, vier „Loh-Konzerte“, vier Kammerkonzerte und drei Schlosskonzerte werden wieder einen breiten Querschnitt für alle Liebhaber klassischer Klänge bieten. Hinzu kommt eine Reihe an Sonderkonzerten, darunter im September Stevie Wonder - Die Legende, die Weihnachts- und Neujahrskonzerte, James Bond in concert im Januar und März, das Faschingskonzert Hakuna Matata sowie die Open-Air Konzerte bei Residenz- und Rolandsfest.

Das war nicht alles
Das war bei weitem noch nicht alles, was Theater und Loh-Orchester in der neuen Spielzeit bieten wollen, weitere Details und einen interaktiven Überblick über das neue Programm gibt es hier
Angelo Glashagel