Ausstellung in der Kreissparkasse

Widerspenstige Collagen

Mittwoch
26.04.2023, 08:19 Uhr
Autor:
red
veröffentlicht unter:
Nach dem spektakulären Fotoprojekt „Die Nacht ist dunkel und kälter als der Tag“ von Boris Fischer und dem „Farbenspiel“ von Lutz-Martin Figulla ist am Dienstagabend in Galerie der Kreissparkasse Nordhausen die dritte Kunstausstellung in diesem Jahr eröffnet worden. Die nnz hat das Geschehen wieder mit verfolgt…

"Widerspenstige Collagen" in der Kreissparkasse (Foto: Hans Georg Backhaus) "Widerspenstige Collagen" in der Kreissparkasse (Foto: Hans Georg Backhaus)


„Widerspenstige Collagen“ – so betitelt Mustapha Boutadjine seine Präsentation in der KSK-Galerie. die seit Dienstagabend nun für achteinhalb Wochen zu sehen ist. „Doch wer ist eigentlich dieser Künstler und was ist das Spezielle an seiner Kunst?“ - haben sich nicht nur die zahlreich erschienenen Gäste gefragt. Laudatorin und engagierte Umweltschützerin Gisela Hartmann klärte auf:

Mustapha Boutadjine wurde 1952 in einem Vorort von Algier geboren. Von 1830 bis 1962 war Algerien französische Kolonie. So war seine Kindheit geprägt vom Streben nach Unabhängigkeit. Er entwickelte ein politisches Bewusstsein und nahm alsbald wahr, dass sich Menschen in vielen Teilen der Welt für den Freiheitskampf des algerischen Volkes engagierten.

Er studierte ab 1974 an der Kunsthochschule in Algier, ging schließlich nach Frankreich und setzte sein Studium an der Pariser „Ecole des Arts decoratifs“ fort.
Sein erworbenes Wissen wollte er in den Dienst seines algerischen Vaterlandes stellen und kehrte aus diesem Grund 1978 nach Algier zurück, unterrichtete an der Kunsthochschule und leitete dort die Design-Abteilung.

Der wachsende Druck islamistischer Fundamentalisten auch in Algerien auf Intellektuelle veranlasste ihn schließlich 1990 zum Verlassen des Landes. Er ging abermals nach Frankreich. In Pariser Vororten fand er neue Wohn- und Wirkungsstätten. Vornehmlich wandte er sich den Menschen zu, „die am Rande stehen“ – wie über ihn vielfach zu lesen ist.

"Widerspenstige Collagen" in der Kreissparkasse (Foto: Hans Georg Backhaus) "Widerspenstige Collagen" in der Kreissparkasse (Foto: Hans Georg Backhaus)


Mit ihnen arbeitet er, und seine Kunstwerke liefern eindrucksvolle Belege dafür. Und nach einer vorübergehenden Tätigkeit als Designer wirkte er von 1991 bis 2018 als Grafiker und Redakteur beim Parteiorgan der Kommunistischen Partei Frankreichs, der „L`Humanite‘“.

Hinsichtlich des Zustandekommens dieser Ausstellung holte die Laudatorin dann weit aus, wobei frühere familiäre Verbindungen eine gewichtige Rolle spielten. Schließlich kam vor etwa drei Jahren eine erster Kontakt zwischen Gisela Hartmann, dem Künstler Mustapha Boutadjine und dessen Gefährtin Bineta Elisabeth Sadji zustande.

Alsbald begannen die Vorbereitungen. Großartige Unterstützung fanden die drei Akteure u.a. bei der Kuratorin der Schau, Vera Angelstein von der Kreissparkasse, bei Mitgliedern der Familie Hartmann, der Bürgerstiftung Park Hohenrode, dem Autohaus Peter und dem Verein IFA-Museum Nordhausen mit seinem Vorsitzenden Hans-Georg Franke, der für „seine kostbare Hilfe“ mit reichlich Lob bedacht wurde.

Nun zieren sie also die Wände der KSK-Galerie – die überwiegend großformatigen „Widerspenstigen Collagen“ des Mustapha Boutadjine, 27 an der Zahl. Mit seiner Kunst ehrt er die Heldinnen und Helden des algerischen Befreiungskampfes, die Kämpferinnen und Kämpfer gegen alles Ungerechte in der Welt. Doch auch Wissenschaftler, Schauspieler, Musiker und Politiker unterschiedlicher Epochen und Richtungen stellt er mit seiner Kunst da.

Gisela Hartmann verwies auf das Besondere bei den Werken Boutadjines: Er hat im Laufe der Zeit eine bestimmte Technik erfunden, die sich darin zeigt, dass er aus der oftmals obsessiven, sinnlosen Flut von Zeitschriften, Werbeprospekten und Katalogen Papierfetzen herausgerissen, entfremdet und zu Kunstwerken wieder zusammengefügt hat.

Seine Technik bezeichnet der Künstler als „Grafismus-Collage“. Als Vorlage dient ihm zunächst ein Foto, zeichnet dann mit Bleistift das gewählte Porträt vor und klebt schließlich die Fragmente auf das Papier. Von einer gewissen Distanz aus wirkt das Werk wie ein Gemälde. Auf diese Weise schuf der algerische Künstler bis heute über 300 Porträts und „schafft damit Ikonen unserer Zeit“.

Auch von der Grafikerin, Malerin und Bildhauerin Käthe Kollwitz, die ja kurze Zeit in Nordhausen Am Hagen ihren Wohnsitz hatte, gibt es ein Porträt. Die Laudatorin nahm dies zum Anlass und regte an, das Kollwitz-Bild solle doch in Nordhausen bleiben. Und so blieb für das Vorstandsmitglied der Sparkasse, Jan Oberbüchler, nach Dankesworten in alle Richtungen nur noch der freudig vorgetragene Ruf: „Käthe Kollwitz bleibt in Nordhausen!“

Schließlich trat auch der im Mittelpunkt des Abends stehende Künstler Mustapha Boutadjine ans Mikrofon und dankte in bewegenden Worten allen Unterstützern und für die Würdigung seiner Kunst durch Gisela Hartmann. Schließlich gab es noch die Ankündigung, dass zum Ende der Ausstellung im Park Hohenrode noch ein Gespräch mit dem Künstler geplant ist.

Mit Klavierstücken übernahmen diesmal die Schülerinnen der Kreismusikschule aus der Klavierklasse von Simone Natu Helene Gruppe, Laura-Michelle Türk und Johanna Ibe die musikalische Ausgestaltung der Vernissage. Die Ausstellung ist bis zum 23. Juni 2023 zu sehen. Und zwar jeweils von Montag bis Freitag während der Öffnungszeiten der Kreissparkasse Nordhausen, Kornmarkt 9, von 08.00 - 18.00 Uhr.
Hans-Georg Backhaus