Verabschiedung zum Gottesdienst

Lachen und Weinen in Bielen

Montag
17.04.2023, 13:11 Uhr
Autor:
red
veröffentlicht unter:
„Ob ihr mich wohl heute noch zum Weinen bringt?“, fragt Christopher Bischoff in Bielen gleich zu Beginn des Dankeschön-Gottesdienstes anlässlich seines Abschieds. Der Kloss im Hals soll am Sonntag noch öfter drücken, nicht nur bei ihm...

Christopher Bischoff geht mit lachendem und weinendem Auge (Foto: R.Englert) Christopher Bischoff geht mit lachendem und weinendem Auge (Foto: R.Englert)

Seinetwegen sind die Kirchenbänke voll. Der 27-jährige qualifizierte Lektor und Student der Theologie verabschiedet sich Richtung Hessen. „Das fällt mir seit gestern wirklich schwer“, gibt er zu. Mittlerweile wird ihm bewusst, dass er in Bielen wohl nicht mehr so häufig auf der Kanzel stehen wird. Das Semester in Marburg hat bereits vor einer Woche begonnen, Stück für Stück wird er seinen Lebensmittelpunkt dorthin verlegen. Begonnen hat er als Lehramtsstudent der Theologie in Halle.

„Doch andere wussten lange vor mir, dass mir das nicht reichen würde“, schmunzelt er nachdenklich. Pfarrer will er nun werden. Die hessische Landeskirche EKKW (Evangelische Kirche von Kurhessen-Waldeck) hat ihm ein Stipendium angeboten. Dafür verpflichtet er sich dort das Vikariat zu absolvieren, ebenso wie den Entsendungsdienst und im Anschluss ein paar Jahre im Pfarrdienst – entsprechend seines Förderzeitraumes. Das sorgt unter den Gottesdienstbesuchern für Nachdenklichkeit. „Auch wir brauchen doch dringend Pfarrer, warum bekommt er so ein Angebot nicht auch in Thüringen?“, wird offen gefragt. Bislang gibt es wohl nichts Vergleichbares.

Mit Christopher Bischoff geht ein engagierter, junger Mann, einer, der für seinen Dienst brennt und es geschafft hat andere anzustecken. Am Sonntag hat er den 222. Gottesdienst in Bielen gehalten, sowie unter Begleitung von Pfarrern bei Beerdigungen, Taufen und Trauungen mitgewirkt. Und dabei war er doch ein so schüchterner Junge, wie Oma Inge, wohl immer wieder sorgenvoll betonte. Der Junge wurde erwachsen und begann auf seine Kräfte zu vertrauen, begleitet von seiner Kirchengemeinde. Von den Bielschen sagt er, dass sie sehr aufgeschlossen seien, das sei ein bisschen so, wie er sich Kirche träume. „Gemeinsam haben wir viel Hochtraditionelles wiederentdeckt, aber auch reichlich Neues ausprobiert“, blickt er zurück und lächelt still in sich hinein. Neben Bielen war er im letzten Jahr zudem in Bösenrode und Leimbach unterwegs, die zum vakanten Pfarrbereich Urbach gehören. Aus all diesen Gemeinden speist sich auch der 35-köpfige Chor, der am Sonntag stimmgewaltig unter der Leitung von Dorothee Mitzlaff erklingt. Dazu ein Posaunenchor, Klavier- und Orgelbegleitung, Abendmahl sowie ein Konfettiregen und zahlreiche Geschenke. „Das alles heute zeugt von einer riesigen Wertschätzung für Christopher und sein Engagement“, betont Pfarrer Klemens Müller, der ihn mit anderen zum Abschied segnet und von seinem Dienst als qualifizierter Lektor offiziell entpflichtet.

Der Gemeinde gibt Bischoff noch mit auf den Weg, dass sie nicht in Traurigkeit und Trägheit verfallen solle, auch nicht angesichts von Prognosen und nostalgischer Gedanken. „Die guten Zeiten sind jetzt!“, schickt er aufmunternd hinterher. Und tatsächlich haben sich auch bereits andere auf den Weg gemacht. Christina Mitzlaff und Karin Kisker sind in Ausbildung zur qualifizierten Lektorin in Volkenroda. Die Gemeinde sei ja nicht nur Einer, auch wenn der Abschied schwerfalle, schiebt Mitzlaff fast trotzig nach. Die große Zahl der Kaffeegäste nach dem Gottesdienst bestätigt ihre Aussage. Und dem Kirchbauverein bleibt Christopher Bischoff ja erhalten. „Vielleicht als erster Außendienstmitarbeiter“, lächelt der Vorsitzende Jochen Bühling.
Regina Englert