Nachgefragt

Kein Problem, wird alles gefördert

Mittwoch
12.04.2023, 08:00 Uhr
Autor:
psg
veröffentlicht unter:
Die Elektromobilität, vor allem die in Deutschland, soll und wird mittelfristig dieses Erdenrund retten. Davon sind die Ideologen überzeugt, die es in Wissenschaft und Politik, zum Teil auch in die Wirtschaft geschafft haben. Die allerdings müssen die Rettung nicht bezahlen. Auch die für den Landkreis Nordhausen nicht...

Einfach umgekippt (Foto: S. Dietzel) Einfach umgekippt (Foto: S. Dietzel)
Ach, was waren das für schöne Bilder, als die Damals-Umweltministerin Siegesmund sich nach Niedersachswerfen begab und den Landkreis Nordhausen als den Vorzeigelandkreis bei der Beschaffung von E-Bussen in den höchsten Tönen lobte. Frau Siegesmund will nun aber keine grüne Umweltpolitik mehr machen, sondern geschäftsführende Präsidentin eines Lobbyverbandes der Industrie werden.

Die extrem teuren Elektrobusse haben die Nordhäuser Verkehrsbetriebe - eine kommunale Gesellschaft des Landkreises und der Stadt - nun immer noch "an der technischen und betriebswirtschaftlichen Backe". Die nnz hatte über die Tücken der Anschaffung, des Lieferanten und die Probleme der E-Flotte öfter mal berichtet. Nun konnten wir ein neues Kapitel aufschlagen.

Es war der 27. Februar, ein schicker E-Bus der Nordhäuser Verkehrsbetriebe war auf seiner Linientour im westlichen Landkreis in den Straßengraben gerutscht und umgekippt. Eigentlich ein banaler Nachrichtenvorgang, denn glücklicherweise wurde bei diesem Malheur niemand verletzt. Und eigentlich hätte der Bus, wäre er denn ein hinterwäldischer Dieselbus gewesen, überhaupt nicht umkippen können. Der vorwärtsgewandte E-Bus jedoch kippte um, weil er die Last der Akkus im Dach mit sich rumschleppen musste.

Die älteren unter den nnz-Lesern und natürlich auch die jüngeren, die im Physikunterricht (sofern an Nordhäuser Regelschulen das Fach noch unterrichtet wird) aufgepasst haben, die kennen die Komplexität und Kausalität zwischen Hebeln und Schwerpunkten in Körpern. Es waren die nicht ganz leichten Akkus, die das Gefährt in die stabile Seitenlage beförderten.

Also heißt es für die Besatzungen der mittlerweile sechs Busse des Typs Sileo S12 auf schmalen Straßen nicht von der Fahrbahn abkommen und immer schön aufpassen, dass noch genug "Saft" im Akku ist. Übrigens für die Anschaffung und Inbetriebnahme dieser sechs Busse samt Ladegleichrichter und der dazugehörigen Infrastruktur in Instandhaltung in Niedersachswerfen und im Nordhäuser Betriebshof haben die kommunalen Verkehrsbetriebe eigenen Angaben zufolge fünf Millionen Euro bezahlt. Das alles ist - auf Heller und Pfennig - unser aller Geld und dabei ist es mir egal, ob dem Deal eine 80prozentige Förderung zugrunde lag. Auch Fördermittel des Landes sind unser aller Geld - nur eben aus einem anderen Topf.

Soweit zu den Anschaffungskosten. Wie aber sieht es mit dem Betrieb im Bus-Alltag aus? Das wollten wir von den Verkehrsbetrieben wissen: "Größere Instandsetzungsmaßnahmen gab es aufgrund eines Antriebsachsenschadens bei drei Fahrzeugen in den Jahren 2021, 2022 und 2023. Diese wurden im Rahmen von Gewährleistungsarbeiten vom Achshersteller ertüchtigt. Eine Achse befindet sich aktuell noch in der Ertüchtigung", so die Antwort. Und was ist mit dem umgekippten Bus? "Hier muss noch das abschließende Gutachten abgewartet werden. Die Verkehrsbetriebe Nordhausen GmbH hat hierfür ein regionales spezialisiertes Nordhäuser Unternehmen gewinnen können. Dieses hat die Batteriezellen nach dem Unfall ausgebaut, geprüft und die Ladehaltung/Lagerung gesichert, sodass die Folgeschadensminimierung dieser Ressourcen sichergestellt werden konnte." Insider sprechen für den Rest des Busses von einem Ausschlachten des Umkippers und Verwendung als Ersatzteilspender. Sieht man sich die Bilder vom damaligen Unfall an, dann ist man geneigt, dem zuzustimmen.

Der Stadtrat in Nordhausen steht dem Elektrowahn in seiner aktuellen Machbarkeit noch ein wenig skeptisch gegenüber, der Kreistag tickt da anders und so ist es nicht verwunderlich, dass jetzt schon mit großer Freude die Anlieferung eines 18 Meter langen Elektrogelenkbusses von MAN erwartet wird. Das gelenkige Teil kostet rund 800.000 Euro für den deutschen Steuerzahler. Und es geht weiter, so lässt das kommunale Unternehmen mitteilen: "Weiter plant das Unternehmen dieses Jahr vier weitere Batteriebusse auszuschreiben, wofür das Unternehmen auch Fördermittel erhält. Für drei Dieselbusse, welche das Unternehmen beschaffen möchten, erhält das Unternehmen in diesem Jahr keine Fördermittel. Die Planungen ab dem Jahr 2024 werden aktuell überarbeitet."

Schade, dass es für die Dieselbusse keine Förderung mehr gibt. Fiskalisch gesehen ist das nun kein "Achs"bruch, denn ein moderner und äußerst effizient arbeitender Dieselbus kostet dem Steuerzahler "läppische" 290.000 Euro.
Peter-Stefan Greiner