Gesegnete Ostern, liebe Leserinnen und Leser

Das Fest der Auferstehung ist da, ob Sie es christlich feiern oder als Frühlingsfest, weil ja auch die Natur aus ihrem Winterschlaf erwacht...

Die christliche Ostergeschichte ist aus Erzählersicht jedenfalls großartig: sie beginnt mit lautem Jubel am Palmsonntag, wird am Gründonnerstag melancholisch, verzweifelt und dunkel, um am Karfreitag in die tiefste Tiefe zu stürzen, aus der sie am Ostermorgen in höchste Höhen aufsteigt. Sie steckt auch voller Symbolik und bekannter Szenen- das macht sie spannend.

Dass der Heiland auf einem Lastentier einfacher Leute in Jerusalem einreitet, ist ein solcher symbolischer Akt. Oder dass beim Abendmahl Brot und Wein mit Leib und Blut verglichen werden- in einer Zeit, in der Tieropfer auf dem Altar noch üblich und bekannt waren. Dass zum Zeitpunkt des Kreuztodes der Vorhang im Tempel zerreißt, der dort das Allerheiligste vor dem Weltlichen trennte, ist ebenso bedeutsam. In unseren christlichen Kirchen haben wir keinen trennenden Vorhang zwischen Altar und Gemeinde und auch Tieropfer liegen in ferner Vergangenheit, weshalb wir manche Symbole und Bilder vielleicht nicht mehr sofort verstehen.

Außerdem haben Religionen durch Fantasy- und Comicwelten eine wesentlich höhere Konkurrenz als früher. Weltraumschlachten auf der großen Leinwand sehen ja auch imposant aus und viele Jugendliche und junge Erwachsene können wohl alle Marvel-Helden und ihre Hintergrundgeschichten aufzählen.

Interessant wird es für mich immer, wenn man schaut, woher Fantasygeschichten ihre Symbolik beziehen. Denn da stößt man oft auf sehr reale Vorbilder, nämlich die Symbolik, die Menschen seit jeher in ihren Erzählungen nutzen. Farben und Formen in Filmen haben meist eine spezielle Bedeutung. Serienfans analysieren Folgen und Szenen auf mögliche Hinweise auf kommende Ereignisse oder Beziehungen zwischen den Figuren. Glaubenssysteme dieser fantastischen Welten nutzen Botschaften und Symbole irdischer Religionen und Kulturen. Alle Elemente der menschlichen Erzählungen und Kulturen werden interpretiert, neu zusammengesetzt und interessant präsentiert. Die Neugier auf Symbolik, Mystik und Rituale ist ungebrochen.

In biblischen Geschichten und kirchlichen Ritualen ist all das noch stärker zu finden (außer Weltraumschlachten). Über Jahrtausende hat sich da ja ein enges Geflecht an Bedeutungen und Bezügen entwickelt und bisweilen auch gewandelt. Gehen Sie also ruhig ab und zu auf Entdeckungstour in religiösen Texten und versuchen Sie, hinter die Zusammenhänge verschiedener Symbole zu blicken. Moderne Suchmaschinen oder der Pfarrer Ihres Vertrauens können Ihnen dabei sicher helfen. Oder besuchen Sie eine Kirche und schauen sich dort neugierig nach Symbolen und Botschaften um. Denn dort ist nichts aus Zufall, wie es ist.

Ich wünsche Ihnen dabei viele Aha-Momente und Lust auf mehr.
Thomas Endter