Hauptausschuss tagte zu Amtsenthebung

Es muss Ruhe einkehren

Donnerstag
06.04.2023, 13:17 Uhr
Autor:
red
veröffentlicht unter:
Der Nordhäuser Hauptausschuss trat gestern zusammen, um über die Amtsenthebung des Oberbürgermeisters zu beraten. Aus der Nicht-Öffentlichkeit ist traditionell wenig zu erfahren, ein paar Aussagen und interessante Details konnte die nnz aber doch zusammentragen…

Im Rathaus wurden am Montag im Zuge der Ermittlungen auch Büros von Amts wegen versiegelt (Foto: agl) Im Rathaus wurden am Montag im Zuge der Ermittlungen auch Büros von Amts wegen versiegelt (Foto: agl)


Gute drei Stunden, bis kurz nach acht Uhr am Abend, dauerte die gestrige Sitzung des Nordhäuser Hauptausschusses. Die Fraktionsspitzen des Stadtrates hatten das Treffen anberaumt, um sich von Seiten der Kommunalaufsicht über die Geschehnisse rund um die vorläufige Amtsenthebung des Oberbürgermeisters Kai Buchmann zu informieren.

Die nnz war im Rathaus vor Ort, konnte aber aufgrund der Nicht-Öffentlichkeit nicht direkt an der Sitzung teilnehmen. Sicher ist, dass Landrat Jendricke vor Ort war und zur Sache sprach und das diverse Mitarbeiter der Stadtverwaltung gehört wurden. Letztere waren im Vorraum des Europazimmers gestern auch anzutreffen, hielten sich mit Aussagen zur Lage und Stimmung im Haus aber bedeckt. Überhaupt sind für die Presse im Moment nur spärliche Informationen zu erhalten, auch von Seiten der Stadträte. Das etwas aus der Nicht-Öffentlichkeit bewusst „durchgestochen“ wird kommt in Nordhausen eher selten vor, man hält sich für gewöhlich an die Spielregeln.

So blieb heute der Griff zum Telefon, abtasten und Puls fühlen. Die Einschätzungen der Damen und Herren Stadträte sind nicht zwingend Deckungsgleich in einigen Punkten aber doch sehr ähnlich. Zum einen sieht man in den Vorgängen vor allem ein juristisches Verfahren, dass man als Laie nur schwer beurteilen könne. Im Stadtrat sitzen Ehrenamtler, daran sei erinnert, auch an den Fraktionsspitzen. „Man muss bedenken, dass wir als Stadtrat hier nicht direkt Verfahrensbeteiligte sind. Es geht um verwaltungsrechtliche Fragen und wir sind hier alle keine Richter oder Juristen. Da studieren Leute jahrelang für, um solche Fragen ordentlich einschätzen zu können und deswegen sollte man das auch den Profis in den Gerichten überlassen“, sagt Hans-Georg Müller von der SPD.

Der Tenor der anderen Fraktionen ist ähnlich: man fühlt sich nun besser informiert, wenn auch nicht vollumfänglich und kommentiert das Gehörte nicht im Detail. Ob der Schritt der temporären Enthebung vom Amt der richtige gewesen ist, sei eine juritische, keine politische Einschätzung, heißt es unisono. „Man muss da dem Eindruck entgegenwirken hier sei Sodom und Gomorrha. Da sind Rechtsabläufe und Verfahrensproblematiken die im Instrumentarium demokratischer Grundrechte so vorgesehen sind und mit denen gearbeitet wird.“, sagt Jörg Prophet gegenüber der nnz. Anhand der Erläuterungen durch den Träger der Untersuchung habe sich ihm das Bild einer "mehrfachen Eskalationssteigerung“ gezeigt, denen durch die Maßnahme vom vergangenen Freitag ein Ende gesetzt wurde. Man habe die „Reißleine“ gezogen. Weiterhin sei für ihn der Eindruck entstanden, dass hier „drei mal überlegt wurde“, bevor man gehandelt hat.

Gefahr sei nicht im Verzug, Stadtrat und Verwaltung hätten nun primär dafür Sorge zu tragen, dass die Abläufe nicht weiter gestört werden, so Prophet weiter. Von Georg Müller und Steffen Iffland ist ähnliches zu vernehmen, die Arbeit dürfe nicht liegen bleiben. Unter anderem gilt es einen Haushalt aufzustellen und die Umsetzung der Vertretungsregelungen zu gewährleisten. „Es ist gut möglich, dass das Gericht nach summarischer Prüfung schnell entscheidet. Sollte er Recht bekommen, dann ist der OB zeitnah wieder im Amt. Sollte es länger dauern, was nicht ausgeschlossen werden kann, müssen die ehrenamtliche Beigeordneten mehr Aufgaben übernehmen. Das sind mitunter schwierige Organisationfragen, die wir jetzt klären müssen. Deswegen ist es wichtig, dass jetzt Ruhe reinkommt.“, so Georg Müller.

Es gelte die Unschuldsvermutung, das machen die Damen und Herren Stadträte im Gespräch alle deutlich und in gleichem Maße sollen sich gestern auch Kommunalaufsicht und Verwaltung geäußert haben. Vom Ältestenrat der Stadt steht ein Statement noch aus, das dürfte aber in eine ähnliche Kerbe schlagen.

Die Ermittlungen dauern weiter an, auch das ist zu erfahren, im Rathaus selber wurden einige der Büros, im Zuge dessen, von Amts wegen versiegelt.
Und noch ein interessantes Detail ist am Rande zu vernehmen: „Ermittlungsführerin“ auf Seiten des Oberbürgermeisters ist wohl Jutta Krauth (SPD), ehemals Bürgermeisterin und Amtsvorgängerin von Alexandra Rieger (auch SPD), wie der nnz durch zwei Quellen unabhängig voneinander bestätigt wurde. Die Pikanterie dabei: Krauth hatte einst eine Konkurrentenklage gegen Rieger angestrengt. Genutzt hatte es ihr wenig, der Stadtrat wählte eindeutig Alexandra Rieger.
Angelo Glashagel