46. Südharz-Hunderter auf dem Karstwanderweg

Hundert Kilometer Schlamm

Dienstag
04.04.2023, 08:53 Uhr
Autor:
red
veröffentlicht unter:
Wer dachte, dass es zwei verregnete und verschlammte 100 km-Wanderungen im Südharz hintereinander nicht geben würde, der hatte sich gründlich geirrt. Denn ganz im Gegenteil erlebten die sechs Starter vom 46. Südharz-Hunderter auf dem Karstwanderweg gegenüber der 45. Ausgabe nochmal einen Zuschlag - von oben und von unten...

Bodo Schwarzberg beschreibt den Schlamm-Hunderter: Zweieinhalb Jahre nach dem ersten Karstwanderwegshunderter von Bad Sachsa nach Sangerhausen sollte am vergangenen Wochenende ein möglichst ebenso genussvolles Wanderevent auf dem zertifizierten Wanderweg stattfinden. Mit halbwegs gut begehbaren Wegen, ein wenig Sonne vielleicht und Gesprächen in entspannter Atmosphäre unterwegs.

Schlammschlacht auf dem Wanderweg (Foto: Bodo Schwarzberg) Schlammschlacht auf dem Wanderweg (Foto: Bodo Schwarzberg)


Doch keiner der Träume ging in Erfüllung: Als vier bereits angemeldete Wanderfreunde sehr plötzlich absagten, war allein das schon kein gutes Omen. Und die Drohung auf dem Regenradar bot vielleicht eine mögliche Antwort: Regenwolken scheinbar ohne Ende drohten sich über den bereits wassergesättigten Lehm- und Tonböden zu entleeren. Und das taten sie dann auch vom Sonnabendnachmittag bis Sonntagfrüh mit nur kleinen Unterbrechungen.

Wir Verbliebenen sechs beschlossen, das Kommende auszuhalten: Um 10:15 waren wir in Bad Sachsa gestartet und wanderten mit wenigen Ausnahmen konsequent auf dem Karstwanderweg, das heißt jede Schleife dieses Weges gingen wir mit: Wir passierten bzw. durchwanderten Walkenried, Ellrich und Woffleben, erreichten gegen 15:30 Nordhausen-Salza für eine Einkehr und rutschten dann über Krimderode durch das Harzfelder Holz und Steigerthal in den Alten Stolberg. Ohne Teleskopstockeinsatz wären insbesondere die Anstiege dort kaum zu bewältigen gewesen, zu oft rutschten wir im Schlamm zurück. Wildschweine schienen die aktuelle Situation genossen zu haben. So mancher Wegabschnitt, vor allem im Gebiet des Knaufschen Steinbruchs, glich daher eher einer Kraterlandschaft. Stellenweise flossen Regenwasserbäche über die Pfade.

Gut besudelt nach 100 Kilometern (Foto: Bodo Schwarzberg) Gut besudelt nach 100 Kilometern (Foto: Bodo Schwarzberg)


Als wir mit unseren Taschen- und Stirnlampen, dem Alten Stolberg glücklich entronnen, gegen 21:30 an der Heimkehle herumleuchteten, war man ob des Wetters in der gleichnamigen Gaststätte zunächst irritiert, und dann erleichtert, - dass wir doch nur harmlose Wanderer waren. Für eine viertel Stunde genossen wir die ungewohnt trockene Umgebung bei Bier und Cola und begaben uns dann erneut in den Regen hinaus. Der kommende, ca. 13 Kilometer lange Abschnitt über Uftrungen und die Höhen und Tiefen des Naturschutzgebiets Karstlandschaft Questenberg erwies sich hinsichtlich des Schlamms als noch schlimmer, als der Alte Stolberg. Auch die Regenintensität steigerte sich zeitweise noch etwas und kräftiger Wind wirbelte uns das Wasser ins Gesicht.

Gegen 01:20 endlich rutschten wir nach 65 Kilometern den steilen Abstieg von der legendären Queste hinunter un den Ort Questenberg und wurden um diese Zeit noch in der gleichnamigen, urgemütlichen Gaststätte von Wirtin Liane Gast mit ausgesuchten Spezialiäten der keltischen Küche bedient: Welche Wandererfreundlichkeit und welch Gegensatz zu den Verhältnissen, aus denen wir gerade von draußen kamen.

Trotzdem mussten wir kurz vor drei Uhr wieder hinaus. Der Karstwanderweg führte uns nun in mehreren großen Schleifen an Hainrode vorbei nach Großleinungen und sodann durch die Mooskammer in Richtung Wettelrode. Schon vor dem kleinen früheren Bergbauort hatte die Morgendämmerung eingesetzt, so dass wir das ewige schmatzende oder patschende Geräusch unter den Schuhen hören, und Pfützen, Schlamm und Bäche nun zugleich aber auch wieder viel besser sehen konnten.

Um kurz nach Acht erreichten wir dann nach 90 Kilometern den Harzer Erlebnishof in Grillenberg zum Frühstück, wo man aus den Blicken der Hotelgäste die Frage herauslesen konnte, warum wir denn nach dem Aufstehen nicht wenigstens saubere Kleidung angezogen hätten.

Hin und wieder war mehr rutschen als wandern (Foto: Bodo Schwarzberg) Hin und wieder war mehr rutschen als wandern (Foto: Bodo Schwarzberg)


Angesichts der nur noch zehn verbleibenden Kilometer entlang des Flüsschens Gonna nach Sangerhausen war das gemeinsame Frühstück besonders entspannt und ein toller Ausklang für eine Langstreckenwanderung, die gewiss zu den unvergessenen gehören wird.

Die letzten Kilometer mit festem Boden unter den Füßen, das Herumschlingern, Ausbalancieren und Beinahe-Stürze-Abfangen hatte endlich ein Ende.

Zu Viert erreichten wir gegen 12 Uhr am Sonntag schließlich den Bahnhof der Rosenstadt.

Alle Anmelder und Teilnehmenden kamen, auch das ein Novum, aus der Südharzregion: Unser ältester Teilnehmer Karl Schütze (geb. 1952), der von Bad Sachsa planmäßig bis nach Nordhausen gewandert war, Daniel Predatsch aus Sangerhausen (Bad-Sachsa-Questenberg, 65 km), Lutz Hollerbuhl (Sangerhausen), Antje Otte-Hartig (Nordhausen), der Wanderleiter (Nordhausen, alle 100 km) und, ganz besonders zu würdigen, Peter Klahre ebenfalls aus der Rolandstadt: Denn ausgerechnet unter diesen besonders schwierigen Weg- und Wetterbedingungen absolvierte der 61-jährige seinen ersten Hunderter.

Mein besonderer Dank geht an die Teilnehmenden, die Gaststätten unterwegs wegen des von uns erzeugten Reinigungsaufwandes und an den Ehemann von Antje Otte-Hartig, der uns Nordhäuser ganz bequem wieder heimfuhr.

Der nächste Hunderter ist vom 28.- 30.07. geplant. Dann geht es zum 14. Mal über 150 Kilometer nonstop auf der Strecke Seesen-Brocken-Lutherstadt Eisleben über den Harz.
Bodo Schwarzberg