Aus dem Jugendhilfeausschuss

Aufholen nach Corona, mit Hürden

Dienstag
21.02.2023, 19:20 Uhr
Autor:
red
veröffentlicht unter:
Während der Pandemie ist gerade für Kinder und Jugendliche vieles auf der Strecke geblieben. Die Folgen spürt man bis heute vor allem in den Schulen und bei den Vereinen. Maßnahmen die Abhilfe geschaffen haben, laufen aber langsam aus, etwa die Schulsozialarbeit an Grundschulen und Gymnasien. Letztere solle der Landkreis unbedingt halten, so das Fazit aus dem heutigen Jugendhilfeausschuss…

Die Herausforderungen an den Schulen wurde während der Pandemie auch mit Schulsozialarbeit begegnet, das könnte aber bald ein Ende haben (Foto: nnz-Archiv) Die Herausforderungen an den Schulen wurde während der Pandemie auch mit Schulsozialarbeit begegnet, das könnte aber bald ein Ende haben (Foto: nnz-Archiv)


Donnerstag, kurz vor den Ferien, Herder-Gymnasium. Ein Schüler bittet darum abgeholt zu werden, er könne nicht mehr am Unterricht teilnehmen. Körperliches Unwohlsein ist nicht die Ursache, im Hintergrund liegen psychische Probleme, berichtet Schulleiter Andreas Trump. Gute zweieinhalb Stunden beschäftigt der Fall die Schulsozialarbeiter, am Ende bleibt der Junge in der Schule und erledigt seine Aufgaben. „Man muss sich von dem Gedanken verabschieden dass man an Gymnasien Schulsozialarbeit nicht brauchen würde. Wir haben Kinder wie es sie an jeder anderen Schule auch gibt“, so Trump gegenüber dem Jugendhilfeausschuss des Kreises. Auf 830 Schülerinnen und Schüler kommen 65 Lehrer. Allein die Masse brächte es mit sich, dass viele Probleme auftauchten, mit denen sich die Kollegen nicht befassen könnten. Fünf handfeste Kriseninterventionen zählte man im vergangenen Jahr, hinzukommen zahlreiche Beratungsfälle und Sitzungen mit Schülern, Lehrern und Eltern, bei 185 Schultagen komme man statistisch auf drei Beratungen pro Tag, erläutert der Schulleiter.

Die anderthalb Personalstellen, die man für die Schulsozialarbeit hat, sind da ein Segen, den man gerne beibehalten würde. Wenigstens bis zum Ende des Jahres müsse die Finanzierung sichergestellt werden, danach müsse man sehen, wie man das Instrument in der Breite ausbauen könne. Allein, sicher ist das nicht. Die Programme, die im Zuge der Pandemie unter dem Motto „Aufholen nach Corona“ aufgebaut wurden, laufen bereits Mitte des Jahres aus. Der Kreis, also auch Ausschuss und Verwaltung, müssten in die Bresche springen.

Eben das würde man gerne auch an der Grundschule Nohra sehen. Die Schülerzahlen sind hier freilich niedriger, die Probleme die durch die Pandemie verstärkt wurden, registriert man auch hier. Man sehe Überforderung in manchen Familien, Kinder zeigten öfter „destruktives Konfliktverhalten“, niedrigere Frustrationstoleranz und Konzentrationsfähigkeit, vereinzelt auch Depressionen und Angststörungen, berichtet Schulzsozialarbeiterin Doreen Förster, die seit 2021 an der Schule „unter den Eisberg“ schaut und sich unter Schülern, Lehrern und Eltern viel Vertrauen erarbeitet hat. Die zusätzliche Kraft sei zur rechten Zeit gekommen und ein großer Gewinn für alle, sekundiert Schulleiterin Wattrodt.

Niemand, der das nicht möchte
Es bleibt die Frage, wer es bezahlen soll. Grundsätzliche gehöre die Sozialarbeit an jede Schule, am liebsten institutionalisiert und nicht über Förderprogramme finanziert, gab Manfred Handke zu Protokoll, es sei eine Schande das man nach zehn Jahren Erfahrung überhaupt noch über die Sinnhaftigkeit diskutieren müsse, ergänzte Carola Böck, selbst Schulleiterin in Ellrich und leidlich vertraut mit einer ganzen Menge Problemen, die in den Vorstellungen nicht zur Sprache kamen. Es brauche eine verlässliche Finanzierung und wenn die nicht vollumfänglich über das Land erfolge, müsse man als Kreis sehen, dass man die Institution Stück für Stück in der Fläche verstetige.

Im Ausschuss gebe es wohl niemanden, der das nicht wolle, entgegnete der Ausschussvorsitzende Alexander Scharff, allein man sei eben nicht der Kreistag und könne nur Signale senden, für das laufende Jahr und die Zukunft. Eine Entscheidung könnte sich noch eine Weile hinziehen, da die Haushaltsdiskussionen im Kreis-Gremium wohl noch nicht zur nächsten Sitzung im März geklärt wird.

Rund eine Million für die Jugendförderung
Im Jugendamt schaut man freilich schon einige Zeit auf die Zahlen. Man rechne derzeit mit einem Budget von rund 1,1 Millionen Euro für die Jugendförderung, wobei rund 611.000 Euro aus Landesmitteln bestritten werden. Ein weiterer Aufschlag von 100.000 Euro steht im Raum, ist aber noch nicht klar zu fassen. Die von den Trägern angezeigten Bedarfe werde man damit nicht zur Gänze erfüllen können, erläuterte Dennis Hoffmann vom Jugendamt, man werde aber zusehen dass man das, was zur Verfügung steht ordentlich aufteilen werde.

Zukunftspaket für Bewegung, Kultur und Gesundheit

Unabhängig davon erwartet man den Start des Förderprogramms „Zukunftspaket für Bewegung, Kultur und Gesundheit“. Hier stehen rund 125.000 Euro zur Umsetzung von größeren und kleineren Projekten zur Verfügung, erläuterte Ina Schmücking. Der Topf ersetzt das alte Programm „Jugend stärken im Quartier“, konzentriert sich als Corona-Folgeprogramm aber stärker auf den Bereich Bewegung und Sport. Aus dem Bereich gebe es auch bereits viele Ideen, sagt Schmücking, erste Termine mit dem Kreissportbund und dem Kreisjugendring zum Start des Programms sind für die nächsten Tage geplant.

Jugendschöffen für 2023 gesucht
Für die Jahre 2024 bis 2028 werden Jugendschöffen gesucht. Insgesamt muss eine Liste möglicher Kandidaten vorgelegt werden, die 26 Frauen und 24 Männer umfassen muss. Einreichungen zu Vorschlägen sind bis zum 15.06. möglich. Das gesellschaftliche Ehrenamt unterliegt gewissen Zugangsbeschränkungen, Details dazu finden Interessierte hier

Kinderschutz und Frühe Hilfen
Konkrete Formen nimmt die Jugendhilfeplanung in Teilen an. Auf der Agenda stehen aktuell Maßnahmen zum Kinderschutz 2023 - 2024 und die Fortschreibung im Bereich Familienförderung.