Premiere im Nordhäuser Jugendclubhaus

Nicht immer Lachmuskeln strapaziert

Sonnabend
14.01.2023, 10:00 Uhr
Autor:
psg
veröffentlicht unter:
Es sollte die erste Comedy Nacht in Nordhausen werden - so versprachen es die Initiatoren im Vorfeld. Entsprechend groß waren die Erwartungen und entsprechend groß war das Interesse...

Von links: Laura Fullmann, Tim May, Elisabeth Neumann, Robert Sprößig, Jannes und Paul sowie Anne Katzbach (Foto: nnz) Von links: Laura Fullmann, Tim May, Elisabeth Neumann, Robert Sprößig, Jannes und Paul sowie Anne Katzbach (Foto: nnz)
Ob das die Organisatoren um Laura Fullmann so erwartet hatten? Im Jugendclubhaus war kein Stuhl mehr frei und das Publikum, das sich am Freitagabend mal so richtig amüsieren wollte, war mehr als gemischt, dafür durchweg erwartungsvoll. Die Altersklassen waren von U18 bis Ü60 fast gleichmäßig verteilt.

Laura Fullmann, die sich selbst im komödiantischen Metier bewegt, kündigte "sechs Acts" an und versprach jede Menge Unterhaltung. Los ging es mit Elisabeth Neumann und der durchaus interessierte Stand-Up-Comedy-Neuling staunte nicht schlecht, dass die Jura-Studentin den Text von einem Zettel ablas und ab und zu auch mal mit dem Publikum interagierte. Immerhin hatte sie sich mit den "Asozialen Medien" ein aktuelles Thema ausgesucht und kam am Ende des Vortrages zu dem Schluss: "Das, was da in den Medien abgesondert wird, das ist keine Grammatik, sondern eine Vergewaltigung der deutschen Sprache."

Alex Fritz, die Nummer 2 auf dem Programmzettel, las nicht von einem Manuskript ab, hatte aber ein kleines Notizbuch dabei. Bei ihm ging es zum Beispiel um die Dating-App Tinder, um schöne, aber teure Frauen und hässliche Mädchen. Ach ja, Nazis und Ostdeutschland durften nicht fehlen.

Tim May versuchte sich als sächsischer Sprachakrobat, hatte einen roten Faden in seinem Programm und interagierte als erster tatsächlich mit dem Publikum. Ohne ein Notizbuch kam auch er nicht aus.

Nach der Pause folgte Anne Katzbach, die als Kinder hassende Grundschullehrerin und linke Kommunalpolitikerin daherkam und ihr Leben als Frau unter die komödiantische Lupe nahm.

Dem Autor dieser Zeilen gefiel Robert Sprößig am besten. Nicht nur, weil der junge Mann völlig ohne gebundene Gedankenstütze auskam, dafür aber den eigentlich irren Alltag einer immer noch normalen jungen Familie in den Mittelpunkt stellte und auf der Lachmuskel-Skala auch die meisten Punkte einheimste.

Nicht jedermanns Sache: Jannes und Paul (Foto: nnz) Nicht jedermanns Sache: Jannes und Paul (Foto: nnz)
Bleibt der Schluss, das Finale. Hier ist der Erwartungspegel naturgemäß seitens des Publikums ganz weit oben angesiedelt. Was allerdings Jannes und Paul als sogenannte "Roasts" dem Publikum servierten, war unterste Schublade. Sicher, gerade diese Form der Comedy muss auch mal wehtun, aber 20 Minuten bemühter Kloakensprache von A wir Arsch bis W wie Wichsen, das ist dann eigentlich unverständlich. Zumal die verbalen Attacken immer mal wieder vom Stichwortzettel abgelesen werden mussten. Das alles hätte das Publikum noch durchgehen lassen, aber sich auf Kosten von behinderten Menschen und Kindern, die ihre letzten Lebensmomente in einem Hospiz verbringen müssen, lustig zu machen, da war selbst das dankbare Nordhäuser Publikum sprachlos.

Die gestrige Veranstaltung war die erste ihrer Art in Nordhausen. Sie machte unterm Strich neugierig auf eine Fortsetzung. Das Publikum spendierte verdienten Beifall in Richtung der Organisatoren M.O.S Booking + Event und Laura Fullmann sowie an das Team des Jugendclubhauses.
Peter-Stefan Greiner