Hamburger Agentur machte den Test:

Deutsche nicht bereit für schwarzen Weihnachtsmann

Freitag
23.12.2022, 14:21 Uhr
Autor:
red
veröffentlicht unter:
Der Fachkräftemangel in Deutschland schlägt auch auf das heilige Weihnachtsfest durch. Überall fehlt es an Weihnachtsmännern. Aber sind Weihnachts„männer“ überhaupt noch zeitgemäß? Und wenn schon unbedingt ein Mann den Knecht Ruprecht verkörpern muss, welche Hautfarbe sollte er haben?...

Ein Bewerbungs-Experiment hat jetzt die Frage untersucht: Ist Deutschland bereit für einen schwarzen Weihnachtsmann? Dafür hat die Freelancer-Plattform WorkGenius einen deutschen (also indigenen Weißen), einen türkischstämmigen und einen aus Afrika stammenden Mann sich auf Stellen als Weihnachtsmänner bewerben lassen.

Der fiktive weißen Deutsche Manfred Becker, der türkischstämmige Bünyamin Öztürk und der aus Eritrea stammenden Alemayehu Araia wurden auf die Suche nach Jobs als Weihnachtsmänner geschickt. Manfred ist ein 58-jähriger, pensionierter Elektriker und Vater von drei Kindern. Bünyamin ist ein 47-jähriger Erzieher, er wurde in Deutschland geboren und ist hier zweisprachig aufgewachsen. Alemayehu ist ein 49-jähriger Altenpfleger und Vater von vier Kindern. Er wurde in Eritrea geboren, lebt aber bereits seit mehr als 20 Jahren in Deutschland.

Bei den schriftlichen Bewerbungen wurden möglichst bzw. ähnliche Angaben gemacht, um die Vergleichbarkeit bestmöglich zu gewährleisten: Falls gefordert, wurden Anschreiben und Lebenslauf hochgeladen. Bei Fragen zum Gehalt, zu Kenntnissen und Erfahrungen wurden dieselben Angaben gemacht. Alle drei potentielle Weihnachtsmänner erhielten vier Rückmeldungen auf ihre elf Bewerbungen. Sieben Stellenanbieter meldeten sich bei keinem der drei zurück, jeweils eine Agentur ließ einen Kandidaten außen vor.

Manfred erhielt drei Gesprächstermine und drei Einladungen zum Vorstellungsgespräch, Bünyamin zwei Gespräche und drei Einladungen und Alemayehu zwei Gesprächstermine und zwei Einladungen.

Bei einem Berliner Unternehmen erhielten Manfred und Bünyamin direkt im Anschluss an die Bewerbung eine E-Mail mit wichtigen Informationen zu der Tätigkeit als Weihnachtsmann, Alemayehus Bewerbung wurde ignoriert. In der Mail an Bünyamin teilte das Unternehmen mit, dass türkischsprachige Weihnachtsmänner „wirklich dringend” gesucht werden.

Eine Hamburger Agentur, die Manfred nach einem telefonischen Bewerbungsgespräch einen Job angeboten hat, meldete sich auch bei Alemayehu zurück. Bünyamin erhielt keine Antwort. Das Telefonat mit Alemayehu verlief zunächst sehr gut: Es ging um die Anzahl der Familien, die besucht werden würden, den Verdienst und die Einsatzorte. Außerdem müsse der Kandidat an einer Weihnachtsmannschulung teilnehmen, die gegebenenfalls schon am darauffolgenden Samstag hätte stattfinden können. Darüber hinaus wurde nach der Verfügbarkeit eines Autos, nach beruflichen Erfahrungen und der Herkunft gefragt.

Auf die Aussage, dass Alemayehu aus Eritrea komme, aber schon lange in Deutschland lebe, kam die Frage auf, ob er dunkelhäutig sei. Dies bestätigte der Kandidat, woraufhin gefragt wurde: „Also nicht nur so ein bisschen?". Daraufhin endete das zuvor gut gelaufene Bewerbungsgespräch ziemlich abrupt mit den Worten „Das soll jetzt nicht rassistisch klingen, aber dann wird das leider nichts. Wir hatten das mal, aber die Kunden haben sich darüber beschwert."

Daniel Barke, CEO von WorkGenius, kommentiert das Experiment: „Es ist nicht unsere Absicht, mit dieser Untersuchung einer Agentur vorwerfen zu können, diskriminierend zu sein. Vielmehr wollten wir herausfinden, ob die Deutschen offen und bereit sind, das Klischee des weißen Weihnachtsmannes aufzubrechen. Das Ergebnis zeigt deutlich: Sie sind es nicht. Auch wenn ein Kandidat mit vergleichbaren Qualifikationen zur Verfügung steht, ist die Hautfarbe auch im Jahr 2022 noch ein Ausschlusskriterium.“ Im Anschluss an diese Feststellung beteuert Barke aber gleich: „Unsere Freelancing-Plattform würde auch schwarze Weihnachtsmänner an glückliche Kunden vermitteln, denn hier zählen nur Qualifikationen sowie Skills und keine demografischen Merkmale.”

Ein Cottbuser Weihnachtsmannbüro, das bereits auch Frauen als Weihnachtsmänner eingestellt und damit negatives Feedback von Kunden erhalten hatte, lud übrigens alle drei Kandidaten zu einem persönlichen Kennenlernen ein.