Erfreuliche Zwischenbilanz zum "Einheitsbuddeln 2022"

Spaten im Schnee

Freitag
18.11.2022, 17:29 Uhr
Autor:
red
veröffentlicht unter:
Zum Tag der deutschen Einheit rief man mit dem „Einheitsbuddeln“ 2022 zum Bäume pflanzen auf. An der alten Grenzlinie zwischen Ost und West zog man heute Zwischenbilanz…

An der alten Deutsch-deutschen Grenze wurden heute noch einmal symbolisch Bäume gepflanzt (Foto: agl) An der alten Deutsch-deutschen Grenze wurden heute noch einmal symbolisch Bäume gepflanzt (Foto: agl)


Pünktlich zum ersten Schneefall des Winters hatten der ThüringenForst und der Förderverein „Einheitsbuddeln“ Ministerpräsident Bodo Ramelow noch einmal in den Harz geladen. Direkt am alten Grenzstreifen kurz hinter Rothessütte waren im Zuge der Feierlichkeiten zum Tag der deutschen Einheit bereits Ende August die ersten Bäume in den Boden gekommen. Die Zielmarke: 100.000 neue Pflanzungen.

Die Aktion wurde 2019 in Schleswig-Holstein durch den Verein „Einheitsbuddeln“ ins Leben gerufen und wurde jetzt von den Thüringern fortgeführt. Egal ob im eigenen Garten, im Stadtgrün oder im Wald - angesprochen ist jeder, nicht nur die Fachleute vom Forst. Wobei die am ehesten sehen, was die letzten Jahre den deutschen Wäldern, vor allem in der Mitte des Landes, angetan haben. „Wir haben heute perfektes, feuchtes Pflanzwetter aber die Böden sind immer noch trocken. In den letzten fünf Jahren hatten wir vier Jahrhundertsommer und auch der Herbst war wieder viel zu trocken“, sagt Gerd Thomsen, der Leiter des hiesigen Forstamtes. Man hat viel zu tun gehabt in den letzten Jahren und musste manchen Rückschlag hinnehmen. Den Kampf gegen den Borkenkäfer habe man verloren, sagt Thomsen, steht aber weiter mitten im Waldumbau.

Das es Thomsen und Kollegen so noch gibt ist keine Selbstverständlichkeit. Viele andere Bundesländer seien den Weg der Privatisierung gegangen, erläuterte Bodo Ramelow, Thüringen habe an seinen Forstämtern festgehalten und in Sachen Waldumbau schon vor der „Kalamität“ seine Hausaufgaben gemacht, was jetzt ein Trumpf sei. „Das „Grüne Herz“, das sind die Kollegen vom ThüringenForst“, sagt der Ministerpräsident und es sei gut, dass die stark aufgestellt seien. Man kann, auch Dank der Unterstützung aus Erfurt, wieder ausbilden und hat in den letzten Jahren nicht nur in neue Bäume aus eigener Aufzucht investiert. „Zukunft für Mensch und Wald“, lautet seitdem das Motto, erklärt ThüringenForst-Vorstand Jörn Ripken. Auch die Eichen, um die heute der junge Mischwald im alten Grenzland ergänzt wurde, sind Thüringer Gewächse aus dem Eichsfeld und die Forst-Azubis konnten beim einpflanzen im Schneegestöber mit anpacken.

Bei der ersten Pflanzrunde Ende August war der Boden noch staubtrocken, heute buddelte Thüringens Ministerpräsident Bodo Ramelow im ersten Schnee (Foto: agl) Bei der ersten Pflanzrunde Ende August war der Boden noch staubtrocken, heute buddelte Thüringens Ministerpräsident Bodo Ramelow im ersten Schnee (Foto: agl)


Was nicht heißt, dass alles eitel Sonnenschein wäre. Im Gegenteil, die Wälder, gerade auch im Südharz, stehen vor tiefgreifenden Veränderungen. Die Zeit der Fichte, der „Brotbaum“ vergangener Jahrzehnte, ist vorbei, konstatiert Ramelow. Das hat auch wirtschaftliche Auswirkungen: das althergebrachte System aus Aufzucht und Einschlag ist durch die Dürrezeit aus dem Tritt geraten, berichtet Ripken am Rande. „Das gilt für private Waldbesitzer, kleine wie große und die staatlichen Forstanstalten. Es war immer so, dass man soviel Holz entnommen hat, wie nötig war um den Bedarf zu decken und auch ein wenig Gewinn erzielt werden konnte. Das ist in den letzten Jahren völlig aus den Fugen geraten“. 77.000 Hektar „Altbestand“ sind allein in Thüringen verloren gegangen, die Verluste auszugleichen, ist eine Mammutaufgabe.

Der Wald ist aber nicht allein Wirtschaftsstandort. Für die Deutschen war und ist er immer auch Sehnsuchtsort, ein Teil der nationalen Seele. Geht es dem Wald nicht gut, sticht es dem Land im Herzen. So entstehen dann Aktionen wie das „Einheitsbuddeln“. Die Traum, sagt Vorstandsmitglied Axel Hoffmann, sei das jeder Mensch im Lande wenigstens einen Baum pflanzt. Die Hürde sei da nicht so sehr der Wille, sondern vielmehr der Platz und die Pflege, die unter guten Umständen, also ohne Jahrhundertsommer und Dürre, rund fünf Jahre andauern muss, damit sich die Pflanzen sicher etablieren können.

Der Enthusiasmus, nicht nur dem Wald zu helfen sondern auch etwas für das Klima und sicher auch für das eigene Gewissen zu tun, ist aber durchaus gegeben. Hinter Rothessütte sind bereits 65.000 Bäume in den Boden gekommen und das nicht allein durch die Hand der Förster. Weitere 4.000 konnte Hoffmann heute symbolisch in Form eines Spendenschecks übergeben.

Im Rahmen der Aktion habe es schon regelrechte „Pflanzparties“ gegeben, berichtet Hoffmann, gerade jüngere Menschen hätten die Idee weitergetragen. Und ein paar davon landen vielleicht eines Tages bei Menschen wie Jörn Ripken und Gerd Thomsen, mitten drin im Wald. Auch wenn der dann nicht mehr so aussieht, wie man ihn heute kennt.
Angelo Glashagel