nnz-Betrachtung

Tritt die Rathausspitze gegeinander an?

Sonnabend
19.11.2022, 11:00 Uhr
Autor:
red
veröffentlicht unter:
In etwas weniger als einem Jahr werden die Wählerinnen und Wähler in Nordhausen wieder an die Urnen gebeten, um die Besetzung an der Rathausspitze zu klären. Zu den möglichen Kandidaten und ihren Chancen hat sich Kurt Frank ein paar Gedanken gemacht...

Kai Buchmann und Alexandra Rieger, jeweils kurz vor ihrem Amtsantritt (Foto: nnz-Archiv) Kai Buchmann und Alexandra Rieger, jeweils kurz vor ihrem Amtsantritt (Foto: nnz-Archiv)

Was man Oberbürgermeister Kai Buchmann vorwirft, hat es in sich: Kontaktarm sei er, scheue die Öffentlichkeit. Mit dem Stadtrat komme er auch nicht zurecht. Trommelschwingen sind schon gar nicht sein Ding, um sich medienwirksam in Szene zu setzen und sich als Macher darzustellen.

Ein Funktionsträger im krassen Gegensatz zu Landrat Matthias Jendricke, der diese Klaviatur bravourös zu spielen vermag. Mitunter riskiert der Kreischef eine Lippe mit Aussagen, welche die hohe vorgesetzte Obrigkeit sauer aufstoßen lassen. So den Thüringer Innenminister Georg Maier, wie auch Jendricke in der SPD. Das steht der Kreischef durch. Menschen applaudieren ihm. Er profilierte sich. Längst Geschichte sind die heftigen Attacken, die einst auch gegen ihn geritten worden sind,

Zurückhaltung muss für Buchmann kein Nachteil sein. Im Gegenteil. Man könnte es als Bescheidenheit ohne großes Drumherum einordnen. Wenn da nicht die Zwistigkeiten mit dem Stadtrat und andere Ungereimtheiten wären. Mangelhafte Einbindung in Entscheidungsprozesse und sich Beschlüssen widersetzend haften dem OB an. Erinnert sei nur an den unsäglichen Streit um die Erweiterung des Herkulesmarktes in Niedersachswerfen.

Vor Jahren, nach seinem triumphalen Wahlsieg gegen das kommunale Schwergewicht Inge Klaan, sahen in Kai Buchmann, dem Parteilosen, viele Nordhäuser Wähler den Messias, der nach den unsäglichen Querelen zwischen dem damaligen Bürgermeister Matthias Jendricke (SPD) und dem CDU Oberbürgermeister Klaus Zeh das Rathaus beflügeln und auch Ruhe in das Verhältnis Stadt-Landkreis bringen würde.

Für mich war ein entscheidender Fehler des Kai Buchmann, sich mit den Medien überworfen zu haben. Ein Vorfall ohnegleichen. In einer Art und Weise, die bisher kein Bürgermeister dieser Stadt in deren langen Geschichte aufzuweisen hat. Selbst ein Bundespräsident erkannte im Streit mit einer namhaften Zeitung zu spät, wie wichtig ein gutes Verhältnis zu den Medien für die Karriere sein kann.

Dennoch: Wir bemühen uns, mit dem Oberbürgermeister ins Reine zu kommen. Wiederholt versuchte ich über seinen Pressesprecher Lutz Fischer Kontaktaufnahme. Sollte Fischer mein Anliegen noch unter Verschluss haben? Gemach, wir sind nicht nachtragend. Wunder geschehen immer wieder.

Bei all den negativen Schlagzeilen, die über den Oberbürgermeister zu lesen und zu hören sind, hört man es schon leise flüstern: Die Jahre mit ihm und die damit verbundenen Streitereien brachten Nordhausen nicht so recht voran. Von einem Scherbenhaufen ist die Rede. Jahre ohne Substanz? Da werden wohl Haare in der Suppe gesucht. Bemühungen um das Wohl seiner Stadt kann man Kai Buchmann nicht absprechen. Die Stadt kann Erfolge aufweisen, war beteiligt und brachte auf den Weg:

Neubau Feuerwache. Gleisgrunderneuerung Dreieck Töpferstraße. Sanierung Theater und Turm des Kunsthaus Meyenburg. Mehr als 1000 Stufen der zahlreichen Treppenanlagen wurden erneuert, darunter die Gehegetreppe mit Liebestunnel. Zu erwähnen wären unter anderem Sanierungen von Spiel- und Freizeitanlagen (Stadtpark), Feuerwehrgebäuden in Ortsteilen, Straßen (Riemannstraße 2022/23), Kindergärten, der Breitbandausbau und die (geplante) Neugestaltung des Ehrenfriedhofs.

Nicht außen vor blieben das kulturelle Leben, Vereine und das Ehrenamt. So beschloss der Stadtrat am 27. April des Jahres die Fortführung und Unterstützung der Jugendarbeit und Vereine im Gesamtumfang von 161500 Euro. Unter anderem entfielen davon jeweils 20000 Euro für den Förderverein Park Hohenrode, für die Tafel bedürftiger Bürger und für den Kreissportbund. 40000 Euro an Zuwendungen erhielt das IFA-Museum und 30000 Euro Förderung die Jugendkunstschule.

Eine Bilanz, die sich der Oberbürgermeister auf die Fahne heften kann. Dennoch frage ich mich insgeheim: Wird Kai Buchmann nach der Wahl im kommenden Jahr noch Oberbürgermeister der Stadt Nordhausen sein? In Bürgermeisterin Alexandra Rieger dürfte er eine ernst zu nehmende Konkurrentin haben. Eine Frau, die Eigenschaften in sich vereint, die ihr von Vorteil sein könnten: Redegewandt, auf die Bürger zugehend, ansprechbar.

Kai Buchmann schwand da was. Auffällig seine Wandlung in jüngster Zeit. Es hat den Anschein, als ob er im Eiltempo nachholen wolle, was er jahrelang vermissen ließ: Öffentliche Darstellung, Präsenz zeigend. Dennoch steht er derzeit in der öffentlichen Wahrnehmung noch im Schatten der allgegenwärtigen Bürgermeisterin.

Sollte Alexandra Rieger, die SPD-Bürgermeisterin, nach der Rathausspitze streben, dann hat sie starke Verbündete an ihrer Seite: Ihre Partei sowieso. Der Kreischef dürfte wohlwollend daneben stehen. Die Linke könnte auf einen eigenen Kandidaten oder Kandidatin zugunsten Riegers verzichten. Wen und ob die CDU überhaupt jemanden ins Rennen um die Stadtkrone schickt, wird sich zeigen.

Wer aber steht hinter Kai Buchmann? Der einstige Glanz des Hoffnungsträgers verblasste. Zuspruch und Glaubwürdigkeit schwanden. Vielleicht schmerzt ihm heute die Einsicht, durch eigenes Tun sich selbst vom Gipfel des Olymps in ein Tal befördert zu haben?

Aus dem Buschtelefon ist schon zu vernehmen: Ein Mann mit schlechten Karten sei er, sollte die Bürgermeisterin gegen ihn antreten.

Trotz aller Unkenrufe schreibe ich ihn nicht ab. Selbst Totgesagte leben länger. Noch hat Kai Buchmann die Möglichkeit, in die Offensive zu kommen, die Wähler vor Ort, in Dialogen und Gesprächen von sich als den Richtigen an der Rathausspitze zu überzeugen. Wenn ihm das gelingt, wird auch in einem Jahr der Oberbürgermeister dieser Stadt Kai Buchmann heißen. Er muss sich sputen. Die Zeit für ihn wird knapp, alten Glanz aufzufrischen schwierig. Hätte er doch nur rechtzeitig vom Landrat gelernt.
Kurt Frank