Bürgergeldreform

Grund zur Besorgnis?

Dienstag
15.11.2022, 20:26 Uhr
Autor:
red
veröffentlicht unter:
Vor dem Bundesrat ist die Einführung des "Bürgergeldes" vorerst gescheitert. Sollten die Pläne doch noch Früchte tragen, gibt es einige Stellen, die besorgt in die Zukunft blicken...

Die Bürgergeldreform hängt im Moment im Bundesrat fest (Foto: nnz-Archiv, Symbolbild) Die Bürgergeldreform hängt im Moment im Bundesrat fest (Foto: nnz-Archiv, Symbolbild)

Man stehe vor einem sehr großen Verwaltungsaufwand und wisse nicht, was da noch auf einen zukomme, beklagen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Agentur für Arbeit. Eine Entzerrung des bürokratischen Aufwands Seitens der Politik sei dringend erwünscht, damit ein weiter anhaltender Zustrom an Leistungsempfängern nicht kurzfristig zu einer Überlastung führe. Grund zur Besorgnis gibt die geplante Reform zum Bürgergeld, die derzeit in aller Munde ist.

Das "Bürgergeld" soll die bisherigen Hartz IV Regelungen ersetzen. Nach den bisherigen Plänen würde die Grundsicherung im Schnitt um 50 Euro steigen. Ein Alleinstehender Hartz-IV Empfänger erhält aktuell in der Regel 449 Euro pro Monat, wobei Miet- und Heizkosten üblicherweise von den Jobcentern übernommen werden. Wie die individuelle Leistungshöhe beim Bürgergeld aussieht wird je nach Lebenssituation gestaffelt. Angesichts der Preissteigerungen der letzten Monate haben Sozialverbände bereits kritisiert, dass die Höhe der Leistungen nicht annähernd ausreichend wären. So fordert der Paritätische Wohlfahrtsverband einen Regelsatz von rund 725 Euro. Die Reform soll derweil mehr beinhalten als einen Namenswechsel und höhere Beträge, im Gespräch sind unter anderem auch höhere Freibeträge für möglichen Zuverdienst.

Neben den Befürchtungen gibt es aber auch Zustimmung zur geplanten Sozialleistungsreform aus den Arbeitsagenturen: „Ich befürworte das Bürgergeld aus Sicht einer möglichen verbesserten Lage im Bereich der Weiterqualifizierung. Menschen, die nicht so schnell lernen, hätten hiermit höhere Chancen, einen Berufsabschluss zu erreichen“, so eine Mitarbeiterin der Nordhäuser Agentur für Arbeit.

In der Bevölkerung sind die Meinungen geteilt. Die meisten Befragten äußern sich skeptisch. Sie spüren eine soziale Ungerechtigkeit, die mit dem geplanten Bürgergeld einhergeht: „Für fünfzig Euro mehr gehe ich nicht mehr arbeiten“, sagt eine Verwaltungsangestellte, die namentlich nicht genannt werden will. Eine Bäckereimitarbeiterin, die bereits seit 04.00 Uhr auf den Beinen ist, schüttelt mit dem Kopf. Und eine Kundin an der Supermarktkasse gibt zu, sie habe noch nie in ihrem Leben 60.000 Euro auf dem Konto gehabt und zähle nun wohl auch zu den Leistungsberechtigten. Das Thema Bürgergeld wird uns wohl noch eine Weile beschäftigen und auch für regen Diskussionsstoff sorgen, wenn es denn kommt.

Nachdem der Bundestag sich mit einer Mehrheit für das Bürgergeld ausgesprochen hatte, kamen die Bundesratsmitglieder nicht auf die entscheidende Mehrheit. Das lag darin begründet, dass die CDU die geplante Bürgergeldreform in letzter Sekunde im Bundesrat gestoppt hat. Ein Vermittlungsausschuss muss nun dafür sorgen, dass eine kurzfristige Lösung herbeigeführt wird. Eine erste Auszahlung des neuen Bürgergeldes stünde bereits Ende Dezember an, da dieses vorschüssig ausgezahlt wird. Immerhin 11.000 Menschen sind derzeit als Leistungsempfänger im Gebiet Nordhausen, dem Eichsfeld und dem Kyffhäuserkreis registriert (vorläufige Zahlen). Hinzu kommen Familiennachzug, Ukrainer und Angehörige weiterer Staaten, die noch nicht erfasst sind.
Cornelia Wilhelm